Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
Vom Netzwerk:
Kindes ist. Das gilt auch dann, wenn es notwendig ist, Grenzen zu setzen, Anforderungen zu stellen, Richtungen aufzuzeigen und Verbote auszusprechen.
    Worum es beim Lernen wirklich geht
    Statt bei der Verbeamtung als Lehrer dem Staat ein Versprechen abgeben zu müssen, ein treuer, loyaler Staatsdiener zu sein, sollten alle Lehrer einen Eid darauf schwören, sich in all ihrem schulischen Handeln den Kindern zu verschreiben und die Werte und Überzeugungen, die sie selbst leben, beständig daraufhin zu überprüfen.
    Wenn ich mir Gedanken zum schulischen Lernen mache, unterscheide ich verschiedene Bereiche: die biologische Entwicklung, das kulturelle Lernen und das schöpferischen Tun.
    Ersteres ist durch biologische Entwicklungsprozesse festgelegt und geschieht mehr oder weniger automatisch, wie beispielsweise wenn ein Kind das Laufen oder Sprechen lernt. Aber auch das ständige interessierte Erkunden der Umwelt in seiner Vielfalt findet hier seinen Platz. Es kann durch Lob und Freude über das Erreichte und durch eine anregende Umgebung gefördert werden, aber in erster Linie gilt es, diese Entwicklungen nicht zu stören oder gar zu verhindern.

    Das kulturbezogene Lernen beinhaltet den Erwerb von Fähigkeiten und Qualifikationen, die in der jeweiligen Gesellschaft als Lebensgrundlage gesehen werden. In unserer Gesellschaft sind das in erster Linie das Lesen, Schreiben und Rechnen, im weiteren Sinne auch eine umfassende Allgemeinbildung, der Umgang mit dem Computer, Grundkenntnisse und —erfahrungen in den Naturwissenschaften oder das Beherrschen einer oder mehrerer Fremdsprachen.
    Das schöpferische Lernen und Tun bezieht sich auf die Fähigkeit, sich selbstständig Wissen anzueignen und dieses auch weiterzuentwickeln — allein und in verschiedenen Formen des Miteinanders mit anderen. Es bedeutet, kreativ, produktiv und schaffend tätig zu sein und die Umwelt daran teilhaben zu lassen. Außerdem umfasst dieses Lernen alle Tätigkeiten, die es einem Menschen ermöglichen, sich selbst in seiner Persönlichkeit und im sozialen Miteinander zu erleben und auszudrücken, sei es durch Theaterspielen und Tanz, durch künstlerisches Arbeiten, Malen oder Modellieren.
    Abhängig vom Lebensalter der Kinder gewichtet man diese drei Bereiche in der Schule unterschiedlich. Der entscheidende Aspekt aber ist, zu erkennen, wie diese Bereiche miteinander zusammenhängen, wie sie aufeinander aufbauen und in welch unterschiedlicher Art sie effektiv gefördert werden können.
    Nach meiner Erfahrung sind die meisten Kinder nicht in der Lage, sich Kulturtechniken fundiert selbst anzueignen. Nach anfänglicher Euphorie verlieren viele Kinder die Lust, wenn deutlich wird, dass man sich immer und immer wieder damit beschäftigen muss, was für viele anstrengend ist. Kinder wollen „können“, aber sie bringen häufig nicht die Ausdauer mit, um den Weg bis zum Ziel durchzuhalten. Zudem verkennen sie oft, wie komplex die Inhalte an sich sind und dass zur echten Beherrschung ein tief greifendes und umfassendes Verständnis notwendig ist, insbesondere wenn man auf Erlerntes dann auch weiter aufbauen will. Ebenso wenig entspricht es meiner Erfahrung, dass alle Kinder und Jugendlichen von allein kreativ und produktiv sind. Oft fehlen ihnen die dafür notwendigen grundlegenden Arbeitstechniken oder Fertigkeiten, häufig
die inspirierenden und weiterführenden Materialien, teilweise aber auch von vornherein die Ideen und Visionen. Auch das schöpferische Lernen und Wirken muss deshalb oft erst gelernt und begleitet werden.
    Lernen gelingt, wenn zum richtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen geschaffen werden, sodass das Kind beständig seinen Weg fortsetzen kann. Die pädagogische Aufgabe ist hier also in gewisser Weise eine planerische: Was ist nötig, damit es gut und sinnvoll weitergehen kann? Was muss jetzt angelegt werden, weil das Kind bestimmte Fähigkeiten in einigen Jahren benötigt? Welche Entwicklung dauert einfach länger und kann nicht in wenigen Stunden oder Tagen absolviert werden? Dabei ist das Erlernen von Kulturtechniken ganz anders zu unterstützen als das schöpferische Lernen. Und: Es muss gelingen, dass das Kind zu jedem Zeitpunkt einen Bezug zu sich selbst sieht und nicht nur für die ferne Zukunft lernt.
    Bei den Kulturtechniken oder dem umfassenden Allgemeinwissen steht das Ergebnis des Lernprozesses bereits vorab fest,

Weitere Kostenlose Bücher