Was wir unseren Kindern in der Schule antun
streng dazu angehalten. Für solche Könner gilt die 10 000-Stunden-Regel: Sie haben sich bis zum zwanzigsten Lebensjahr mehr als 10 000 Stunden mit ihrem Spezialgebiet beschäftigt, demnach täglich mehrere Stunden. 8 Der Erfolg ist diesen begabten Leuten nicht in den Schoà gefallen, sondern war hart erarbeitet.
⢠In der Schule ist das nicht anders. Auch hier bringt Ãben den Erfolg. Beispiel Lesen: 9 Ein geübter Leser hat das Erkennen von Buchstaben hochgradig automatisiert und weiÃ, welche Buchstabengruppen welchen Silben zugeordnet sind; ein ungeübter Leser muss jeden Buchstaben in einen Laut übertragen und daraus mühsam ein Wort konstruieren. Der Arbeitsspeicher ist damit schon ausgelastet und der Lesende kann sich nicht auf den Sinn des Gelesenen konzentrieren. Diese Automatisierung ist in vielen Bereichen Voraussetzung für das Erlernen von Fähigkeiten: in der Schule beim Lesen, Schreiben und Rechnen, im Alltag beim Fahrradfahren oder beim Lenken eines Autos. Erst, wenn man die Grundlagen beherrscht, kann man sich voll dem neu anstehenden Problem widmen. Mehr Ruhe und Zeit zum Ãben sind eine gute Lösung.
⢠In der Schule einen Lernstoff nur ein Mal zu erwähnen, reicht nicht. Er wird nur von denen abgespeichert, die sich sowieso schon vorher damit befasst haben. Man kann nichts lernen, was man nur ein Mal gehört hat. Es ist einfach noch keine vergleichbare Repräsentation in der GroÃhirnrinde vorhanden (siehe âWie lernt das Gehirn?â, dort ab Seite 195). Somit können dann auch keine Zusammenhänge erkannt
oder gar Regeln abgeleitet werden. Es ist deshalb unfair, diesen Stoff allein daraufhin in einer Probe abzufragen und diese zu bewerten. Um einen Lernstoff den Schülern wirklich nahezubringen, bedarf es der Darstellung in mehreren Zusammenhängen und vielen Beispielen. Nur so können gute Repräsentationen im Gehirn verankert und vernetzt werden. Darauf lässt sich dann neuer Unterrichtsstoff aufbauen. Je mehr solide vernetzte Repräsentationen ein Kind (aber auch jeder Erwachsene) hat, also je mehr es schon weiÃ, umso leichter kann es neues mit altem Wissen verknüpfen.
⢠Jeder Schüler lernt aus einem Lerninhalt etwas anderes, je nachdem auf welchem Wissensstand er gerade ist (siehe Informationskapitel âGehirnâ, ab Seite 190). Es können ganz kleine Nuancen sein, die ihm zum Verständnis fehlen. Deshalb ist es so wichtig, viele ähnliche Beispiele zu üben, sodass jeder seine Lücke schlieÃen kann. Erst nach genügend Ãbung hat sich der Lernstoff âgesetztâ und weiterer kann darauf aufbauen.
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Die wichtige Rolle der Spiegelneurone und deren Bedeutung für die Schule
Es ist ein Irrtum zu glauben, der Schlüssel zum Gelingen unserer Entwicklung liege allein in unseren Genen. 10 Die bedeutende Frage, wie wir werden, was wir sind, hängt eng damit zusammen, wie andere beurteilen, was wir tun. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Prozess die Spiegelneurone (siehe Informationskapitel âGehirnâ, dort ab Seite 199). Dabei handelt es sich um Nervenzellen im Gehirn, die im eigenen Körper einen bestimmten Vorgang, wie zum Beispiel eine Handlung oder eine Empfindung, steuern können. Zugleich werden sie aber auch dann aktiv, wenn der gleiche Vorgang bei einer anderen Person nur beobachtet wird. Dies stärkt vor allem das Einfühlen in andere und die Empathie.
⢠In den ersten Lebensjahren orientiert sich ein Kind bei der Einschätzung aktueller Situationen daran, wie es von seiner Bezugsperson beurteilt wird. Es übernimmt diese Urteile sogar als Grundlage für die Bewertung der eigenen Person. 11 Das klassische Beispiel ist der fragende Blick hin zu den Eltern, wenn ein Kleinkind gefallen ist und von deren Reaktion das eigene Empfinden abhängig macht. Aus diesem Wechselspiel des gegenseitigen Einfühlens und Bewertens
bilden sich langsam das Selbstkonzept und die Empathiefähigkeit eines Menschen heraus. Das Wissen und die Meinung über uns selbst bestehen zu einem groÃen Teil aus der Summe jahrelanger Rückmeldungen, wie andere uns erleben und für was sie uns halten. 12
⢠Ein Kleinkind kann sich die Welt nicht selbst erschlieÃen. Es braucht präsente, lebendige Betreuer, die es behutsam anleiten und ihm Rückmeldung geben. Menschen und Figuren, die nur auf einem Bildschirm zu sehen sind, können mit dem Kind
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