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Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Titel: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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über   …»
    «Ja, is ja jut jetze. Also, ich die Mutter ’n bisschen abgemolken und unserer Intelligenzbestie   …»
    «Teddy!»
    «…   die Milch mit’m Fläschchen eingeflößt. Det war ein Theater, |255| sag ich dir. Aber ich hab ihn satt gekriegt. Tja, und danach muss ich wohl eingeschlafen sein   …»
    «Hast du gut gemacht, Teddy, bist ein toller Schaf-Papi.»
    «Na   … ich kann den Kleenen ja nicht krepieren lassen, wa?», grummelte Teddy verlegen. «Haste nicht was von Kaffee gesagt? Wo isser?»
     
    «Woran denkste denn grade?» Teddys Stimme reißt Sonja aus ihrer Erinnerung. «Du siehst so anders aus, so sanft, irgendwie.
     Ist was mit dir?»
    Sie schaut ihn an. «Nein, Teddy, ich hab nur gerade an Kaffee gedacht. Und dass ich jetzt einen vertragen könnte. Lass uns
     zum Hof gehen, ich koch uns einen.»
    «Zur Abwechslung mal einen frischen, wa? Nicht aus der Thermoskanne. Bin dabei.»
    Im Umdrehen blickt Sonja nach oben. «Schau, Teddy, der Himmel.» Er ist tiefblau, bedeckt mit Hunderten von kleinen flauschigen
     Schönwetterwolken.
    «Schäfchenwolken», stellt Teddy fest. «Gibt schönes Wetter.»
    «Und jetzt, Teddy, schau unsere Herde an!»
    «Mach ich doch schon seit Stunden jetze. Ich seh nix Besonderes.»
    «Aber Teddy, im Himmel Schäfchen und auf unserer Wiese Schäfchen!»
    «Ach, du meinst, mit den Viechern sieht die Weide aus wie da oben, wa?»
    «Genau.» Sonja strahlt. «Wir haben den Himmel auf unserer Weide. Den Himmel auf Erden.»
    «Wat du manchmal für ’n Quatsch reden tust, Sonja   …», brummt Teddy kopfschüttelnd, «machen wir lieber hin, ich hab Kaffehunger», und stapft voraus, Richtung Hof.

|256| Muttermilch
    Es wurde Vorfrühling, es wurde Frühling, und Hanne kündigte per Postkarten ihren erneuten Besuch an. Auch Frau Widdel fand
     eine entsprechende Mitteilung in ihrem Briefkasten. Nur leider – kommen konnte Hanne denn doch nicht. Sie hatte nämlich ein
     Preisausschreiben gewonnen, eine Reise nach Tirol, die wollte sie – bei aller Liebe – nicht um Amerikas willen verfallen lassen.
     Das halbe Dorf war gleichermaßen glücklich für Hanne wegen der gewonnenen Reise und enttäuscht wegen des abgesagten Besuchs.
    Es war kurz nach Hannes Absage, da traute ich meinen Augen nicht, als mein Blick beim Morgeneinkauf über Frau Widdels Kühlregal
     schweifte. Da standen vier, VIER (!) Flaschen, gefüllt mit einer weißen Flüssigkeit. Das wird doch nicht   … doch! Da prangte es in großer Werbeschrift auf dem Etikett: «Milch». Ohne «H» davor. Die langersehnte Frischmilch. Vier
     ganze Liter. Einmal Tagesbedarf plus eins! Trink drei, nimm vier!
    «Frau Widdel – in Ihrem Kühlregal! Sie haben da aus Versehen Frischmilch.» Ich deutete mit dem Finger auf die Flaschen.
    |257| «Na ja, hab ich mitgebracht für Hanne, wollte ihr eine Freude machen. Aber nu kam se ja nich.»
    «Tja, dann nehme ich Hannes Milch, kein Problem.» Meine Stimme überschlug sich fast.
    «Geht nicht», sagte Frau Widdel.
    «Warum nicht?» Verzweiflung.
    «Der Hanne ihre Milch, die hab ich doch gar nicht ins Sortiment genommen, das ist doch nur für sie gewesen, so als kleiner
     Freundschaftsdienst. Und weil sie mir doch die Haargummis geschickt hat, die ich in Schmachthagen nicht kriege.»
    «Aha.» Ich verstand gar nichts mehr, was hat Milch mit Haargummis zu tun, und wenn ja, wie oft?
    «Na, und als sie denn eben nicht kam», sagte Frau Widdel und zuckte mit den Schultern, «da hab ich die Milch mit zu mir nach
     Hause genommen, als Eigenkonsumation.»
    «Und dann? Haben Sie die Milch probiert?»
    «Nee.»
    «Nicht?»
    «Nee, mein Sohn war nämlich zu Besuch.»
    «Und? Äh, warum konnten Sie nicht, wenn Ihr Sohn zu   …»
    «Na, weil, der hat doch die Milch im Eisschrank entdeckt und hat sich ein Glas genehmigt. Und denn noch eins. Und denn hat
     er sich so mit der verkehrten Hand über den Mund gewischt, und im Rausgehen hat er gesagt: Die schmeckt aber mal gut, Mutti,
     deine Milch.»
    Wow, dachte ich, das ist ja geradezu ein Freud’scher Klassiker: Muttis Milch ist die beste! Wenn das keine Wirkung bei Frau
     Widdel hat, ist Frau Widdel keine echte Mutter.
    «Und dann?» Ich wurde ganz kribbelig.
    Frau Widdel outete sich als echte Mutter: «Hab ich mir gedacht, wenn’s dem Jungen schmeckt, dann probier ich es eben mal.»
    |258| «Und haben selbst ein Glas getrunken!» Ich klatschte vor Begeisterung in die Hände.
    «Wieder falsch. Ich hab mir gedacht, ich probier’s

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