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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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es in der Weimarer Republik, sich zumindest auf eine gemeinsame Grundschulzeit zu einigen. Die daran anschließende Aufteilung der Kinder auf die drei Schularten sollte nach deren Leistung erfolgen. Dennoch spiegelten die Schularten trotz Leistungsqualifikation von Anfang an die Herkunft der Kinder wider. Auch das hat sich bis heute nicht geändert, die PISA-Studien belegen dies.

    Unser Schulsystem selektiert in der praktischen Realität mehr oder minder subtil nach sozialen Schichten, auch wenn es offiziell anders klingt. Dies liegt an den Vorgaben zur Leistungsbeurteilung, die bedingen, dass nur wenige Kinder aus sozial benachteiligten Schichten Noten erhalten, die zum Besuch weiterführender Schulen berechtigen. Die anderen Kinder mit diesem sozialen Hintergrund werden von höherer Schulbildung ausgeschlossen.
    Begleitend zur Diskussion um die Aufteilung der Kinder auf die unterschiedlichen Schularten nach Leistung bildete sich ein Begabungsbegriff, der sich ebenfalls bis heute gehalten hat. Demgemäß gibt es theoretisch begabte, technisch und kaufmännisch begabte und handwerklich begabte Kinder. Anhand von Intelligenztests hat sich diese Ansicht noch ein wenig in Richtung „genetisch vorgegebenes Potenzial“ verlagert: Danach gibt es hochintelligente und intelligente Kinder, ebenso wie schwache, um nicht zu sagen dumme Kinder. Beide Konzepte dienen häufig als Rechtfertigung für den Erhalt der verschiedenen Schularten — und das auch vor dem Grundgesetz, nach dem jedes Kind das Recht auf Bildung und auf bestmögliche Entwicklung seiner Potenziale hat.
    Das scheinen schlüssige Argumentationen, wenn man sie nicht hinterfragt. Denn vieles, was wir im Alltag erleben, scheint diese Theorie zu belegen. Wir sehen Jugendliche im Fernsehen, die die einfachsten Fragen zur Allgemeinbildung nicht beantworten können, und andererseits Gymnasiasten, die bei einem Forschungsprojekt Preise gewinnen. Wir sehen das Kind mit der Eins in Mathematik und das mit der Fünf. Und wir stolpern im Internet immer mal wieder über einen Intelligenztest, der uns im besten Fall selbst eine hohe Intelligenz bescheinigt und uns daran erinnert, dass es Menschen mit einem IQ von hundertdreißig und einem von achtzig gibt.
    Wenn wir die Frage nach Veränderung unseres Schulsystems stellen, müssen wir bereit sein, unsere innere Haltung zu überdenken und in uns gewachsene Überzeugungen zu verändern. Doch wie Einstein schon sagte: „Es ist leichter ein Atom zu zertrümmern als eine vorgefasste Meinung.“

    Alle Kinder können lernen!
    Die Forschungen der Neurobiologie haben in den letzten Jahren deutlich gezeigt, dass die herkömmliche Begabungstheorie, die als Begründung für die Verteilung auf verschiedene Schularten genutzt wurde, nicht haltbar ist. Alle Kinder können lernen. Alle Kinder kommen mit Millionen von Nervenzellen auf die Welt, die sich in Abhängigkeit von der Umgebung und anderen Faktoren vernetzen und ein Leben lang weiterentwickeln (siehe Informationskapitel „Gehirn“, ab Seite 190). Die Ausreifung der einzelnen Teile des Gehirns erfolgt langsam und in Schritten. Zu Beginn des Schulalters sind erst die Voraussetzungen geschaffen, um systematisch lernen und Informationen verarbeiten zu können. Und erst mit Eintritt ins Erwachsenenalter werden die letzten Gebiete des Gehirns vernetzt, die ein zielgerichtetes Handeln und ein angemessenes soziales Verhalten steuern. Das Gehirn ist bis zum Lebensende veränderbar: Jede Erfahrung, jedes Lernen, jede Zuwendung, jede Ablehnung hinterlässt Spuren im Gehirn und formt es neu.
    Und was ist mit den Intelligenztests? Es gibt doch so stark unterschiedliche Intelligenzwerte? Durchaus, doch darf man auch hier die Frage stellen, wie es zu diesen Werten kommt. Bei den Noten liegen relative Vorgaben zugrunde, die ohne Aussage über ein absolutes Können die Leistungen der Kinder innerhalb einer Gruppe auf sechs Notenstufen verteilen. Bei den Intelligenztests ist es nicht anders. Auch hier ist durch die zugrunde gelegte Formel der Normalverteilung von vornherein festgelegt, wie sich die Werte innerhalb einer bestimmten Gruppe als relative Größe ergeben: Es wird festgestellt, wie intelligent jemand im Vergleich zu anderen ist, aber es wird keine absolute Aussage über die tatsächliche Intelligenz gemacht. Der Wert allein sagt nichts aus über die tatsächlichen Fähigkeiten der

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