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Was vom Tode übrig bleibt

Was vom Tode übrig bleibt

Titel: Was vom Tode übrig bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Anders
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Wobei das dem Senf sicher nicht schadet, Senföl und Senfkörner haben ja auch was Reinigendes, es ist halt nur, die Vorstellung hat was Ekliges. Da spielt auch der Gedanke mit rein, dass in einer Familie, in der sich der Sohn mit 23 totsäuft, generell was nicht stimmen kann, und wer weiß, wie dann bei denen die Tassen und Teller sind. Ist natürlich ganz irrational, es gibt sicher auch Leute, die sind einerseits komplett irre, haben aber andererseits ein blitzsauberes Geschirr zu Hause, aber ich bin bei so etwas immer skeptisch. Doch man will ja nicht unhöflich sein. Und die Frau hatte bisher in dieser Wohnung auch ganz gut überlebt.
    Also haben wir uns in Gottes Namen eben in die Küche gesetzt und Weißwürste gegessen. Ich auch, zwei Stück sogar. Selbstverständlich mit Senf, wenn auch mit etwas weniger, als ich üblicherweise esse. Aber ohne Senf schmeckt ja die Wurst nicht. Wie dem auch sei– alles, was ich sagen wollte, ist: Manchmal ist der Todes-Experte mit dem Essen empfindlicher als der Laie.

9. Himbeerquark
    Aufgrund meines Berufes glauben viele Menschen, ich sei eine Art Wunderreiniger, und fragen mich deshalb, wie ich diesen oder jenen Fleck entfernen würde. Meistens muss ich sie dann enttäuschen. Für herkömmliche Flecken bin ich kein Fachmann, und mein Instrumentarium ist für die meisten Haushaltsflecken auch zu grob. Der einzige Tipp aus meinem Arsenal, der auch dem Normalverbraucher nützt, ist Schrubben. Schrubben hilft fast immer. Auch in ganz schweren Fällen, wie dem Selbstmord eines 15 -jährigen Buben.
    Angefangen hat alles als Notarzteinsatz. Der Rettungsdienst war zu einem Einfamilienhaus gerufen worden, obwohl es für den Notarzt eigentlich nichts mehr zu tun gab. Eine Familie lebte dort, Mutter, Vater, Sohn, Tochter. Nichts Auffälliges, die größte Sorge der Eltern war, dass der Junge schlechte Noten hatte, was ja schon mal vorkommen kann. Als der Lehrer ihn mit einer Art Noten-Vorwarnung zu den Eltern schickt, die diese unterschreiben sollten, fälscht der 15 -Jährige die Unterschrift. Das Ganze kommt raus und natürlich gibt’s zu Hause Riesenärger. Kein Weltuntergang, Kinder machen Blödsinn. Papa ist nicht daheim, die Mutter hält ihrem Jungen eine Standpauke, aber sonst passiert nichts Außergewöhnliches, weshalb sich die Mutter auch keine Gedanken macht und sich im Bad die Haare föhnt. Und der Sohn geht in den Keller.
    Dort stellt er ein kleines Podest auf, einen richtigen kleinen Altar, mit einer Kerze, einem Foto der Familie und einem Abschiedsbrief.
    Es täte ihm leid, schreibt er darin, dass er seinen Eltern so viel Kummer bereitet hat, und er entschuldigt sich. Dann zündet er die Kerze an, setzt sich auf den Crosstrainer, mit Blick auf sein Abschiedskästchen, steckt sich die doppelläufige Schrotflinte vom Opa in den Mund und drückt ab.
    Ich bin kein Waffenexperte. Und ich weiß auch, dass viele bei »Schrotflinte« denken, das wäre vielleicht eine nicht ganz so gefährliche Waffe, weil Schrot doch nur aus vielen kleinen Bleikügelchen besteht. Seit diesem Tag weiß ich, dass das nicht stimmt: Vom Kopf des Jungen war bis auf den Kiefer nichts mehr übrig.
    Die Mutter hat ihn so gefunden. Sie hatte sich geföhnt und dann plötzlich ein Geräusch gehört, mit dem sie überhaupt nichts anfangen konnte. Sie schaltet den Föhn aus, ruft, was das jetzt gewesen sei, bekommt keine Antwort, geht rätselnd raus, ruft ihren Sohn, weil sie wissen will, ob er das auch gehört hat, oder vielleicht hat sie sich das ja nur eingebildet, aber der antwortet nicht, also geht sie ihn suchen, Himmel, antworten könnte er wenigstens, zumindest aus Höflichkeit oder so, aber wahrscheinlich schmollt er noch, und dann geht sie die Treppe runter und in den Keller, und dort sitzt er, die Flinte in der Hand, leicht vornübergebeugt, und so, wie er diesen kleinen Altar aufgebaut hat, wie er den Brief geschrieben hat, wie er die Kerze voll Verzweiflung hingestellt hat, so sorgsam, so gründlich, hätte er bestimmt nicht gewollt, dass aus seinem Kopf ein Rest vom Inhalt nach vorne tropft, runter und immer wieder punktgenau auf den kleinen Altar.
    Der Notarzt suchte pflichtschuldig nach Lebensfunktionen, aber da funktionierte natürlich kein Leben mehr. Da gibt es keine Eintrittswunde und keine Austrittswunde, wenn es keinen Kopf mehr gibt. Das heißt, es gab ihn schon noch, aber verändert. Der Kopf war an der Wand.
    Der Rettungsdienst hatte daraufhin das Kriseninterventionsteam KIT und

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