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Washington Square

Washington Square

Titel: Washington Square Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry James
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ist, wird ihm schon etwas einfallen, um sie zu trösten.«
    »Eine neue Marter wird ihm einfallen«, rief Mrs. Penniman. »Der Himmel bewahre sie vor dem Trost ihres Vaters! Der wird darin bestehen, über sie zu triumphieren und zu sagen: ›Das hab’ ich ja immer gesagt!‹«
    Morris wurde höchst unangenehmerweise rot.
    »Wenn Sie Catherine nicht besser trösten als mich, werden Sie mir sicher nicht sehr von Nutzen sein. Es ist eine verdammt unumgängliche Notwendigkeit; ich spüre das im höchsten Grad, und Sie sollten es mir leicht machen.«
    »Ich werde zeitlebens Ihre Freundin sein«, versicherte Mrs. Penniman.
    »Seien Sie
jetzt
meine Freundin!« Und Morris ging weiter.
    Sie ging mit; beinahe zitterte sie.
    »Wollen Sie, daß ich es ihr schonend beibringe?« fragte sie.
    »Sie dürfen es ihr nicht mitteilen, aber Sie können – Sie können –« Und er zögerte und versuchte etwas zu ersinnen, was Mrs. Penniman tun könnte. »Sie können |221| ihr erklären, warum es geschieht. Es geschieht, weil ich es nicht fertigbringe, mich zwischen sie und ihren Vater zu stellen – ihm den Vorwand zu liefern, nach dem er so begierig greift (ein abstoßender Anblick ist das!), um sie ihrer Rechte zu berauben.«
    Mrs. Penniman erkannte mit beachtlicher Schnelligkeit den Reiz dieser Formulierung.
    »Das sind ganz Sie«, sagte sie. »Das ist so scharfsinnig erfühlt.«
    Morris schwang ärgerlich seinen Stock. »Oh, verdammt!« rief er unwillig.
    Mrs. Penniman indes wurde dadurch nicht abgeschreckt.
    »Es kann noch alles besser werden, als Sie denken. Catherine ist schließlich so besonders.« Und sie dachte, daß sie es wohl auf sich nehmen könne, ihm zu versichern, daß das Mädchen, was auch immer geschehen mochte, ganz ruhig bleiben werde –, daß es nicht Lärm schlagen werde. Sie führten ihren Spaziergang fort, und im Weitergehen nahm Mrs. Penniman noch andere Dinge auf sich und hatte sich zu guter Letzt eine beträchtliche Last aufgeladen, indes Morris, wie sich vorstellen läßt, nur allzu bereit war, alles von sich auf sie abzuschieben. Doch auch nicht einen Augenblick lang ließ er sich von ihrer alles verpfuschenden Bereitwilligkeit täuschen; er wußte, daß sie von all dem, was sie versprach, höchstens einen geringfügigen Bruchteil auszuführen in der Lage war, und je mehr sie ihre Bereitwilligkeit versicherte, ihm zu Diensten zu sein, für eine desto ausgemachtere Närrin hielt er sie.
    »Was wollen Sie anfangen, wenn Sie Catherine nicht heiraten?« wagte sie im Lauf dieser Unterhaltung zu erkunden.
    |222| »Etwas Glanzvolles«, verkündete Morris. »Hätten Sie es nicht gern, wenn ich etwas Glanzvolles tun würde?«
    Diese Vorstellung machte Mrs. Penniman außerordentliches Vergnügen.
    »Ich würde mir gräßlich hintergangen vorkommen, wenn Sie das nicht tun würden.«
    »Ich muß es wohl, um das hier wieder wettzumachen. Das ist nämlich überhaupt nicht glanzvoll, wissen Sie.«
    Mrs. Penniman dachte eine kleine Weile nach, als könnte es vielleicht noch eine Möglichkeit geben, doch etwas Glanzvolles daran ausfindig zu machen; aber sie mußte den Versuch aufgeben, und um über die Unannehmlichkeit des Mißerfolgs hinwegzukommen, wagte sie eine neuerliche Erkundigung.
    »Haben Sie – haben Sie eine andere Heirat vor?«
    Morris nahm diese Frage mit einer abfälligen Feststellung auf, die kaum weniger ungehörig war dadurch, daß sie nicht zu hören war. »Frauen sind doch plumper als Männer!« Und dann entgegnete er vernehmbar: »Um nichts in der Welt!«
    Mrs. Penniman fühlte sich enttäuscht und gekränkt, und sie verschaffte sich durch einen schwachen, fast etwas sarkastischen Ausruf Erleichterung. Er war wirklich eigensinnig. »Ich gebe sie nicht wegen einer anderen Frau auf, sondern um einer größer angelegten Laufbahn willen«, verkündete Morris.
    Das hörte sich ungemein großartig an; aber Mrs. Penniman, die fühlte, daß sie sich bloßgestellt hatte, war noch etwas erbittert.
    »Haben Sie denn vor, sie niemals wieder zu besuchen?« fragte sie nicht ohne Schärfe.
    »Aber nein, ich komme schon wieder; doch was nützt es denn, die Angelegenheit hinauszuzögern? Seit sie |223| zurück ist, war ich schon viermal bei ihr, und es ist eine fürchterlich unangenehme Aufgabe. Ich kann nicht unbegrenzt so weitermachen; das dürfte sie nicht erwarten, verstehen Sie. Eine Frau sollte niemals einen Mann krampfhaft festhalten wollen«, setzte er scharfsinnig hinzu.
    »Oh, aber ihr müßt doch zum

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