Was vom Tode übrig bleibt
leerräumt wie ein modernes Museum, ob man von HartzIV lebt oder von den Mieteinnahmen aus acht Eigentumswohnungen. Da kann man seine Wohnung jeden Tag desinfizieren, das ist den Bettwanzen egal, die kommen auch mit einem pieksauberen Umfeld klar. Und in die Wohnung gelangen sie nicht mit dem Schmutz, sondern mit der Kleidung und den Koffern. Das ist sozusagen das einzige noch ungelöste Rätsel: Wie die Bettwanze einen Koffer erkennt und warum sie sich dort verkriecht, denn normalerweise sucht sie sich ganz andere Verstecke. Sie verbirgt sich an den Orten, wo man sie sich einfängt, in den Hotels und Pensionen, im Bett hinter dem Kopfteil oder in Hohlräumen anderer Möbel in Reichweite ihres Opfers. Meine Theorie ist: Sobald ein Weibchen befruchtet ist, sucht es sich andere Verstecke, Orte, die den Geruch des Opfers haben, aber nicht seine Körpertemperatur– wie etwa Schmutzwäsche. Das Erstaunliche dabei ist, dass das Weibchen, sobald man den Koffer hier auspackt, nicht sofort den nächsten Koffer aufsucht, sondern sich wieder in die normalen Wanzenrückzugsorte verkriecht– ganz so, als wüsste es Bescheid und könnte genau zwischen Abreise und Ankunft unterscheiden. Wahrscheinlich ist es aber so, dass das Weibchen nur eine bestimmte Zeit nach der Befruchtung Kofferfan ist, danach wird es wieder, was es vorher war: ein Bettgestellfan. Wie dem auch sei, ein Wanzenbefall kann jedem passieren, und in Sachen Bettwanzen bin ich in München in allen Stadtteilen unterwegs, im Arbeiterviertel genauso wie in den Nobelvororten.
Bettwanzenbefall ist bei richtiger Vorgehensweise absolut beherrschbar, denn die Bettwanze hat ihre Prinzipien, und von denen weicht sie nicht ab. Sie sucht nachts eine Kohlendioxidquelle, die 37 Grad Celsius warm ist, nicht mehr und nicht weniger. Das ist wichtig, denn mit 38 Grad würde sie beim Hund oder der Katze landen. Darum haben professionelle Wanzenjäger technische Wanzenköder, simple Geräte, die sich elektrisch auf 37 Grad Celsius aufheizen und aus einer Patrone Kohlendioxid verströmen. Sobald Wanzen das spüren und riechen, machen sie sich auf den Weg. Sie sind nicht langsam, sondern krabbeln richtig flott. Sie kommen ans Bett, kriechen daran hoch und fertig. Davon merkt man zunächst noch nichts. Man hat ja meist nur eine Wanze mitgebracht und deshalb vielleicht mal einen Stich, aber der könnte auch von einer Stechmücke stammen. Dann legt das Wanzenweibchen seine Eier, täglich etwa zwei bis drei. Die Larven, die sogenannten Nymphen, schlüpfen bei Zimmertemperatur nach etwa 14 Tagen, im Winter in einem kühlen Schlafzimmer nach drei Wochen. Das heißt, 14 Tage nach dem Urlaub hat man dann drei bis vier Wanzen, die jeweils einmal pro Woche zubeißen. Dann werden es jeden Tag zwei bis drei mehr, aber dieses Tempo gilt natürlich nur so lange, bis ein zweites Weibchen geschlechtsreif und befruchtet ist. Und so eine Wanze lebt ziemlich lang, etwa sechs bis zwölf Monate, aber so lange braucht kaum jemand, bis er feststellt, dass es sich hier nicht um ein Stechmückenproblem handeln kann. Nur manchmal, wenn die Leute total zerbissen aus dem Urlaub heimkommen, ist es trotzdem schwierig, einen Wanzenbefall zu erkennen, weil man einfach nicht weiß, ob’s neue Bisse sind oder alte. Da rate ich dann, die vorhandenen Bisse mit Kugelschreiber einzukringeln. Das sieht zwar etwas albern aus, aber was soll man sonst machen?
Sobald der Befall feststeht, ist das Problem schon halb gelöst. Jetzt kommt es nur darauf an, dass man einen akribischen Schädlingsbekämpfer findet, der die Bettwäsche und alle Textilien im Schlafzimmer einsammelt und sich dann ums Bett kümmert. Dass er gut ist, merkt man daran, dass er das Bett nicht einfach besprüht, sondern auseinandernimmt, und zwar komplett. Er zerlegt den Lattenrost inklusive der einzelnen Latten, alles, denn die Wanzen sitzen vor allem in den Verbindungslöchern. Der Schädlingsbekämpfer reinigt nun alle Einzelteile von Wanzen und Wanzeneiern und schaut zusätzlich hinter Tapeten, Bilder und Bodenleisten, da sich die Wanzen dort gern tagsüber verstecken, aber entscheidend ist, dass das Bett eine wanzenfreie Insel ist. Dazu ist übrigens nicht einmal eine chemische Keule nötig, gute Reinigungs- oder Desinfektionsmittel, etwa Isopropanol, können hier verwendet werden. Klebestreifen an den Beinen des Bettgestells verhindern, dass neue Wanzen ins Bett kommen. Und den Rest erledigt der Sicherheitsstreifen, den wir an der Wand entlang und
Weitere Kostenlose Bücher