Was - Waere - Wenn
streichle ich über die Tasten und lächele sie
entschuldigend an.
»Die Hochstelltaste klemmt«, murmele ich.
»Ihr hattet also eine schöne Hochzeitsreise«, stellt Isa fest, kommt
rein und setzt sich auf den Stuhl gegenüber von meinem Schreibtisch.
»Ja, hatten wir.«
»Ich weiß, hab gerade länger mit Moritz telefoniert.«
Isa beugt sich vor und versucht einen Blick auf meinen Bildschirm zu
erhaschen.
»Was machst du eigentlich gerade?« will sie wissen.
»Recherche.«
»Recherche?«
»Ja, für Hot L… Gold Legs«, fällt mir der Produktname gerade noch
ein.
»Charly?« Sie beugt sich noch weiter zu mir herüber und setzt eine
ziemlich finstere Miene auf. »Ich hoffe, du machst nächste Woche bei der
Präsentation einen besseren Eindruck als jetzt. Wir müssen den Pitch unbedingt
gewinnen, immerhin treten wir gegen drei andere Agenturen an.«
»Klar, das weiß ich.« Wenn ich jetzt noch wüßte, was ein »Pitch«
ist. Ob ich vielleicht nachher Nora mal frage … Ich verwerfe den Gedanken – so,
wie die mich vorhin angesehen hat, würde die mir nicht mal die Uhrzeit
verraten.
»Irgendwie wirkst du heute ziemlich unkonzentriert«, stellt Isa
fest, lehnt sich wieder zurück und legt ihre Stirn in Falten. »Wir wollen doch
nicht, daß jemand denkt, du hättest den Job hier nicht, weil du gut bist,
sondern weil du mit der Chefin befreundet bist.« Die Art und Weise, wie sie das
sagt, läßt keinen Zweifel daran, daß ich nicht gut
bin.
»Ich habe alles im Griff«, beeile ich mich zu versichern. Was um
alles in der Welt hat mich dazu gebracht, hier zu arbeiten?
»Das dachte ich mir.« Sie lächelt noch einmal zuckersüß, dann steht
sie auf und verläßt mein Büro. »Ich warte noch auf deine ausführliche
Kostenkalkulation für die Kampagne. Die kannst du nachher ja einfach
mitnehmen.«
»Mitnehmen?« Wohin? Ehrlich gesagt gefiel mir Elisas Vorschlag mit
dem Model wesentlich besser als der Job hier. Bin wohl an irgendeiner
Weggabelung falsch abgebogen. Ziemlich falsch.
»Ins Vino e Verità«, erinnert Isa mich. »Ich würde ja mit dir
zusammen fahren, aber ich habe gleich noch eine Besprechung in der Innenstadt
und fahre dann von dort aus hin.« Dann stöckelt sie endgültig aus meinem Büro.
Alles, was recht ist, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß die da
meine beste Freundin ist. Da müßte ich ja eine komplette Metamorphose durchlebt
haben. Und dann auch noch meine Trauzeugin! Warum nicht Julie? Bin ich denn in
meinem neuen Leben wirklich so ein opportunistisches Fähnchen im Wind?
Widerlich. Kein Wunder, wenn auf dem Gang niemand mit mir spricht.
Ich nehme ein Taxi ins Vino e Verità. Schließlich habe ich keine
Ahnung, wo der Laden ist und will mir und meinem Mini lieber keine Nachtfahrt
zumuten. Außerdem kann ich dann mit Moritz nach Hause fahren und sogar etwas
trinken. Vor dem Verlassen habe ich noch den Drucker sabotiert. Kann also
leider, leider keine Kostenkalkulation mitnehmen, sehr schade!
Im Vino e Verità ist eine ähnliche Runde versammelt wie auf meiner
Hochzeit: Dirk und Isa als Gastgeber, Heike als Mauerblümchen, Babette als
Übelgelaunte, drei Kollegen von Dirk mit ihren Frauen, Moritz und ich.
Blöderweise ist das Vino e Verità kein Feld-, Wald- und Wiesenitaliener, wie
ich angenommen hatte. Eher die Kategorie Silberglocke auf dem Teller, mit
mikroskopisch kleiner Portion darunter. Die anwesenden Frauen wollen, ihrem
Outfit nach zu urteilen, nach dem Essen noch zur Oscar-Verleihung.
»Wie siehst du denn aus?« zischt Moritz mir auch prompt zu, als ich
in Jeans und T-Shirt um Viertel nach Acht aufkreuze.
»Ach, laß doch«, geht Dirk generös dazwischen. »Ist doch nur mein
Geburtstag, darum wollen wir kein großes Aufhebens machen.« Ihm einen dankbaren
Blick zuwerfend setze ich mich auf den Stuhl neben Moritz, wo mich sogleich ein
süßliches Lächeln von Isa niederstreckt.
»Und ich wollte dich im Büro noch fragen, ob du was zum Wechseln
dabei hast, sonst hättest du was von mir haben können.«
»Das ist lieb«, gebe ich zurück, lege an, ziele, und Schuß: »Aber
das wäre mir ja viel zu groß gewesen.« Isa zuckt nicht mit einer Wimper, davor
muß ich glatt Respekt haben.
»Hast du die Kalkulation mitgebracht?«
»Nein, mein Drucker spinnt.« Moritz mustert mich irritiert von der
Seite.
»Ach so?« Ihre Augen verengen sich zu zwei Schlitzen. »Dann hättest
du sie ja schon einmal handschriftlich machen können.«
»Champagner?« Ein Kellner kommt
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