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Wasdunkelbleibt

Wasdunkelbleibt

Titel: Wasdunkelbleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Seite?«, fragte Nero. »Oder haben sie die Seiten der ganzen bayerischen Polizei … ?« Er dachte an das Innenministerium. Probierte lieber nicht aus, ob der Link funktionierte. Das wäre der GAU. Der Supergau.
    »Mach dich jetzt nicht verrückt. Das technisch hinzukriegen, stellt kein großes Problem dar. Wir haben die Webseite für die Öffentlichkeit längst abgeschaltet. Nur ein paar Arbeitsplätze innerhalb des LKA haben noch Zugang.«
    »Scheiße!« Nero schlug mit den Fäusten hart auf den Schreibtisch. »Scheiße, verdammte!« Kaffee und Magensäure kamen ihm hoch. Gegen den Würgreiz ankämpfend, schluckte er.
    »Woncka tobt. Du solltest an diesem Patch arbeiten. Wie weit bist du, Nero?«
    »Du kennst den Zeitplan! Ihr alle kennt ihn! In drei Tagen hätte ich den Patch hochgeladen. Sämtliche Rechner wären innerhalb von weniger als dreißig Minuten aktualisiert und geschützt gewesen.«
    Gewesen. Kea mit ihrem Feingefühl für Worte könnte zu einem einzigen Partizip eine Menge sagen.
    »Das Defacing ist nicht unser größtes Problem. Unser Problem ist die Öffentlichkeit. Medien, Blogger und Co.« Freiflug griff nach seiner Thermoskanne. »Magst du Kaffee?«
    »Bloß nicht.«
    »Die Presse hatte natürlich sofort Wind von der Sache. Die Reporter hängen uns am Arsch. Ich bin dran, sämtliche Webseiten mit dem Status von gestern hochzuladen, damit die echte Version online ist. Vorher muss durchgecheckt werden, ob irgendwelche Würmer in den Dateien rumkriechen, die das ganze Schlamassel morgen früh zur selben Zeit neu auslösen könnten.«
    »Dann mach das.« Nero stand auf. Seine Stimme zitterte. Ihm war übel. So übel wie nie zuvor in seinem Leben.
    »Woncka will dich sehen.«
    »Habe ich mir gedacht. Ich gehe sofort.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Freiflugs Blick ausweichend, ging er zur Tür.
    »Nero?«
    »Ja?« Er drehte sich um.
    »Das hier ist nicht das ganze Leben.«
    »Nein.« Er verließ das winzige Büro. Am Türrahmen hielt er sich kurz fest. Ihn schwindelte.
     
     

21
    »Ich möchte nicht hier sprechen. Gehen wir in ein Café«, sagte Woncka beherrscht, als Nero bei ihm eintrat.
    Sie verließen das Gebäude zum Parkplatz hin, ein Spießrutenlauf für Nero, der in den Gesichtern der Kollegen, die ihm begegneten, eine Mischung aus Neugier, Verachtung, Ablehnung und Sensationslust ortete. Ihm schien es, als bliesen sich all diese Visagen zu verzerrten Fratzen auf. Er hielt sich gerade. Er war kein Delinquent.
    »Steigen Sie ein. Ich fahre.« Woncka hielt Nero die Beifahrertür seines Mustang auf. »Sie müssen verstehen, der Wagen ist eine Seite meiner Persönlichkeit, die im Beruf nicht zur Geltung kommt.«
    Nero nickte. Wonckas automobilistische Vorlieben waren ihm völlig gleichgültig. Er fühlte sein Herz pochen. Egal, was es tat, er war dankbar, dass es überhaupt schlug.
    Vor dem Gebäude wartete eine Schar Reporter, die sich zum Schutz vor dem Nieselregen unter Plastikplanen verkrochen hatten und dem Wagen entgeistert nachsahen. Woncka kurvte schweigend herum, bis er über die Nymphenburger Straße fuhr, zu schnell, wie es Nero schien, und ein paarmal abbog. Sie hielten vor einer Bäckerei.
    Nero roch das frische Brot, die Rosinenbrötchen. Sein Magen knurrte.
    Auf dem Verkaufstresen stand ein Adventsgesteck mit dunkelblauen Kerzen. Eine Frau in Jeans und schwarzem Rollkragenpullover band sich gerade eine Schürze um.
    »Schichtwechsel«, sagte sie freundlich. Das Lächeln stupste ihr Grübchen in die Wangen. »Was darf’s denn sein?«
    Ich bin dankbar, dass sie nett ist, durchfuhr es Nero. Ich bin schon dankbar, wenn ich Gebäck kaufe und dabei freundlich angeschaut werde.
    »Zwei Kaffee und zwei – was wollen Sie?«, fragte Woncka.
    Nero nahm einen Amerikaner und bat um grünen Tee anstelle von Kaffee. Sie balancierten ihre Bestellung in eine Ecke der Bäckerei, die vom Verkaufsraum durch eine Vitrine voller Kaffeemühlen getrennt wurde.
    »Drei Probleme, Keller.« Woncka begann, noch im Mantel, mit der Demontage. »Hier hört und sieht uns keiner. Sie stehen im Regen, und ich werde Sie da stehen lassen.«
    Neros Herz raste. Es würde zerspringen und in heißen Splittern aus seinem Körper dringen, ihn als Zombie zurücklassen, als Untoten. Instinktiv spürte er, dass hier die Jetons auf ein Spiel gesetzt waren, das er nicht gewinnen konnte, von dem er bis vor einer halben Stunde gar nicht gewusst hatte, dass es gespielt wurde. Was meinte Woncka mit ›im Regen

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