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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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würde. Diese Erkenntnis kann hervorragend für den Unterricht genutzt werden, wenn Kinder sinnvoll beobachten können. So entstehen innere Bilder, die das Kind dann wieder selbst umsetzen kann. Kinder brauchen also unbedingt den Menschen — authentisch, leibhaftig —, um beobachten, abschauen und nachahmen zu können. Erst anschließend oder auch immer wieder zwischendurch geht es in die Phase des Selbstausprobierens und der Selbsttätigkeit. Einige moderne Lehrmethoden überspringen zumindest in der Form, in der sie an der Regelschule angekommen sind, den wichtigen Schritt des Beobachtens und fordern zu früh die Selbstständigkeit und die Selbsttätigkeit — was viele überforderte Kinder mit negativen Überzeugungen über ihre eigenen Fähigkeiten zurückgelassen hat. Es wäre oft gut, der Devise „First time — do it my way, then do it your way“ zu folgen, also beobachten, nachmachen, selbst machen, anders machen. Kinder schätzen oft klare Ansagen und klare Abläufe, solange die Möglichkeit besteht, auch eigene Wege zu gehen.
Ich mache inzwischen sehr viel vor und gemeinsam mit den Kindern. Wenn ein Kind etwas nicht kann, hat es das meist einfach noch nicht oft genug gesehen, gehört oder mitgemacht.
    Interessant wäre bezüglich der Abläufe im Gehirn noch, ob nicht sogar auch ein Lernen geschieht, das dem ähnelt, was beim wirklichen eigenen Tun entsteht, wenn sich ein Mensch etwas lediglich vorstellt. Diese Vorstellung könnte auf einer guten Erzählung beruhen und so ähnlich funktionieren wie das Phänomen, dass der Speichelfluss angeregt wird, wenn man sich vorstellt, in eine frisch aufgeschnittene Zitrone zu beißen. Anhand meiner Beobachtungen, wie Kinder auf innere Bilder reagieren, die ich mit ihnen entwickle, halte ich das durchaus für möglich.
    Die für mich wichtigste Erkenntnis aus meinen Studien der Neurobiologie ist aber: Der Mensch braucht Erfolgserlebnisse. Das ist tatsächlich biologisch nachweisbar. Im Gehirn sitzt eine Art „Schaltstelle“, die vor jeder Aktion prüft, ob diese erfolgreich sein kann. Ist die Aussicht darauf gering, wird diese Aktion automatisch nicht ausgeführt. Ist die Aussicht darauf groß, werden Glückshormone ausgeschüttet, die die Ausführung unterstützen sollen. Wollen wir also, dass alle Kinder lernen, so braucht jedes von ihnen unabdingbar sichtbare und fühlbare Erfolge, jedes muss Ziele erreichen und das Erfolgserlebnis dabei spüren können. Nur so entstehen die wichtigen förderlichen Überzeugungen und positiven Glaubenssätze, die einem Kind dazu verhelfen, auch einmal Durststrecken überbrücken, sich anstrengen und durchhalten zu können, wenn es nötig ist. Ohne die Hoffnung, dass sie Ziele erreichen können, resignieren Kinder und geben oft schon auf, bevor sie überhaupt angefangen haben.
    Wie ich lehre — mein Unterricht
    Für die mir anvertrauten Kinder stellt sich mir daher folgende Aufgabe, die ich in einem Bild ausdrücken möchte, um die entscheidende innere Qualität dieses Vorganges deutlich zu machen.
Ich nenne das gerne „inthronisieren“. Das bedeutet, dass ich mich als Pädagoge so verhalte, dass das Kind seinen Platz in seinem Leben einnimmt. Man hilft dem Kind, diesen Platz zu finden und verantwortlich zu werden. Als Pädagogin bereite ich das Kind gleichzeitig auf sein Wirken vor — wie einen König auf das Wirken in seinem Reich. Ich verhalte mich also ähnlich einer Gouvernante, die sich um den kleinen Prinzen kümmert, ihn aber von Anfang an als großen und eigenständigen Menschen anerkennt, ihn bewusst dazu befähigt, später die Geschicke eines ganzen Landes zu leiten und zu verantworten, und ihn nie unterjocht, sondern zulässt, dass er sich im Gefühl der Sicherheit mit jedem Tag mehr von ihr löst. Dabei steht das „Land“ als Synonym für das Leben des Kindes, in dem es der König ist. Jeder Mensch ist schlussendlich für sein Leben, sein Handeln und Wirken verantwortlich, doch zu wenige haben gelernt, diese Verantwortung wirklich zu übernehmen. Das entspricht dem König, der Sorge trägt für sein Königreich, der darauf achtet, dass es seinem Volk — dem Körper, dem Geist, seinem Besitz, seinen Fähigkeiten und Kompetenzen — stets gut geht. Der gesunde Außenbeziehungen führt. Der erkennt, wo es

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