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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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der Welt hat dir den Eindruck vermittelt, du könntest mir helfen? Und, wenn ich schon dabei bin, wo nimmst du die Frechheit her, mich und meine Ehe zu beurteilen? Ich möchte dich nicht daran erinnern, dass eine von uns ein wenig länger verheiratet ist als die andere, daher scheint mir, wenn hier schon gute Ratschläge zur Ehe gegeben werden müssen, sollte ich diejenige sein, die sie erteilt.
    Du kennst mich nicht, du weißt überhaupt nichts von meinem Leben. Nur weil wir beide in derselben Stadt geboren wurden, heißt das noch lange nicht, dass wir auch ähnlich ticken. Ich dachte, wir könnten uns dadurch besser verstehen, aber mir ist klar geworden, dass du mich überhaupt nicht verstehst.
    Als ich in der Mittelstufe war, sind wir zu einem Survivaltraining in die Wälder gegangen, und ich habe mir dort die Hand an einem Ast aufgerissen. Die Lehrer haben versucht, die Blutung zu stoppen, doch es gelang ihnen nicht, und sie sagten, ich müsste aus dem Wald raus, um die Wunde nähen zu lassen. Aber obwohl ich körperliche Schmerzen kaum ertragen kann, wollte ich nicht diejenige sein, die mein Team im Stich lässt. Und so habe ich die Zähne zusammengebissen und die Wunde mit Alkohol desinfiziert, damit sie sich nicht entzündete, ohne auch nur einen Laut von mir zu geben, auch wenn es so wehtat, dass es den stärksten Elefanten umgehauen hätte, und nähte sie mit einer Nadel und blauem Faden zusammen, die ich in meinem Rucksack dabeihatte. Erst nachdem wir den Wettbewerb gewonnen hatten, ging ich ins Krankenhaus. Der Arzt dort sah sich meine Hand an, lachte und sagte, ich solle in einer Woche wiederkommen, dann würden die Fäden gezogen werden.
    Was meinen Mann angeht, so fragst du doch in Wirklichkeit, wie wunderbar dieser Mann denn sein kann, wenn er nicht mit dem klarkommt, was mit mir passiert. Und meine Antwort lautet, dass ich ja nie gesagt habe, er könnte nicht damit zurechtkommen. Ich bin diejenige, die nicht damit klarkommt. Das ist ein großer Unterschied.
    Ich möchte dich bitten, nicht auf diese Nachricht zu antworten. Wenn du es doch tust, werde ich deine Antwort nicht lesen. Ich brauche etwas Zeit, um mir zu überlegen, wie ich weiter vorgehen will, und wo du stehst, weiß ich ja schon. Ich sage nicht, dass ich nie wieder von dir hören will, aber ich muss erst die Gefühle verarbeiten, die deine letzte Nachricht in mir geweckt haben. Wenn ich so weit bin, lasse ich es dich wissen, und ich sage dir dann, wozu ich mich entschieden habe. Du kannst davon halten, was du willst. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, das alles ist für mich genauso neu wie für dich, und so melde ich mich bei dir, wenn ich dazu bereit bin. Bis dahin bleib gesund, bleib stark und lass mich bitte in Ruhe.
    – – –
    Katherine E.
    BrustKrebsForum.org
    Greenwich, Conn
    Registriert seit: 30 . 09 . 2011
    – – –
    Hallo? Ist da jemand?
    Ich hab so Angst. Ich brauche jetzt unbedingt jemanden, der mir sagt, dass alles gut wird, dass die letzten drei Wochen meines Lebens nicht der Anfang vom Ende sind. Ich suche nach jemandem, mit dem ich reden kann, der mich versteht. Gibt es hier so jemanden?
    Ich heiße Katherine. Ich bin gerade vierzig geworden. Und ich habe endlich den Mann kennengelernt, der mein Leben verändern sollte, der mir genau das geben sollte, was ich jetzt brauche, einen Partner, einen Geliebten, einen Freund. Jemand, der sich um mich kümmert, wie sich noch niemand um mich gekümmert hat. Ich habe mein Leben lang auf ihn gewartet, und eine Woche nach seinem Auftauchen ist mein Leben implodiert. Das meint man wohl, wenn man sagt, es hat nicht sein sollen. Ich hasse es, so darüber zu denken.
    Ich habe zwanzig Jahre lang in der Wall Street gearbeitet, und ohne weiter ins Detail zu gehen, kann ich sagen, dass ich es zu etwas gebracht habe. Geld ist für mich kein Thema, auch jetzt nicht. Das sollte mir vermutlich ein Trost sein, aber das Wörtchen Trost existiert für mich im Moment nicht. Ich war nie untröstlicher als jetzt. Nie.
    In dem Haifischbecken, in dem ich mein ganzes Leben zugebracht habe, habe ich mir zwei Dinge niemals gestattet, und das bedauere ich jetzt. Das erste ist Schwäche. Ich habe mir keinerlei Schwäche zugestanden. Ich hatte immer das Gefühl, wenn ich mir auch nur das geringste Anzeichen davon anmerken ließe, wäre ich erledigt, was zur Folge hatte, dass ich recht einsam lebte. Das andere ist, dass ich mir nie erlaubt habe, über den Mann hinwegzukommen, der mir das Herz

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