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Wasser

Wasser

Titel: Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Tvedt
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bilden, die genügend Erträge hervorbrachte, so dass Handwerker, Soldaten, Staatenlenker und Dichter nicht mehr selbst auf die Jagd nach Essbarem gehen oder ein Feld bestellen mussten, konnte Zivilisation entstehen und erhalten bleiben. Die Umleitung von Wasser verknüpft somit Vergangenheit und Zukunft der Zivilisation miteinander und drückt eine tiefgehende Kontinuität in unserer Entwicklung aus.
    Während viele Menschen, besonders in Westeuropa, der Ansicht sind, dass die Zeit der großen Projekte vorbei sei, weil sie zu sehr in die natürlichen Kreisläufe eingreifen und enorme Summen verschlingen, werden trotz allem im Laufe der nächsten Jahrzehnte die größten Pläne des Wassermanagements der Weltgeschichte in Gang gesetzt. Diese werden nicht nur das physische Erscheinungsbild ganzer Weltregionen verändern, sondern auch die Entwicklung wichtiger Länder und Landschaften sowie die Stabilität und Autorität zentraler Staaten beeinflussen.
    Die Angst vor einem steigenden Meeresspiegel, vor noch mehr Überschwemmungen oder längeren Trockenperioden wird dazu führen, dass in den Kampf gegen oder für Wasser immer mehr Länder verwickelt werden. Derzeit ist zunehmend von einer globalen Wasserkrise die Rede, doch parallel dazu werden mehr und mehr große Süßwasservorkommen unter der Erde oder dem Meeresboden entdeckt. Auch die Entsalzung von Wasser wird künftig wichtiger sein als heute. Denn es gibt keine globale Wasserkrise, sondern nur mangelnde Fähigkeiten, Wasser zu kontrollieren, zu nutzen und angemessen zu verteilen. Die Art der Wassernutzung wird, wie schon früher in der Geschichte der Menschheit, fundamentale Bedeutung für Besiedlungsstrukturen, für die Beziehungenzwischen Stadt und Land sowie das Machtverhältnis der Staaten untereinander haben. Hinzu kommt, dass einige Wissenschaftler Wasser für den Treibstoff der Zukunft halten und die NASA die Entdeckung von Wasser auf dem Mars als einen »Fahrschein ins Weltall« betrachtet.

Wasserüberfluss in der Wüste, Wasserfabriken in Florida
    Der Schrifsteller Mark Twain soll einmal gesagt haben, dass Whisky zum Trinken da sei und Wasser, um darum zu kämpfen. Vor kurzem klagte der Gouverneur von Arizona, dass Nevada und Las Vegas Wasser aus dem gemeinsamen Colorado River stehlen würden – und zwar »mit vorgehaltener Pistole«. Aber als ich während meiner Taxifahrt über den Las Vegas Strip aus dem Fenster blicke, kann ich weder Krisenstimmung noch Wassermangel erkennen, dafür jedoch eine abstoßend prahlerische Modernität, die gleichwohl verlockend und verwirrend wirkt – das Pilgerzentrum des Postmodernismus. Denn Las Vegas ist so etwas wie die übersteigerte Selbstinszenierung der modernen Gesellschaft. Wie eine exotische Pflanze aus Stahl und Beton reckt sich die Wüstenmetropole in den Himmel, als bezöge sie ihre Nahrung von den Sternen. Vor gut einhundert Jahren von Mormonen gegründet, war Las Vegas bis weit über den Zweiten Weltkrieg hinaus ein Durchgangsort und ein verstaubter Rastplatz für alle, die die Wüste durchqueren mussten, bis es schließlich zum Mekka der Unterhaltungsindustrie und der Kasinospieler avancierte. Innerhalb weniger Jahrzehnte wurde aus der Wüste ein urbanes Neonparadies, und im Schein der Lichter überbieten sich gigantische Springbrunnen und riesige Swimmingpools am Straßenrand mit ihrem Reichtum an Wasser.
    Ich betrete eines der großen Hotels, die hier in Reih und Glied stehen, um mir die künstlichen Wasserfälle und Flussläufe im Inneren anzusehen. Die auf nostalgische Stimmung angelegte Stadt bedient mit aparten Nachahmungen römischer Tempel und Fontänen sowie pyramidenförmigen Hotels und einer ganzen Hotelgruppe, die die Skyline von Manhattan kopiert, die Publikumserwartungen der Gegenwart. Technologie und Künstlichkeit machen das heutige Las Vegas brutal faszinierend, lassen es aber auch in einem interessanten historischen Licht erscheinen. Ich kenne keine andere Stadt,in der der Glaube an die Überwindung der Natur so energisch, vordergründig und ohne jeden Zweifel daherkommt.
    An den Spieltischen und Glücksspielautomaten dieser großen Kasino-Hotels mit bis zu 5000 Betten, in denen einst Elvis Presley sein Abschiedskonzert gab und Mike Tyson seinem Gegner Evander Holyfield ein Stück Ohr abbiss, servieren leicht bekleidete Kellnerinnen den einsamen Spielern kühle Drinks. Doch das wirklich schicksalhafte Spiel in Las Vegas findet an den Zeichenbrettern der Wasserbauingenieure und den

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