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Was vom Tode übrig bleibt

Was vom Tode übrig bleibt

Titel: Was vom Tode übrig bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Anders
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anderen Seite der Wand, mit dem anderen Becken verbunden durch den Schacht, den ich vor fünf Minuten ertastet hatte. Das erklärte die wundersame Blutvermehrung.
    Letzten Endes half es nichts. Wir mussten weiterpumpen, es würde eben länger dauern. Und es lief ja auch nicht alles schief: Wir konnten jetzt schon erkennen, dass die rote Flüssigkeit nicht zu tief eingedrungen war. Der Boden des Beckens war weich, voll Zementschlamm, und diese schlammige Schicht schützte den Beton darunter. Es war nur umständlich für die Reinigung. Sobald das Wasser weniger wurde, konnte man mit dem Schlauch nicht mehr weiterarbeiten, weil man damit den ganzen Schlamm eingesaugt hätte. Also schaufelte ich kleine Vertiefungen, in denen sich das Wasser sammeln konnte, und zwischen den Vertiefungen grub ich kleine Kanäle wie ein Kind am Strand. Klaus schlürfte mit dem Schlauch die Pfützen leer. Was übrig blieb, waren zwei Betonwannen mit einem rötlichen Matschboden.
    Der ließ sich dann mit einer Schaufel entfernen. Wir stellten dabei erleichtert fest, dass keine tieferen Ausschachtungen nötig waren: Wir trugen fünf Zentimeter ab, die wir in Säcken sammelten, darunter war das Material nicht kontaminiert. Wir behandelten die unteren Wannenränder mit Chlorbleichlauge, sprühten den lehmigen Boden großzügig mit Kohrsolin ein. Das Material kam in den Sondermüll– und wir hatten Feierabend. Es war 19 Uhr, als wir uns erschöpft daranmachten, das Material zusammenzusammeln. Und es war etwa 19 . 03 Uhr, als ich feststellte, dass der Tag noch nicht zu Ende war.
    Es gibt wenig dreckigere Einsatzorte als Baustellen. Eine feine, zähe Schicht mit verklebtem Zementstaub lag über jedem Gerät, jedem Schraubenzieher, über jeder Kiste, über allem, was auch nur in Sichtweite der Einsatzstelle gekommen war.
    Also setzten wir uns zu Hause hin und polierten die Geräte.
    Drei Stunden lang.

13. Mahlzeit
    Essen gehen nach getaner Arbeit ist für mich wichtig. Das ist eine Art ritueller Abschluss, dass man den Fall auch richtig verdaut, sozusagen. Wir gehen in ein Restaurant und essen, alle Mann, die dabei waren. Angesichts meiner Erfahrungen mit Restaurants als Schädlingsbekämpfer kann einen das schon mal wundern. Aber ich habe mich damit abgefunden: Man kann es einem Lokal nicht ansehen, ob es Schaben hat. Man könnte, wenn man in die Küche geht, aber ich kann und darf ja auch nicht überall in die Küche. Bei unserem Stammgriechen übernehme ich selbst die regelmäßige Überwachung, manchmal nimmt er mich auch für einen Ouzo mit in die Küche, da weiß ich, dass alles in Ordnung ist, aber bei jedem anderen Lokal kann ich für nichts garantieren. Ich habe Filialen namhafter Coffeeshops gesehen, wo mir alles im Halse stecken blieb; auch wenn ich kein Ungeziefer sah, reichte mir der Blick auf die völlig verkrusteten Sahnebehälter und Sirupflaschen und in die Schubladen, die seit Eröffnung des Ladens noch kein einziges Mal ausgewischt worden sind, weil dazu den 400 -Euro-Mini-Jobbern die Zeit fehlt und auch keiner drauf achtet, und in mancher Fast-Food-Filiale sieht das nicht anders aus. Letzten Endes verträgt der Mensch erstaunlich viel, wenn ich Hunger habe, gehe ich also Essen und denke möglichst wenig an die Küche. So ganz abschalten kann ich trotzdem nicht immer, am wenigsten bei Asiaten.
    Ich mag ja eigentlich nicht verallgemeinern, aber während meiner Tätigkeit als Schädlingsbekämpfer ist mir eines aufgefallen: In chinesischen und thailändischen Lokalen sowie in indischen und all den anderen fernöstlichen Restaurants sind Schaben nie einzeln unterwegs. Ich weiß nicht, warum. Also, rein theoretisch müssten die Schaben auch bei denen mal einzeln auftauchen. Sie erscheinen anfangs immer einzeln, und das ist auch ganz normal: Gastronomie hat ja mit Lebensmitteln zu tun, und wenn man im richtig großen Umfang mit Lebensmitteln arbeitet, fängt man sich automatisch irgendwann Schaben ein. Da ist niemand schuld oder schlampig oder sonst was, da kann man der Feinkost-Guru sein oder der Delikatessen-Tempel oder das Fünf-Sterne-Hotel oder ’ne Grillbude, das ist da völlig egal. Weil man natürlich für sein Haus alles garantieren und überwachen kann, aber bei den Lieferanten halt nicht. Der Unterschied zwischen gut und schlecht geführten Häusern ist: Die guten machen ein Monitoring.
    Monitoring ist im Prinzip nichts anderes ein Klebestreifen mit einem Lockstoff. Die gibt’s für Motten oder Fliegen oder eben auch

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