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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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herumgeknutscht, und dann hat er mich mit falschem Namen angesprochen. Und natürlich, wie könnten wir das vergessen: Ich habe meinen Ehemann dabei erwischt, wie er mich in den Flitterwochen betrogen hat.
    Worum es mir geht: Ich kann beinahe jede Beleidigung ignorieren oder mit einem Lachen abtun, aber dass du mir sagst, ich könnte deine Lage nicht verstehen, hat mich wirklich verletzt. Erzähl mir doch, was passiert ist. Erklär es mir, dann verstehe ich es vielleicht. Ich will für dich da sein, aber das kann ich nicht, wenn du es nicht zulässt.
    – – –
    Persönliche Nachricht
    Von: Brooke B.
    An: Samantha R.
    BrustKrebsForum.org
    – – –
    Ich habe dir doch schon alles erzählt.
    Ich wurde vierzig, also ging ich zu meiner ersten Mammografie, und zwar auf den Rat eines attraktiven jungen Kinderarztes, mit dem du einst Blues getanzt hast und der dich dahinschmelzen ließ. Ich hatte nicht mit schlechten Nachrichten gerechnet, und so war ich vollkommen unvorbereitet auf das, was ich erfuhr.
    Brustkrebs.
    Der Typ, den ich habe, reagiert nicht auf verschiedene Behandlungsmethoden, triple-negativ heißt das wohl, und er ist invasiv, könnte also Metastasen bilden. Könnte mein Leben beenden. Nichts davon hat mir eingeleuchtet. Es war wie ein Traum, ein schlechter Traum. Das Leben war nicht länger bunt, es war auf einmal schwarzweiß. Ich konnte meinen Kindern zuhören, aber ich hörte sie nicht mehr. Ich konnte sie beobachten, aber ich konnte sie nicht sehen. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich meine eigenen Kinder nicht spüren. Ich konnte überhaupt nichts spüren.
    Mein Mann wusste von alldem nichts. Er ist Führungskraft in der Wall Street und war drei Wochen in China. Am Tag vor der Mammografie reiste er ab. Ich habe den Termin so gelegt, weil ich dachte, an dem Tag hätte ich sonst nicht viel zu tun. Da hatte ich mich geirrt.
    Er war also in China, während das hier alles passiert ist, und würde dort auch noch ein paar Tage bleiben. Er rief zweimal täglich an, ohne Ausnahme, und ich habe ihm nichts erzählt. Wenn er unterwegs ist, ist es für ihn immer sehr beruhigend zu wissen, dass wir sicher und bequem zu Hause sind. Er ruft morgens und abends an, und bei diesen Telefonaten ist einfach kein Platz für schlechte Neuigkeiten.
    Dann war ich wieder in der Praxis, und der Arzt erklärte mir, warum ich trotz Lumpektomie Bestrahlung und Chemotherapie brauchte. Außerdem hatte er für mich die gute Nachricht, dass der Tumor lokal auf die Brust beschränkt war.
    »Das ist ganz einfach, Brooke«, sagte er. »Wir können die Gefahr minimieren, dass der Krebs wiederkehrt. Die Statistiken sind eindeutig, ich kann Ihnen die Zahlen zeigen, wenn Sie mögen. Sie können die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs wesentlich verringern, wenn Sie sich zur adjuvanten Strahlen- und Chemotherapie entschließen. Wenn der Krebs zurückkehrt, kann ich ihn nicht heilen. Ich kann ihn behandeln, aber ich kann ihn nicht für immer ausmerzen. Wir müssen also in erster Linie verhindern, dass der Krebs noch einmal auftaucht, und Bestrahlung und Chemo sind hier eindeutig die Mittel der Wahl.«
    Ich hatte nur noch eine Frage, aber sie war mir peinlich, und so sagte ich stattdessen etwas anderes.
    »Doktor, ich habe Ihnen in unserem Vorgespräch aus Versehen eine falsche Information gegeben. Ich habe gesagt, ich wäre familiär nicht vorbelastet. Das stimmt nicht. Ich habe meine Großmutter vergessen. Sie hatte Krebs. Sie ist daran mit Ende fünfzig gestorben.«
    Der Arzt nickte. »Welche Art Krebs hatte sie denn?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich meine, war es Brustkrebs? Oder Eierstockkrebs?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Keiner hat es mir gesagt.« Das stimmte sogar.
    »Ist sie vor Ihrer Geburt gestorben?«, fragte er.
    »Ich war ein Teenager.«
    »Sie waren ein Teenager, als sie starb«, sagte der Arzt und betrachtete mich erstaunt, »und niemand hat Ihnen je gesagt, woran sie starb?«
    Es klang seltsam, aber es war die Wahrheit.
    »Haben Sie noch Fragen zur Behandlung?«, fragte er.
    Hatte ich. Nur eine, und nun wurde es Zeit, sie zu stellen. »Werden mir die Haare ausgehen?«
    »Die besten Therapiemöglichkeiten würden dazu führen, dass Ihnen die Haare ausgehen, ja.«
    Das war der Moment, wo ich zu weinen begann. Ich sagte, ich würde nach Hause gehen, um darüber nachzudenken, obwohl der Arzt mir sagte, es gebe da nichts nachzudenken.
    »Es ist schwer, das durchzuziehen«, sagte ich.
    »Das mag sein«, erwiderte

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