Was uns glücklich macht - Roman
und rede mit ihnen, welche Worte man seinen Freunden gegenüber benutzen darf und welche nicht. »Das Wort ›dumm‹ verwenden wir nicht«, sage ich. »Das ist kein ordentliches Benehmen für die Schule.« In meinem Kopf höre ich die Stimme meiner Mutter.
Ursprünglich sollte es Lachs zum Abendessen geben, aber nun bin ich nicht in der richtigen Stimmung für all die Umstände, daher stelle ich einfach einen Topf Wasser auf den Herd. Pasta mit Olivenöl, ein wenig Butter, Parmesankäse. Ich weiß, dass die Kinder das gern essen. Ich koche nicht mal irgendein Gemüse dazu, obwohl ich normalerweise darauf bestehe, dass sie Gemüse essen, wenn sie etwas zum Nachtisch wollen. Davon abgesehen, finde ich mein Verhalten vollkommen normal, bis meine Tochter diese Blase zum Platzen bringt.
»Mommy, du siehst so traurig aus«, sagt sie.
Ich sitze am Esstisch. Die Kinder sitzen zu beiden Seiten von mir und essen. Mir wird bewusst, dass ich mich nicht mal daran erinnere, wie ich den Tisch gedeckt habe, die Nudeln abgegossen, die Butter hineingemengt, den Käse darübergestreut, die Milch eingegossen habe.
»Tut mir leid, Kleines«, sage ich mit einem Lächeln, das mir leichter fällt, als ich gedacht habe. »Ich vermisse wohl einfach Daddy, das ist alles.«
»Warum trinkst du denn keinen Wein?«, fragt mein Sohn.
»Ich weiß nicht, Liebling, ich dachte, ich trinke mal eine Weile keinen Wein.«
Meine Kinder tauschen einen Blick. »Mommy«, meint Jared nach einem Augenblick. »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.«
Das bringt mich zum Lachen, und es bringt mich zum Weinen, beides zur selben Zeit, und ich bitte die Kinder, mich zu entschuldigen. Ich laufe ins Bad und drehe das Wasser voll auf. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es mein Schluchzen übertönt.
Ich erinnere mich nicht mal, wie ich zum Tisch zurückging, was ich gesagt habe oder wie ich den Kindern meine Tränen erklärt habe. Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass sie im Bett liegen und schlafen und ich in dem kleinen Flur zwischen ihren Zimmern stehe. Im Dämmerlicht kann ich beide friedlich ruhen sehen. Es gibt für mich keinen schöneren Anblick auf Erden als meine schlafenden Kinder. Sie sind perfekt, und sie gehören ganz und gar mir.
»Was könnte eine Frau sich sonst noch wünschen?«, frage ich laut.
Dann klingelt das Telefon. Ich bin bereit für den Anruf. Es wird Scott sein, und ich weiß, was er will. Und ich werde es ihm geben. Eigentlich ist das gar keine so schlechte Idee, im Gegenteil. Es ist normaler Alltag, und normaler Alltag ist im Moment vielleicht genau das Richtige.
»Hey, mein Großer«, sage ich so verführerisch, wie ich kann, und lasse mich auf unser gemeinsames Bett sinken. »Was kann ich für dich tun?«
Das Gespräch dauert nicht lang, das tut es fast nie. Dann bin ich in meinem Zimmer allein im Dunkeln, starre an die Decke, warte, dass meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen. Und ich denke an ein Buch, das ich liebe, mit einer Heldin, die ich noch mehr liebe. Das Buch heißt Das Hotel New Hampshire , und das Mädchen darin heißt Franny. Und einmal, als Franny traurig ist und jemand sie fragt, ob er ihr irgendetwas bringen könnte, sagt sie: »Bring mir gestern und den größten Teil von heute.« Und mir wird klar, das ist genau das, was ich mir wünsche. Gestern und den größten Teil von heute.
Das nächste Kapitel beginnt zwei Tage später mit dem Klingeln des Telefons. Ich erkenne die Stimme am anderen Ende nicht.
»Hi, Brooke, hier ist Dr. Downey.«
Einen Augenblick lang kann ich mich an keinen Dr. Downey erinnern. Dann fällt mir die Halsentzündung ein, die ich vor zwei Jahren hatte. Er ist ein Hausarzt, und als die Firma meines Mannes die Versicherung wechselte, musste ich einen angeben und habe Dr. Downey eingetragen. Obwohl ich ihn seither nicht mehr gesehen habe, steht sein Name auf all meinen Versicherungspapieren. Und deswegen kommt der Anruf, den ich so ungeduldig erwarte, von einem beinahe vollkommen Fremden.
»Hallo, Doktor«, sage ich. Meine Kehle ist wie zugeschnürt.
»Ich habe gehofft, dass Sie heute Morgen zu mir in die Praxis kommen können«, sagt er. »Ich habe hier die Ergebnisse der Untersuchung, die Sie neulich haben machen lassen; ich denke, wir sollten darüber reden.« Dann bin ich in seiner mir vollkommen unvertrauten Praxis, höre seiner mir vollkommen unvertrauten Stimme zu. »Wir sehen Brustkrebs«, sagt er, »und wir sehen invasiven Krebs. Das heißt, die Art
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