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Was will man mehr (German Edition)

Was will man mehr (German Edition)

Titel: Was will man mehr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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meiner Beruhigung fällt mir ein, dass dieses Zimmer kein eigenes Bad hat. Wahrscheinlich öffnet sich deshalb jeden Moment die Tür und Iris erscheint, weil sie das Badezimmer auf dem Flur benutzt hat.
    Ich lasse mich wieder in die Kissen sinken, schließe die Augen und atme tief durch.
    Als ich erneut erwache, hat sich das Licht verändert. Ich muss länger geschlafen haben. Iris ist immer noch nicht da. Nun bin ich doch ein wenig beunruhigt. Da das Zimmer kein Telefon hat und ich somit Mrs Poppins nicht erreichen kann, werde ich mich wohl anziehen und runtergehen müssen, um nach Iris zu fragen. Vielleicht hat sie mir die Adresse eines hübschen Cafés hinterlassen, wo wir gemeinsam frühstücken werden.
    Während ich mich aus dem Bett hieve, durchzuckt mich der Gedanke, dass Iris einfach gegangen sein könnte. Vielleicht stand sie unter Schock, nachdem ich ihr von Timothys Betrug erzählt habe. Vielleicht hat sie deshalb zwar für den Moment gedacht, dass wir beide trotz aller Widerstände eine Zukunft haben könnten. Heute Morgen ist ihr jedoch klargeworden, dass das ein Irrtum war. Dass sie erst mit sich und ihrer Ehe ins Reine kommen muss. Dass wir beide tatsächlich vielleicht eine Zukunft haben, aber nichts überstürzen dürfen. Oder hat sie womöglich gedacht, dass aus uns sowieso nichts werden kann? War die letzte Nacht ein Abschied für immer?
    Ich wische den Gedanken beiseite. Viel wahrscheinlicher ist, dass Iris ein schlechtes Gewissen Mary-Ann gegenüber hatte und deshalb nach Hause wollte. Also kein Grund zur Sorge.
    Als ich die Hose überstreife, fällt mein Blick auf meinen Mantel, und nun mache ich mir doch wieder Sorgen. Die Unterlagen, die ich Iris gestern gezeigt habe, ragen nicht mehr aus der Innentasche, wo ich sie verstaut hatte. Ich schaue unter den Mantel, unter den Sessel, unters Bett. Ich durchsuche dann leicht panisch jeden Zentimeter des Zimmers. Kein Zweifel. Die Unterlagen sind weg. Wenn Iris sie nicht an sich genommen hat, dann muss ich sie verloren haben. Letzteres wäre mir lieber.
    Schamski bestätigt wenig später meine Befürchtungen. «Stimmt. Timothy ist heute nicht in den Verlag gekommen. Warum fragst du? Hast du was damit zu tun?»
    «Kann sein», erwidere ich. «Kommst du eigentlich an die aktuellen Kontostände ran? Oder hat Timothy da auch die Hand drauf?»
    «Eigentlich macht er alles, was mit Finanzen zu tun hat. Ich kann aber gern mal in der Buchhaltung nachfragen. Ich weiß nur nicht, ob die mir die Wahrheit sagen. Vielleicht hat Timothy die Leute angewiesen, mir nur bestimmte Konten zu zeigen.»
    «Das ist gut möglich», erwidere ich und überlege.
    «Kommt Günther da nicht vielleicht ran?», fragt Schamski.
    «Gute Idee. Frag ihn!» erwidere ich. «Das wäre die einfachste Lösung. Ich mach mich jetzt auf den Weg. Wir treffen uns heute Abend bei Bronko.»
    «Stimmt irgendwas nicht, Paul?», will Schamski unbehaglich wissen.
    «Das kann ich dir jetzt noch nicht sagen.» Eine miserable Lüge. «Lass uns heute Abend darüber reden.»
    Von Elisabeth erfahre ich, dass Iris sich in den frühen Morgenstunden mit Mary-Ann und ein wenig Gepäck auf den Weg zum Flughafen gemacht hat. Ich vermute, Iris ist nicht das Risiko eingegangen, nach Deutschland zu fliegen. Wahrscheinlich hat sie ihren Mann informiert und dann die nächste Maschine nach Südamerika genommen. Timothy dürfte sich deshalb ebenfalls längst über dem Atlantik befinden.
    Endgültige Gewissheit will ich mir durch einen Anruf bei Günther verschaffen. Ich bitte ihn, die Passagierlisten der heutigen Frühflüge nach Montevideo zu checken. Ein paar Minuten später ruft er zurück.
    «Deine Vermutung war richtig», sagt Günther. «Die drei sind heute nach Uruguay geflogen. Timothy von hier aus, Iris mit ihrer Tochter von London aus. Verrätst du mir, was das zu bedeuten hat?»
    «Lieber nicht.»
    «Man könnte meinen, sie wären abgehauen.»
    «Ich werde euch heute Abend alles erklären. Könntest du die Sache bitte bis dahin für dich behalten?»
    «Ist diese … Sache auch der Grund, weshalb ich die Kontostände vom Verlag checken soll?», hakt Günther nach.
    «Ja», gebe ich zu.
    Schweigen.
    «Wir haben also ein Problem», konstatiert Günther.
    «Ich befürchte es. Aber sicher bin ich noch nicht», antworte ich.
    «Das war keine Frage», erwidert Günther. «Das war eine Feststellung. Ich habe die Geschäftskonten bereits überprüft. Und wir haben definitiv ein Problem.»
    «Okay», erwidere ich

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