Was will man mehr (German Edition)
Wahrheit ans Licht, wenn die Staatsanwaltschaft sich der Sache annimmt», hofft Bronko.
«Genau. Außerdem wolltest du doch Fred nach England bringen», ergänzt Günther. «Wenn du schon einen Wirtschaftskriminellen über die Grenze schmuggelst, dann kannst du auch noch deinen Hund mitnehmen. Das macht den Braten nicht fett.»
«Guter Plan», nicke ich. «Was den Sieg der Wahrheit betrifft, da wäre ich allerdings nicht allzu optimistisch. Hat mir zumindest ein Anwalt zu verstehen gegeben, der mit der Materie vertraut ist.» Ich sehe zu Schamski, der sich angesichts der Perspektive, auf welche Art auch immer dem Knast zu entkommen, merklich entspannt hat.
«Deshalb würde ich an deiner Stelle auch erst mal untertauchen», fahre ich fort. «Und wenn zudem Melissa keine Probleme damit hat, ihr Bett mit einem illegal eingewanderten und steckbrieflich gesuchten Verbrecher zu teilen, dann ist doch alles in bester Ordnung.»
Schamski kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. «Ich hoffe, das hier ist eine der Geschichten, die man später mal gern seinen Enkeln erzählt.»
«Das hoffe ich allerdings auch», erwidere ich. «Das hoffe ich sogar sehr.»
Am nächsten Morgen treffen wir uns zu einer Art Arbeitsfrühstück bei Bronko. Unser Fluchtplan soll noch heute in die Tat umgesetzt werden. Zwar wissen wir nicht, ob Grund zur Eile besteht, aber wir wollen kein Risiko eingehen. Bronko hat mit Hilfe der Botschaft eine unauffällige Mittelklasselimousine organisiert. Wir haben beschlossen, dass er uns bis zur Küste begleitet, um den Wagen zurückzubringen, sobald wir einen Fluchthelfer angeheuert haben. Das Geld für die Passage hat Bronko uns besorgt – vermutlich hat er seine Liebste angeschnorrt. Während meiner Abwesenheit kümmert Melissa sich um Jona. Ich werde Schamski begleiten, damit er sich zum einen nicht mit Fred rumschlagen muss. Zum anderen wollen wir auf der englischen Seite einen Wagen mieten, um nach London zu fahren. Da Schamski ab sofort nicht mehr als Schamski in Erscheinung treten darf, werde ich das machen.
«Ist ein solcher Aufwand wirklich nötig?», fragt Schamski. Gerade schiebt er seine Papiere und Kreditkarten über den Tisch zu Günther, der sie in einem Umschlag verstaut.
Günther nickt. «Ich kenne mich da aus. Glaub mir. Wenn du in London auch nur ein einziges Mal deine Kreditkarte einsetzt, dann kannst du dich genauso gut sofort stellen. Ist also besser, du machst diesen Umschlag gar nicht erst auf, sondern legst ihn dir gleich unters Kopfkissen. Nur für den Fall, dass du die Sachen nochmal benutzen kannst.»
«Komisches Gefühl», sagt Schamski. «So ganz ohne Identität.»
«Hat aber auch was Befreiendes», erwidert Bronko. «Wirst du bald merken. Wenn man nicht existiert, dann will auch keiner was von einem.»
Schamski überlegt. «Apropos, was passiert eigentlich, wenn ich krank werde? Ist mir gestern Nacht noch eingefallen, als ich Melissa alles erzählt habe. Ich besitze jetzt nicht nur keinen Pass, keine Kreditkarten und keine Kontoverbindung mehr. Ich hab auch keine Krankenversicherung.»
«Hast du denn vor, krank zu werden?», frage ich.
«Ach. Ab und zu schon», erwidert Schamski.
«Das mit der Krankenversicherung ist wirklich ein Problem», sagt Günther. «Aktuell kann ich nur sagen: Wir arbeiten dran.»
Schamski will etwas einwenden, doch in diesem Moment klingelt es an der Tür. Verwunderte Blicke am Tisch. Niemand erwartet Besuch.
«Ich mach schon», sagt Günther und erhebt sich.
Schamski schaut etwas unsicher lächelnd in die Runde und schweigt. Er ahnt wohl nichts Gutes. Der Küchenbereich ist eine Art Seitenflügel, der vom Eingang aus nicht einzusehen ist.
«Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?», hören wir Günther sagen.
«Kriminalpolizei», erwidert eine dunkle Männerstimme. «Wir sind auf der Suche nach Herrn Guido Schamski.»
Der Gesuchte wird spontan blass um die Nase.
«Das bin ich», hört man Günther sagen. «Worum geht’s denn?»
Im Küchenflügel trauen wir unseren Ohren nicht. Günther hat weder gezögert, noch scheint er irgendwie nervös zu sein.
«Sind Sie gerade im Begriff zu verreisen?», fragt die dunkle Männerstimme.
Günther wollte heute tatsächlich wieder nach Mallorca. Deswegen steht sein Gepäck am Eingang.
«Ja, mein Flugzeug geht in knapp zwei Stunden», erklärt Günther wahrheitsgemäß. «Ich bin eigentlich schon auf dem Sprung.»
«Sie werden die Reise ein wenig verschieben müssen», erwidert die dunkle
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