Was uns glücklich macht - Roman
Traum endete damit, dass Grammy warm lächelte, genau so, wie ich es mir besonders gern in Erinnerung rufe, in der Luft lag der Duft ihrer Plätzchen, und sie sagte: »Es freut mich so, wie sich dein Leben entwickelt hat.«
Und mein dreizehnjähriges Ich sagte: »Mich auch. Wenn ich all diese Bilder in diesem Alter gesehen hätte, hätte ich gedacht, dass ich das schönste Leben der Welt haben werde.«
»Aber ja, Liebling«, sagte Grammy, und das ist das Letzte, woran ich mich erinnere. »Du hast alles, was du dir nur wünschen kannst.«
Ich setze mich in der Wanne auf, das Wasser rinnt mir aus den Haaren, und ich reibe mir das Gesicht. Ich bin jetzt wacher, auch wenn ich immer noch nicht viel empfinde. Ich glaube immer noch, dass das vermutlich ganz gut so ist. Ich schaue auf den Radiowecker, den mein Mann beim Rasieren immer an hat. Die Kinder sind inzwischen zur Schule gegangen. Es ist beinahe Zeit, zum Arzt zu gehen, aber ich will unbedingt noch ein paar Minuten in der Wanne bleiben, ich schaffe es einfach nicht, mich jetzt zu beeilen. Und so lehne ich mich zurück und lege den Kopf wieder ins Wasser, und in diesem Augenblick erkenne ich, dass ich während der ganzen Tortur bisher kein einziges Mal daran gedacht habe, dass Grammy, die Mutter meiner Mutter, jung an Krebs gestorben ist.
Ich werde zu spät zu meinem Termin kommen. Ich schreibe das jetzt nieder, während ich doch schon längst dort sein sollte, und normalerweise komme ich nie zu irgendwas zu spät. Aber heute scheint das irgendwie keine große Rolle zu spielen. Es ist nicht richtig, andere warten zu lassen, aber gerade jetzt habe ich das Gefühl, als wäre es nicht so wichtig, wie es eigentlich sein sollte.
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Persönliche Nachricht
Von: Samantha R.
An: Brooke B.
BrustKrebsForum.org
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Hi, Brooke, ich schreibe dir aus Zimmer 324a im Greenwich Hospital, demselben Gebäude, in dem ich geboren wurde und du vielleicht auch. Darüber habe ich diese Woche viel nachgedacht, irgendwie schließt sich hier der Kreis des Lebens, was vielleicht kitschig klingt, meiner Meinung nach aber trotzdem recht tiefgründig ist.
Als Kind habe ich viel Zeit hier im Krankenhaus verbracht. Nicht aus irgendwelchen schrecklichen Gründen, mein Vater war Chef des Verwaltungsrats. Ich habe ihn zu bestimmt hundert Wohltätigkeitsveranstaltungen begleitet. An manche kann ich mich noch gut erinnern, hauptsächlich an die Weihnachtsfeiern. Während der Feiertage gab es immer wunderbare Veranstaltungen, mit Lametta, Rentieren und dem Weihnachtsmann. Sobald ich älter wurde, durfte ich zu den Veranstaltungen für Erwachsene gehen, zu Bällen, in feinen Kleidern, mit Blumenarrangements auf den Tischen und Livebands, die Standards wie »It Had to Be You« gespielt haben. Meinen ersten Blues habe ich mit einem Jungen am Krankenhaus getanzt, auf einer dieser Partys. Ich war damals ziemlich burschikos und sportlich, ich habe mich nicht groß um Kleider oder mein Haar gekümmert, und Jungs haben mich auch nicht interessiert, vielleicht weil ich dachte, sie würden sich für mich auch nicht groß interessieren. Und dann, ich war vierzehn, war ich mal wieder auf einem Ball, mein Vater war nicht am Tisch, sondern hat mit irgendwelchen Leuten Scotch getrunken und übers Geschäft geredet, und ich habe von einem Stück Schokoladenkuchen den Guss heruntergekratzt, kam Andrew Marks an den Tisch. Er war in der Schule zwei Klassen über mir, er war attraktiv, sportlich und klug, Captain des Basketballteams und Vorsitzender des Debattierclubs, was für mich eine traumhafte Kombination ist. Sein Vater war der Chef der Pädiatrie, daher hatte ich Andrew im Lauf der Jahre schon bei vielen Veranstaltungen im Krankenhaus gesehen, aber nie groß mit ihm gesprochen. Ich glaube nicht, dass er mich überhaupt kannte.
Und plötzlich stand er hinter mir. Ich weiß nicht, wie lange er da schon stand. Bei diesen Festen ist immer viel los, und ich konzentrierte mich darauf, möglichst viel Guss von dem Kuchen loszubekommen. Aber schließlich merkte ich, dass jemand hinter mir stand, und als ich mich umdrehte, sah ich, dass Andrew nicht wusste, wer ich war.
»Hallo, mein Name ist Andrew Marks«, sagte er steif und förmlich, als hätte er Benimmunterricht genommen, wie man eine junge Dame um einen Tanz bat, und dies wäre sein erster Versuch. »Möchtest du mit mir tanzen?«
Wie alle Mädchen war ich auch schon verliebt gewesen, aber das war für mich das erste Mal : Ich erfuhr zum
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