Was wir unseren Kindern in der Schule antun
schwierige, im Endergebnis aber vom Lehrer auf der Grundlage seines Unterrichts zu verantwortende Entscheidung ist.â
Zudem findet sich in diesen für mich verbindlichen Vorgaben Folgendes: âEs ist oft schwierig, Reorganisations- und Transferaufgaben auseinander zu halten, da sich die erwarteten Leistungen zweifelsohne überschneidenâ, oder auch: âStatistisch gesehen sind Noten Schätzurteile mithilfe einer Ordinalskala. Sie erlauben lediglich Aussagen darüber, dass z.B. eine Leistung der Note Drei besser ist als eine der Note Vierâ, oder auch: âEinigen sich möglichst viele Schulen auf eine Prozentwertverteilung mit Festlegung der Mindestkompetenz und auf anforderungsbezogene MaÃstäbe, wird in den Augen der Schüler und Eltern eine Vergleichbarkeit und damit in etwa auch eine
Gleichbehandlung der Schüler hergestellt.â Um ehrlich zu sein: Ich war entsetzt. Unabhängig davon, wo ich nun noch suchte, überall fanden sich lediglich intransparente, wenig aussagekräftige Angaben. Alle machten nur deutlich, dass das, was in der Schule gelernt wurde, gerade mal für die Note âVierâ, je nach Auslegung auch noch für die Note âDreiâ ausreichte. Bessere Noten können nur erzielt werden, wenn der Schüler darüber hinaus noch eigenständige Leistungen erbringt. Die Zuordnung zu einer Anforderungsstufe hängt also nicht von einer konkreten Aufgabe ab, sondern vielmehr vom erteilten Unterricht und davon, was geübt und durchgenommen worden ist. Schon per Definition ist jede geübte Aufgabe also eine Reproduktionsaufgabe.
Ist es nicht grotesk, dass gerade durch die Vorgaben für die Leistungsmessung der Lehrer indirekt angewiesen wird, gewisse Aufgaben weder durchzunehmen noch zu üben?
Zumindest war jetzt klar, worin sich der Vorwurf begründet, mit seinen Schülern zu viel und zu gut geübt zu haben â eine Formulierung, die man im Kontext mit Probeaufgaben immer wieder hört, auch von Eltern. Guter Unterricht und vielfaches Ãben, sodass jedes Kind die Inhalte verstanden hat, wird aufgrund dieser Vorgaben zu einem Fehlverhalten.
In jedem Fall findet sich in all den Unterlagen wenigstens die legale Begründung dafür, dass Noten in Bezug auf das tatsächliche Können ungerecht sein dürfen, weil sich die Anforderungen nach dem Unterricht in der Klasse richten. Was in der einen Klasse also eine Transferaufgabe ist, kann in der anderen bereits eine Reorganisationsaufgabe oder auch nur eine Reproduktionsaufgabe sein â je nachdem, welche Aufgaben konkret im Unterricht besprochen wurden.
Insbesondere heiÃt das dann aber auch, dass, wenn es mir gelingt, mit meinen Kindern so zu lernen, dass alle die höchste Kompetenzstufe beispielsweise beim Thema der Achsensymmetrie erreicht haben, ich dennoch allen die Note âVierâ geben müsste. Denn alle Aufgaben waren geübt und damit nur Reproduktionsaufgaben. Ist das nicht absurd? Wenn alle Kinder die höchste Kompetenzstufe erreichen, bekommen sie dennoch
nur eine Vier? Nur weil ich es mit ihnen geübt habe? Hier liegt der fatale Knackpunkt unseres Schulsystems. Auf der einen Seite sollen die Kinder möglichst hohe Kompetenzen erreichen, auf der anderen Seite orientiert sich die Notengebung nicht daran, welche tatsächlichen Kompetenzen erreicht wurden. Den Noten liegt ein relativer MaÃstab zugrunde. Und dieser macht die Leistungsbeurteilung daran fest, inwieweit ein Kind allein über das hinaus, was es im Unterricht gelernt und geübt hat, eine Leistung erbringt.
Aufgaben, die nicht geübt werden dürfen
Gerade diese für die Notengebung so entscheidenden Transferaufgaben und Aufgaben zum problemlösenden Denken sind noch einen genaueren Blick wert. Ich behaupte, dass es im Grundschulbereich keine oder wenn überhaupt nur ganz wenige solcher Aufgaben gibt, die ich im Nachfolgenden der leichteren Lesbarkeit halber immer verkürzt nur als Transferaufgaben bezeichne, da sich gerade dieser Begriff bei Eltern als gefürchtete Aufgabenstellung eingeprägt hat. In den meisten Fällen sind Transferaufgaben Aufgaben, die noch nicht durchgenommen wurden. Um diese Transferaufgaben zu lösen, müssen Kinder sozusagen ihrer Zeit beziehungsweise dem Unterricht voraus sein. In den anderen Fällen sind Aufgaben nur aus dem Blickwinkel von Erwachsenen Transferaufgaben, die weit mehr zusätzliche Information
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