Wasdunkelbleibt
ausgegangen. Dass jemand Dv 0 ttny die Tür geöffnet hat. Mr. Unknown muss mehr wissen, als Dv 0 ttny wusste. Er hat Dv 0 ttny benutzt.«
Mir schwirrte der Kopf.
Mossbach sah mich mitleidig an. »Das ist ein bisschen so, wie mit verbundenen Augen Schach zu spielen«, sagte er. »Und zwar rückwärts.«
»Aber Freiflug hat Sonderurlaub, weil er das nicht mehr beweisen kann. Weil nämlich jemand sämtliche Löcher gestopft und den status quo instand gemogelt hat.«
»Eben. Also ist außer Dv 0 ttny noch jemand unterwegs.«
Ich goss mir einen Espresso ein und trank in ganz kleinen Schlucken. Meine Zellen lechzten nach Stoff.
»Freiflugs Einschätzung ist gefordert«, bestimmte Juliane. Sie sah zum Fenster hinaus. »Es schneit schon wieder.«
»Laut Psychogramm ist der Unbekannte nicht x 03 . Es ist jemand mit einem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis, ein harter Arbeiter, ein kluger Denker, der viele Schritte vorausberechnen kann. Und ein Insider. Konzentrieren wir uns auf diese Option«, schlug Mossbach vor.
Ich stand auf, bullerte an die Tür des Gästezimmers und schrie: »Markus! Pack deine Einzelteile zusammen und komm raus! Wir brauchen dich!«
49
Ein halbe Stunde später hockten wir in Cyns Transporter und rollten über die völlig verschneite Straße nach Ohlkirchen.
»Keine Angst, ich habe Schneeketten dabei«, sagte Cyn, während sie konzentriert den Wagen steuerte. In der eiskalten Luft knackte der Schnee unter ihren Reifen. »Seid ihr bereit?«
Freiflug rieb sich das Gesicht. Er sah übel aus: verkatert, panisch, ausgelutscht. Er ist der nächste, der mit einem Burnout zusammenbricht, dachte ich.
Es war kurz vor zwei Uhr. Langsam fuhren wir die verschneiten und völlig verlassenen Straßen in Ohlkirchens Neubaugebiet entlang. Hier hatten sich Staatsanwälte, Oberstudienräte und die Honoratioren des Ortes ihre Eigenheime hingestellt.
»Haben die einen Hund?«, fragte Freiflug aufgeregt.
Ich zuckte die Achseln.
»Videoüberwachung?«
»Allenfalls einen Bewegungsmelder«, frotzelte Juliane.
»Mit einer Kamera werde ich schon fertig.« Cyn hielt an, ließ den Motor weiterlaufen und streifte großspurig eine Fleecejacke über. »Bereit?«
50
Freiflug schwitzte am ganzen Körper. Mit Bier wäre ihm das nicht passiert. Er vertrug einfach keinen Rotwein. Selbst Whiskey oder Cognac hätten ihm keinen solchen Kater beschert.
Er zog Keas Schal übers Gesicht. Mossbach marschierte bereits durch den Garten im Anwesen der Huts. Er strahlte Potenz aus. In einem Ausmaß, das Freiflug fast aggressiv machte. Kea wollte auf der Straße Schmiere stehen, und Juliane lenkte den Transporter zurück in den Ort, damit das Fahrzeug nicht auffiel.
Ich kann da jetzt in nichts nachstehen, dachte Freiflug, während ihm der Schweiß über den Rücken rann. Die halten mich für ein Weichei. Sie glitten durch die Kellertür ins Haus. Mossbach besaß einen Dietrich. Es dauerte keine zwei Minuten.
Sie zogen die nassen Schuhe aus und schlichen auf Socken in die Wohnung hinauf. Wie ein Floh hüpfte Cyn voran.
»Ausschwärmen!«, befahl Mossbach.
Freiflug fühlte sich von der körperlichen Überlegenheit des anderen eingeschüchtert. Er hatte dringend Bedarf an einem Erfolg für sein Selbstbewusstsein. Er überließ den beiden das Erdgeschoss und stieg in den ersten Stock hinauf. Jugendzimmer waren immer oben. Mindestens eine Treppe vom spießigen Leben der Eltern entfernt.
Bastians Zimmer war unangetastet. Er war erst ein paar Tage tot, und obwohl Markus Freiflug in seinem Leben eine Menge Situationen dieser Art durchgestanden hatte, überwältigte ihn doch stets aufs Neue das Gefühl, der Verstorbene sei anwesend.
»Kommt rauf«, rief er leise ins Treppenhaus.
Bastian besaß zwei Rechner. Einer davon war ein Laptop. Freiflug würde nichts davon anfassen. Immerhin war er Beamter. Mit einem Taschentuch zog er die Schubladen auf. Das fühlte sich nicht ganz ungewohnt an. Allmählich stellte sich ein Gefühl von Routine und Sicherheit ein. Er fand eine Menge Computerkram, CDs, Kabel, Adapter, Ladegeräte.
Cyn wuchs hinter ihm aus dem Boden. »Ich kopiere seine Platten. Dann verschwinden wir.«
»Gut.«
Mossbach kam ins Zimmer. »Unten ist das Arbeitszimmer der Mutter. Unkorrigierte Klassenarbeiten und so weiter. Und ein Rechner.«
Cyn hatte bereits eine externe Festplatte angeschlossen und fuhr Bastians Rechner hoch. Freiflug sah nicht so genau hin. Er machte sich lieber an den Schränken zu
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