Was - Waere - Wenn
noch einen Bierkuß.
Absichtlich. »Du hast doch bestimmt Hunger, es steht was im Ofen.«
»Lieb von dir, aber wir waren mit den Kunden nach der Besprechung
noch im Fischereihafen Restaurant.«
Aha, die frisch Vermählte sitzt zu Hause bei Bier und Ente süß-sauer
aus der Aluminium-Schale, während mein Liebster in aller Ruhe in einem der
teuersten Hamburger Restaurants tafelt! Hätte er denn nicht sagen können:
Sorry, normalerweise gern, aber ich muß nach Hause, bin heute erst von meiner
Hochzeitsreise zurückgekommen? Offenbar ist mir nur allzu deutlich ins Gesicht
geschrieben, was ich denke.
»Ich weiß, was du denkst«, sagt Moritz, »ich hätte das Essen
ablehnen können mit der Begründung, daß ich heute erst von meiner
Hochzeitsreise nach Hause gekommen bin und meine Frau auf mich wartet. Aber ich
habe nicht daran gedacht.«
»Nicht daran gedacht? Du hast an mich nicht gedacht?«
»Doch, natürlich habe ich an dich gedacht! Genaugenommen habe ich an
uns gedacht. Und daran, daß uns, wenn dieser Auftrag klappt, finanziell erst
einmal nichts mehr passieren kann. Ich habe an unsere Zukunft gedacht!« Großer
Dackelaugenblick. »Ich muß doch für uns sorgen!«
»Ich will nicht mit dir streiten«, meine ich versöhnlich. Für mich
sorgen, ein Mann, der für mich sorgt! Wir küssen uns wieder lange.
»Laß uns nach oben gehen, ich bin wirklich todmüde.« Hand in Hand
steigen wir die Treppe zum Schlafzimmer hoch. Als ich die Tür öffne, hält
Moritz mich zurück. »Moment«, sagt er, »so viel Zeit muß sein.« Er legt beide
Arme um mich, hebt mich hoch und trägt mich über die Schwelle. Ich bin ganz
gerührt. Und froh, daß ich mein altes Kampfgewicht nicht mehr habe. Sonst wär
er vermutlich im Türrahmen zusammengebrochen, mit einer komplizierten Fraktur
beider Schienbeine. Er läßt mich aufs Bett fallen und fängt an, sich langsam
auszuziehen. Auch wenn er im Anzug nicht schlecht aussieht – das ist nichts im
Vergleich zu dem, was darunter steckt. »Die erste Nacht als Mann und Frau in
unserem eigenen Ehebett«, raunt Moritz mir zu, während er sich unter der
Bettdecke an mich heranrobbt. Wir nähern uns der Sieben auf meiner persönlichen
Qualitätsskala.
Piep, piep, piiieeep.
»Feuer!« Voller Panik springe ich aus dem Bett und sehe mich gehetzt
um, erwarte, daß lodernde Flammen uns eingeschlossen haben.
»Was hast du denn jetzt schon wieder?« fragt Moritz gähnend und
macht dem quälenden Piepen mit einem gezielten Schlag den Garaus. »Das ist doch
nur unser Wecker.«
»Wecker?« So etwas bin ich seit der Schule nicht mehr gewohnt, und
selbst da hat mich immer meine Mutter aus dem Bett geholt. Mein Blick fällt auf
die Digitalanzeige: 7 : 00 Uhr. Geht das jetzt etwa jeden Morgen so? Ich bin
aufgewacht und in meiner persönlichen Vorhölle! Moritz steht auf und geht
kopfschüttelnd ins Bad. Zwei Minuten später höre ich, wie er die Dusche
anstellt. Dann kann ich mich ja noch einmal gemütlich hinlegen, für mich ist es
noch mitten in der Nacht. Ich stelle den Wecker auf Radiobetrieb um und
schlummere zu den sanften Klängen irgendeines klassischen Stücks ein.
»Willst du nicht langsam auch mal aufstehen?« Als ich die Augen
wieder öffne, ist es acht. Moritz sitzt neben mir auf dem Bett, in Schlips und
Kragen, und mustert mich fragend.
»Och, nö«, murmele ich schlaftrunken in mein Kissen, »ich bin noch
müde, will lieber ausschlafen.«
»Interessant«, stellt Moritz amüsiert fest, »und wer geht dann für
dich zur Arbeit?« Arbeit? Welche Arbeit? Das Drinks & More gibt es nicht
mehr, und selbst wenn, wäre ich um diese Zeit wohl ein paar Stunden zu früh
dran.
»Hat sich erledigt«, brabbele ich vor mich hin und wühle mich noch
ein Stückchen tiefer in mein Kissen.
»Erledigt? Warum hast du mir das nicht erzählt? Hast du gekündigt,
oder was?« Kann er nicht einfach gehen und mich schlafen lassen? Mir ist jetzt
nicht nach Diskussionen, vor zwölf Uhr versagt mein Sprachzentrum mir jegliche
Dienste. »Ich denke, es hat dir bei Arts & Tainment so gut gefallen.« Who
the fuck sind Arts & Tainment?
»Was?« Mühsam setze ich mich auf und reibe mir den Schlaf aus den
Augen. »Ich arbeite?«
»Schatz«, Moritz legt mir eine Hand auf meine Schulter, »langsam
mache ich mir wirklich Sorgen um dich. Was ist denn los mit dir?«
»Aber du hast doch gesagt, du sorgst für
uns.« Noch immer bin ich total benommen.
»Und deshalb schmeißt du von jetzt auf gleich alles hin,
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