Wasser
überwachen. Andere regionale Regierungen, zum Beispiel in Kastilien-La Mancha, sollen Helikopter losgeschickt haben, um die Wasservorräte der Nachbarregionen auszuspionieren.
»Immer weniger Menschen kaufen sich Häuser in Spanien. Was soll man mit einem Swimmingpool ohne Wasser?« Solche Schlagzeilen sind immer häufiger zu lesen, nachdem sich Briten, Skandinavier und andere Nordeuropäer jahrelang auf die Sonnenküste gestürzt und dort Anwesen erworben haben. Ich fahre durch ein Tourismusgebiet, in dem viele Schwimmbecken leer sind und öffentliche Brunnen stillgelegt wurden. Zeitungen warnen davor, dass Millionen von Spaniern aufgrund des örtlichen Wassermangels demnächst zum Kauf von Mineralwasserflaschen übergehen müssten. Immer wiederkehrende Trockenperioden und der permanente Überverbrauch von Wasser haben dazu geführt, dass einige Wasserreservoire nur noch zehn Prozent ihrer normalen Kapazität führen. Und gleichzeitig spekulieren Klimaforscher darüber, dass die Temperaturen in Südspanien bis 2020 um 2,5 Grad und bis 2050 sogar um 5 Grad ansteigen werden und sich parallel dazu der Niederschlag um 25 Prozent verringern wird. Glauben wir diesen Voraussagen, wird Südspanien also noch mehr Sonnenschein bekommen und gleichzeitig über noch weniger Wasser verfügen.
Trotz der strukturellen Wasserkrise, die immer dann akut wird, wenn es besonders trocken ist, erweitern die Bauern die auf künstliche Bewässerung angewiesenen Anbauflächen, und Immobilienfirmen bauen noch mehr Häuser und Hotels mit Swimmingpools. Allein in der Region Murcia planten die Behörden vor der großen Krise eine Verdoppelung des touristisch nutzbaren Potenzials innerhalb von zehn Jahren, was einer Million Hotelbetten und 100 000 neuen Ferienwohnungen entspräche. 35 Währenddessen gehen die Vereinten Nationen davon aus, dass die nordafrikanische Wüste nach Spanien »überspringt« und bis zum Jahr 2050 ein Drittel des Landes einnimmt.
Die wasserarmen Regionen setzen mittlerweile auf Wassersparmaßnahmen. Golfplätze beispielsweise werden immer häufiger mit wieder aufbereitetem Wasser versorgt und nicht mehr mit Frischwasser. Ungeachtet dessen sind Politiker und Einwohner im Süden der Ansicht, dass einfach nur mehr Wasser herangeführt werden müsse; da Spanien im Prinzip über viel Wasser verfüge, sollten die Regionen im Norden das Wasser mit ihren Landsleuten im Süden teilen.
Die Zentralregierung in Madrid wurde gebeten, für eine gerechtere Verteilung des Wassers zu sorgen. Seit den 1990er Jahren kursieren auch Pläne, Wasser aus den österreichischen Alpen und der Rhone in Frankreich bis nach Barcelona zu leiten. Der umfassendste und am realistischsten klingende Plan besteht allerdings darin, dem größten Fluss des Landes, dem Ebro, Wasser zu entnehmen und durch Kanäle und Tunnel in den Süden fließen zu lassen. Der Nationale Plan zur Wasserwirtschaft umfasst zwei Hauptkomponenten: Eine Überführung von jährlich mehr als 1000 Kubikhektometern Wasser aus dem Ebro in die katalanischen Flüsse Júcar, Segura und die südlicher liegenden Wasserläufe sowie ein Paket mit 889 Projekten zur Kontrolle des Wassers.
»Unser Ebro darf nicht dazu missbraucht werden, Golfplätze und touristische Anlagen zu bewässern!«, wurde dagegen auf einer der größten Demonstrationen in der jüngeren Geschichte Spaniens gerufen. 400 000 Menschen versammelten sich Ende 2000 in Saragossa an den Ufern des Ebro und skandierten Parolen gegen den von der Regierung beabsichtigten hydrologischen Plan. Die Demonstranten meinten, dass das Projekt eine ökologische Katastrophe nach sich ziehen würde, und forderten stattdessen eine neue Wasserpolitik – eine blaue Revolution auf Grundlage einer ganz anderen Philosophie.
Ungeachtet dessen setzte der konservative spanische Ministerpräsident José María Aznar 2004 mit dem ersten Spatenstich das umstrittene Projekt in Gang. »Die vom Ebro wegführenden Kanäle werden allen nutzen und niemandem schaden«, erklärte er.
Die Gegner des Projektes sind jedoch anderer Auffassung. Als die Sozialdemokraten noch im selben Jahr an die Regierung kamen, lösten sie ihr Versprechen ein: Bereits am ersten Tag nach Regierungsübernahme verwarfen sie den kompletten Plan. Die neue Regierung betonte, dass der Bau von 15 Meerwasserentsalzungsanlagen genauso viel Wasser produzieren würde, wie die Umleitungen aus dem Ebro, und das auch noch wesentlich schneller und kostengünstiger. Ein Plan also, der logischer
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