Was uns glücklich macht - Roman
Krebs, die Ihre Lymphknoten einbeziehen könnte. Wir glauben, dass er sich noch nicht ausgebreitet hat, aber wir müssen weitere Tests machen, um sicherzugehen. Ich habe hier den Namen eines hervorragenden Brustchirurgen in Greenwich, und ich rate Ihnen, ihn aufzusuchen. Wenn Sie einen anderen Chirurgen haben, dann können Sie natürlich auch zu ihr oder zu ihm gehen. Aber der Gang zum Brustchirurgen ist jetzt der nächste Schritt.«
Für mich wäre jetzt der Moment gekommen, das Buch zuzuklappen und wegzulegen. Ich hasse es, wenn den Figuren derartige Sachen zustoßen. Ich weiß nicht, wie oft ich schon Bücher nicht zu Ende gelesen habe, weil mir die Richtung nicht gefallen hat, die sie genommen haben. Wenn das also ein Buch wäre, würde ich nicht weiterlesen wollen. Aber wenn man die Hauptfigur ist, hat man diese Möglichkeit nicht.
Wer jetzt immer noch liest, ist mutiger als ich.
Die nächste Szene findet sechs Tage später statt, in einem Operationssaal, wo der Brustchirurg den Tumor und den mittels Injektion einer Flüssigkeit markierten Wächter-Lymphknoten unter dem Arm entfernt. Und dann bringen sie mich in den Aufwachraum, und ich warte. Und warte. Die Sekunden ziehen sich wie Stunden, so ähnlich wie damals, als die Zwillinge noch klein waren und ich allein mit ihnen zu Hause war. Es gab Tage, an denen sie missmutig und für nichts zu interessieren waren, und an diesen Tagen hatte ich oft das Gefühl, die Zeit stünde still. Der Unterschied ist der, dass ich an jene Tage oft voll Nostalgie zurückdenke, ich mir aber ziemlich sicher bin, dass ich mich nach dem heutigen Tag nicht zurücksehnen werde.
Endlich kommt der Arzt, und er bringt gute Nachrichten.
»Brooke, wir konnten den Tumor vollständig entfernen, er ist ungefähr zweieinhalb Zentimeter groß.«
Mir gefällt das Gesicht dieses Arztes. Womit ich nicht sagen will, dass er attraktiv ist, aber er sieht nicht besorgt aus. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sein Gesicht anders aussähe, wenn er mir sagen würde, ich müsse sterben.
»Das Wichtige ist, dass der Wächter-Lymphknoten frei von Tumorzellen ist«, fährt er fort.
»Und das ist gut?«
»Sehr gut, ja«, sagt er. »Wahrscheinlich brauchen Sie nur Bestrahlungen, um zu verhindern, dass der Krebs zurückkommt. Das heißt, wir brauchen keine Mastektomie vorzunehmen. Sie müssen als Nächstes einen Spezialisten aufsuchen, um zu besprechen, welche Behandlungen für Sie noch in Frage kommen.«
»Sie sagen das, als hätte ich in dieser Angelegenheit mitzuentscheiden.«
»Aber natürlich haben Sie das«, erwiderte er. »Sie sind die Patientin. Es ist Ihr Körper und Ihr Leben, da sollten Sie diejenige sein, welche die Entscheidungen trifft. Vergessen Sie das nie.«
Ich würde es nicht vergessen. Tatsächlich sollten sich diese Worte als die denkwürdigsten herausstellen, die ich während dieser ganzen Tortur gehört habe.
Das nächste Kapitel spielt in einer anderen Praxis. Nun höre ich einem Onkologen zu, der sich auf Brustkrebs spezialisiert hat und mir erklärt, was er mit »die Brust und alles andere« meint.
»Ihr Tumor ist triple-negativ«, sagt der Arzt. »Das heißt, er reagiert nicht auf Hormone oder eine Reihe anderer Medikamente, die wir für gewöhnlich einsetzen, auf die Behandlungen, von denen Sie vielleicht schon in der Zeitung gelesen haben.«
Ich nicke zustimmend, obwohl ich in der Zeitung nie über irgendwelche Krebsbehandlungen gelesen habe. Ich meide Geschichten über Krebs, ob in der Zeitung oder anderswo.
»Wir werden Chemotherapie einsetzen«, fährt er fort, »weil uns das die meiste Gewissheit verschafft, dass der Krebs nicht anderswo in Ihrem Körper wieder auftauchen wird.«
»Moment, ich glaube, das verstehe ich nicht ganz«, sage ich. »Ich hatte einen kleinen Tumor in der Brust. Der wurde entfernt. Er hatte noch nicht in die Lymphknoten gestreut. Warum muss ich dann Chemo bekommen?«
Das Gesicht des Arztes verändert sich. Er wirkt nun fast wie ein Professor, und ich bin seine Studentin. »Nun, aufgrund der Pathologie, der Größe des Tumors und ein paar anderer Faktoren wissen wir, dass der Krebs möglicherweise an anderer Stelle wiederkehrt. Daher ist die Bestrahlung für die Brust, und die Chemo ist für alles andere. Deswegen nennen wir diese Methode ›Die Brust und alles andere‹.«
Ich denke eine Weile darüber nach, so klar, wie ich kann. Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich es verstehe. »Aber warum muss das sofort sein?«, frage
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