Was will man mehr (German Edition)
Jedenfalls hat er Affären und sie hat … mich.»
Er drückt einen Knopf. Im nächsten Moment beginnt die monströse Espressomaschine fauchend pechschwarzen Kaffee in winzige Designertässchen zu pusten.
«Solange ich hier wohnen kann, ist es mir sowieso völlig gleichgültig, mit welchen zweifelhaften Methoden du deinen Lebensunterhalt verdienst», sage ich. «Hat die Hütte eigentlich ein Schwimmbad?»
«Sauna, Dampfbad, Whirlpool und Pool», erwidert Bronko. «Jetzt kann ich mich zumindest teilweise dafür revanchieren, dass du mir geholfen hast, über die Runden zu kommen. Damals.»
«Wenn ich gewusst hätte, dass du als Casanova derart Karriere machst, dann hätte ich mich von dir ausbilden lassen. Vielleicht wäre ich jetzt mit einer reichen Witwe liiert und könnte mich auf Kreuzfahrtschiffen ganz bequem zu Tode saufen.»
«So schlimm?», fragt Bronko und stellt zwei Espresso auf den Tisch.
«Hm», erwidere ich nicht eben wortgewaltig.
«Immer noch unglücklich wegen Iris?», setzt er nach, nippt an seiner Tasse und scheint in kulinarischer Hinsicht zufrieden.
Ich winke ab. «Das auch. Aber lass uns jetzt nicht darüber reden. Zumal es wichtigere Dinge gibt.»
Bronko nickt bedächtig. «Schamski hat dir alles erzählt?»
«Ja. Und ich hab ihm empfohlen, noch ein Ticket zu investieren und Günther aus Mallorca einfliegen zu lassen. Er kommt übermorgen. Ich dachte, dass wir uns alle am Abend hier treffen. Natürlich nur, wenn du nichts dagegen hast.»
«Gern», erwidert Bronko. «Übrigens, falls ihr mich braucht …»
«Ich dachte, du bist sowieso dabei», sage ich erstaunt.
«Ach ja?» Bronko wirkt erfreut.
«Also, natürlich nur, wenn du willst», füge ich hinzu. «Ich weiß zwar noch nicht genau, was uns erwartet, aber es könnte eine Menge Scherereien geben.»
«Kein Problem», erwidert Bronko, ohne zu zögern. «Ob du es glaubst oder nicht: In meinem Leben als Liebhaber einer Schweizer Diplomatengattin ist tatsächlich noch Platz für Abenteuer.»
Bis zur Ankunft von Günther bleibt mir viel Zeit, um meine wenigen Habseligkeiten in Bronkos Loft zu verfrachten. Zudem statte ich meiner Exfrau Lisa einen Besuch ab. Obwohl wir uns gut verstehen, tue ich das nicht aus rein persönlichen Gründen, sondern auch weil ich Lisa um einen kleinen Gefallen bitten möchte.
«Wo ist Fred?», fragt sie, während wir das Haus betreten.
«Mein Hund will nichts mehr mit mir zu tun haben. Seiner Meinung nach war ich zu lange weg», erwidere ich und stelle im gleichen Moment fest, dass sich im Flur Umzugskartons bis zur Decke stapeln.
«Was ist los? Zieht ihr aus?», frage ich.
«Hier lang», erwidert Lisa. «In der Küche habe ich noch nicht alles eingepackt. Ich kann uns also immerhin noch Tee machen.»
Ich ahne, dass die Umzugskisten Teil einer mittleren Katastrophe sind. Lisa hat sich zwar bei der Begrüßung nichts anmerken lassen, aber das ist so ihre Art. Sie hat schon immer persönliche Probleme mit sich allein ausgemacht. Ein Grund dafür, dass wir uns damals getrennt haben. Vielleicht sollte ich deshalb jetzt auch nicht weiter nachfragen, ich tue es aber trotzdem. Denn das ist wiederum meine Art. Und ein weiterer Grund dafür, dass unsere Ehe gescheitert ist.
«Wo ist Tommi?», frage ich.
Sie ist mit der Zubereitung des Tees beschäftigt und wendet mir dabei gerade den Rücken zu. Wir schweigen eine Weile.
«Weg», sagt sie dann, dreht sich zu mir um und hat Tränen in den Augen.
Ich erhebe mich und nehme sie in die Arme. «Tut mir leid, Lisa.»
Sie schluchzt ein paarmal. «Schon gut», sagt sie, wischt die Tränen weg und löst sich aus meiner Umarmung. Sie will nicht in den Arm genommen werden. Sie will nicht weinen. Sie will nicht schwach sein.
«Wahrscheinlich Midlife-Crisis», sagt sie, als der Tee auf dem Tisch steht und wir uns gegenübersitzen. «Tommi hat das zwar nie so gesagt, aber es klingt sehr danach. Erinnerst du dich noch an Gordon? Den Bandleader?»
Ich nicke.
«Er hat mit Tommi ein paar Songs eingespielt und ihm danach einen Vertrag als Tourmusiker angeboten. Und Tommi hat sich nicht nur darauf eingelassen, er ist Gordon praktisch mit fliegenden Fahnen gefolgt. All meinen Einwänden und Bedenken zum Trotz. Die Band ist jetzt gerade für ein paar Monate in Kanada.»
Ich bin verwundert. Tommi wollte eigentlich nie wieder tingeln. Nachdem er als Tourmusiker vor einer halben Ewigkeit fast an einer Überdosis gestorben wäre, nahm er nur noch Studiojobs an und wurde ein
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