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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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Finger
hoch. »Zwei Burger, Sammy. Und keine Eile.«
    Sekunden später streckt uns der Mann hinter der Theke zwei
Blechtabletts entgegen. Ich nehme eins, Grady das andere. Dann hält er einen
zusammengerollten Geldschein hoch.
    »Lass gut sein«, winkt der Koch ab. »Dein Geld ist hier nichts
wert.«
    »Danke, Sammy«, sagt Grady, als er das Geld einsteckt. »Das weiß ich
zu schätzen.«
    Er geht zu einem ramponierten Tisch und schwingt ein Bein über die
Bank. Ich setze mich gegenüber hin.
    »Also, was gibt’s?«, frage ich, während ich mit dem Finger über
einen Knubbel im Holz streiche.
    Grady blickt sich verstohlen um. »Ein paar von den Jungs, die es
letzte Nacht erwischt hat, haben uns eingeholt«, sagt er. Dann nimmt er seinen
Burger in die Hand und schweigt, während drei Tropfen Fett auf seinen Teller
fallen.
    »Sind sie jetzt etwa hier?«, frage ich, recke den Hals und suche die
Budengasse ab. Bis auf ein paar Männer vor der Kuriositätenschau –
wahrscheinlich warten sie darauf, zu Barbara gelassen zu werden – sind alle
Gadjos im Chapiteau.
    »Sei leise«, sagt Grady. »Ja, fünf sind hier.«
    »Ist Walter …?« Mein Herz hämmert. Im gleichen Moment, in dem ich
seinen Namen ausspreche, zuckt Grady mit den Augen, und ich habe meine Antwort.
    »Oh, Gott«, sage ich und wende den Kopf ab. Ich blinzle Tränen weg
und schlucke. Es dauert einen Augenblick, bis ich mich gefasst habe. »Was ist
passiert?«
    Grady legt seinen Burger auf den Teller. Er schweigt volle fünf
Sekunden lang, bevor er antwortet, und dann spricht er leise und tonlos. »Sie
haben sie über der Brücke rausgeworfen, allesamt. Camel ist mit dem Kopf auf
die Steine geknallt. Er war sofort tot. Walters Beine waren völlig zertrümmert.
Sie mussten ihn zurücklassen.« Er schluckt und fügt hinzu: »Sie glauben nicht,
dass er die Nacht überlebt hat.«
    Mit starrem Blick sehe ich in die Ferne. Eine Fliege landet auf
meiner Hand. Ich verscheuche sie. »Was ist mit den anderen?«
    »Sie haben überlebt. Ein paar haben sich verkrümelt, der Rest hat
uns eingeholt.« Er blickt sich nach allen Seiten um. »Bill ist auch dabei.«
    »Was haben sie vor?«, frage ich.
    »Das hat er nicht gesagt«, antwortet Grady. »So oder so, sie machen
Onkel Al fertig. Wenn’s irgend geht, werde ich ihnen helfen.«
    »Warum erzählst du mir das?«
    »Damit du dich fernhalten kannst. Camel war dein Freund, und das
vergessen wir nicht.« Er lehnt sich mit der Brust gegen den Tisch. »Außerdem«,
flüstert er, »glaube ich, du hast im Moment ’ne Menge zu verlieren.«
    Ich blicke ihn scharf an. Er erwidert meinen Blick mit hochgezogener
Augenbraue.
    Oh, Gott. Er weiß es. Und wenn er es weiß, wissen es alle. Wir
müssen verschwinden, und zwar jetzt gleich.
    Tosender Applaus brandet aus dem Chapiteau, und das Orchester gleitet
nahtlos in den Gounod-Walzer. Ich drehe mich zur Menagerie. Das ist ein Reflex,
denn Marlena steigt entweder gerade auf Rosies Kopf oder sitzt schon oben.
    »Ich muss los«, sage ich.
    »Setz dich«, meint Grady. »Iss. Wenn du dich aus dem Staub machst,
bekommst du vielleicht eine ganze Weile lang nichts mehr zu beißen.«
    Er stemmt die Ellbogen auf den groben, gräulichen Holztisch und
nimmt seinen Burger in die Hand.
    Ich betrachte meinen und überlege, ob ich ihn hinuntergewürgt
bekomme.
    Noch bevor ich ihn in die Hand nehmen kann, bricht die Musik mit
einem Kreischen ab. Die Bläser rasseln scheußlich zusammen, am Schluss hört man
das hohle Klirren eines Beckens. Es wabert aus dem Chapiteau über den
Zirkusplatz und hinterlässt nur Stille.
    Grady erstarrt über seinen Burger gebeugt.
    Ich sehe mich um. Niemand rührt sich – alle Blicke hängen am
Chapiteau. Ein paar Büschel Stroh taumeln träge über die harte Erde.
    »Was ist los? Was ist passiert?«, frage ich.
    »Psst«, zischt Grady.
    Das Orchester setzt wieder ein, es spielt »Stars and Stripes
Forever«.
    »Oh, Gott. Verdammter Mist!« Grady springt auf, dabei wirft er die
Bank um.
    »Was? Was ist los?«
    »Der Katastrophenmarsch!«, ruft er und rennt los.
    Jeder, der zur Show gehört, stürzt auf das Chapiteau zu. Ich stehe
auf und bleibe verwirrt hinter der Bank stehen, denn ich verstehe nicht, was
passiert. Ich wirble zum Koch herum, der sich mit seiner Schürze abmüht. »Wovon
zum Teufel redet er?«, rufe ich.
    »Vom Katastrophenmarsch«, sagt er und zerrt sich umständlich die
Schürze über den Kopf. »Das heißt, es ist was Schlimmes passiert – was

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