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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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jedes Mal aus dem Unterricht geholt zu werden — und es noch dazu mit dem Problem alleinzulassen, wie es den dadurch versäumten Stoff nachholen sollte. Stattdessen lernte ich weiterhin wie schon im Vorjahr nach der Schule einzeln mit diesem Kind und arbeitete ihm für seine Zeit im Hort ein spezielles Übungsprogramm aus. Die offizielle Reaktion auf mein Verhalten war dann der Vorwurf, ich käme meiner Dienstpflicht nicht nach, sei nicht verantwortungsbewusst und verweigere Dienstanweisungen.
    Auch bei anderen Förderungen scheint die Bürokratie stets wichtiger zu sein als das, was mit dem tatsächlich Kind geschieht : Wird Kindern spezieller sonderpädagogischer Förderbedarf attestiert, haben diese Kinder ein Mal in der Woche eine Einzelstunde mit der Lehrkraft vom Sonderpädagogischen Mobilen Dienst zu bekommen. Auch während der normalen Unterrichtszeit und auch nur, wenn diese nicht ausfällt, was leider oft passiert. Nach Abzug der Wegezeiten bleiben gerade dreißig Minuten zur gemeinsamen Arbeit pro Woche — dafür, dass ein Schüler den Stempel „Sonderpädagogischer Förderbedarf“ mit sich herumträgt. So viel zum Thema Förderung.
    Auch nicht sinnvoll: Unterricht um jeden Preis
    Verständlicherweise setzen sich Eltern und auch Lehrer dafür ein, dass kein Unterricht ausfällt. Da aber einfach zu wenige
Lehrer vorhanden sind und auch nicht genug Vertretungslehrer, führt die Verpflichtung, keinen Unterricht ausfallen zu lassen, dazu, dass die Kinder auf verschiedene Klassen aufgeteilt werden. Sie sitzen dann entweder eng eingepfercht in Klassenzimmern, die nun aus allen Nähten platzen, oder auf dem Gang davor, und bearbeiten in Stillarbeit Arbeitsblätter. Der Unterricht wird so oft auch für mehrere andere Klassen noch beeinträchtigt und gestört. Eine andere Alternative: Eine Lehrerin übernimmt zwei oder gar mehr Klassen auf einmal und betreut sie in der Turnhalle, in der Aula oder im Pausenhof. Aber immerhin: Niemand muss sich den Vorwurf gefallen lassen, es wäre Unterricht ausgefallen.
    Aus dem gleichen Grund soll es auch kein „hitzefrei” mehr geben. Dabei wird es in vielen Klassenzimmern schon am frühen Vormittag so heiß, dass in dieser schwitzenden Menschenansammlung kein Lernen mehr möglich ist. So eine Wettersituation ist für viele Kinder sehr belastend. Gerade jüngere Kinder können sich noch nicht so gut selbst beherrschen und fühlen sich durch die Wärme und Enge schnell gereizt, angestrengt und unwohl. Oft ist man als Lehrer an solchen Tagen dann nur damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass die Kinder nicht ständig aneinandergeraten. Auch hier wird dann eher betreut als gelehrt, weil letzteres einfach nicht möglich ist. Draußen im Schatten eines Baumes weiterzuarbeiten, ist nur wenigen Klassen möglich, da aufgrund der Zusammenlegung von Schulen die Klassenzahl pro Schule inzwischen zu groß ist, als dass jede Klasse im Freien einen Platz zum Weiterarbeiten finden würde.
    Dass die an manchen Schulen so zahlreichen wie unwichtigen Lautsprecher-Durchsagen während des Unterrichts ebenso stören wie die ständig gurgelnde Heizung und die klappernde Tür, darüber spricht man schon gar nicht mehr. Auch, dass laute Bauarbeiten scheinbar prinzipiell während der Unterrichtszeit durchgeführt werden, nimmt man einfach als gegeben hin und macht das Beste daraus. Dass man aber zunehmend keine Bilder mehr an die Wände kleben darf, weil sonst die Farbe abgeht und schon nach wenigen Jahren neu gestrichen werden müsste, gibt einem dann doch zu denken.
    Lehreralltag: Unterwürfigkeit als Notwendigkeit
    Eine Darstellung der Bedingungen, unter denen Lehrer teilweise arbeiten müssen, erscheint mir wichtig in einem Buch, in dem es um Grundschulkinder geht und um den Alltag an unseren Schulen. Eine im Jahr 2007 von McKinsey veröffentlichte Studie bringt es auf den Punkt: Um gelingendes Lernen zu ermöglichen, ist der wichtigste Faktor der Lehrer. 1 Neben seinen fachlichen Kompetenzen ist das Wertvollste an seiner Person meines Erachtens gerade für jüngere Schüler, mit welch innerer Beteiligung und Liebe er seine Arbeit ausführt und wie tief sein Wunsch ist, sich um jedes einzelne Kind zu kümmern, für jedes da zu sein, jedem Kind Raum zu geben. Die dafür notwendige Anstrengungsbereitschaft und Energie wird er aber nur aufbringen

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