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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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Probleme in seinem Königreich gibt, um sich dann verantwortungsvoll darum zu kümmern. Der insbesondere die Übersicht über all das behält und umsichtig und vorausschauend sein Königreich, sein Leben leitet. Es gilt also, sich als Erzieher im Umgang mit einem Kind immer wieder zu fragen: „Was benötigst du jetzt und für dein späteres Leben?“ Dabei muss der Pädagoge stets beachten, dass ein Mensch vor allem anderen seine Identität und seine Integrität braucht. Auf der Basis eines gesunden Selbstgefühls gilt es eine Selbstkompetenz zu entwickeln und darüber hinaus soziale und fachliche Kompetenzen zu erwerben.
    Sicherheit und Freiheit — wichtige Aspekte im Lernprozess
    Kinder zu Schulbeginn erleben gerade noch die Ausläufer der Phase „Die Welt ist gut“ und die Anfänge des „Die Welt ist schön“ (siehe ab Seite 177). Es gilt also einerseits den Kindern beruhigende Sicherheit zu vermitteln, andererseits auch der
Freude am Tun, am Miteinander und am Leben an sich Raum zu geben. Das ist die wichtigste Voraussetzung für gutes Lernen bei Kindern. Sicher, manche Kinder erleben schon viel Schreckliches und Trauriges. Es geht nicht darum, das zu leugnen oder sich damit nicht auseinanderzusetzen. Es geht vielmehr darum, zu verstehen, dass diese Grundgefühle von „Die Welt ist gut“, „Die Welt ist schön“ in einem Kind entwickelt sein sollten, damit es gesund und kraftvoll groß werden kann.
    Kinder brauchen dafür in erster Linie das Gefühl, dass jemand da ist. Dass sie wichtig sind, dass sie nicht vergessen wurden. Haben sie dieses Gefühl ehrlich bekommen und können sie darauf vertrauen, dass sie immer jemanden haben, der sie auffängt und schützt, wagen sie sich ganz anders in die Welt. Wenn Kinder in diesem sicheren Gefühl leben, gesehen zu werden, können sie auch einschätzen, wessen Bedürfnis nach sofortiger Zuwendung wichtig ist, und sie können dann auch warten, wenn es nötig ist. Ein Phänomen, das mich immer noch sehr erstaunt und berührt. Sehr plastisch war diesbezüglich die folgende Situation in einer ersten Klasse. Ein damals sehr verhaltensauffälliger Junge wurde mitten im Unterricht aufgrund irgendeines kleinen Zwischenfalls mit seinem Nachbarn wütend. Er schlug seinen Banknachbarn, fegte dann die gesamten Schulmaterialien vom Tisch und rannte weg. Viel Zeit hat man in so einer Situation nicht. Ich wandte mich dem geschlagenen Jungen zu, legte meine Hände auf seinen schmerzenden Arm und ließ ihn innerlich wissen, dass ich so lange für ihn da sein würde, wie er mich brauchte. Schon nach wenigen Sekunden blickte er mich mit seinen noch feuchten Augen an und sagte: „Schon gut, geh jetzt zu Paul!“ Ich suchte Paul im ganzen Schulhaus, bis ich ihn schluchzend auf einer Treppe sitzend vorfand. Er wollte sich nur an meiner Schulter anlehnen. Es war eine gefühlte Viertelstunde, die wir so zubrachten, bis er in den Arm genommen werden wollte, wir miteinander sprachen und auch er schließlich sagte: „Jetzt ist es wieder gut“, sodass wir zurück ins Klassenzimmer gehen konnten. Für Kinder ist es häufig mindestens genauso schlimm, jemanden zu schlagen, wie geschlagen zu werden. Oft wissen sie einfach nicht,
wie sie sich anders verhalten können, oder sie werden von der Situation überrumpelt. Selten gründet ihr Verhalten in echter Bösartigkeit als vielmehr in Hilflosigkeit. Sie sehnen sich nach jemandem, der sie nicht zuallererst ausschimpft, sondern sich wirklich in ihre Situation einfühlt, sie mit ihrem Schmerz annimmt und ihnen eine Alternative aufzeigt, mit sich und der Situation umzugehen.
    Nein, normalerweise sitzen die Kinder nicht so ruhig in ihren Bänken, wenn ich kurzzeitig das Klassenzimmer verlasse. In dieser Situation aber saß ein jedes auf seinem Platz und hatte sich eine stille Beschäftigung geholt — eine erste Klasse! Ich bedankte mich bei ihnen, dass sie uns die Zeit gegeben hatten, da meinte ein Kind nur: „Aber er hat dich doch gebraucht.“ Ja, dieses Mal sogar gut eine halbe Stunde, von da an aber nie mehr so lange. Es war, als ob es für Paul nur wichtig gewesen wäre, zu wissen, dass ich mir so lange Zeit nehmen würde, wie er mich braucht. Ganz erstaunlich für mich auch, dass Kinder aus diesem Grundgefühl heraus durchaus auch Sachzwänge verstehen oder

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