Wassergeld
bekommen. Macht ihr euren Ausflug auf dem Rhein, bis heute Nachmittag wird der Hubschrauber startklar sein.«
Hubschrauber. Warum musste sie das nochmals erwähnen. Ich war bisher ein einziges Mal in so einem Ding gesessen und habe gekotzt wie bei meiner ersten Obduktion mit Dr. Hingstenberg. Ich versuchte, die Erinnerung daran zu verdrängen.
»Los, Gerhard, heute fahre ich.«
»Das geht auch nicht anders«, antwortete er. »Mein Wagen sieht aus wie nach der Rallye Paris–Dakar. Wenn wir damit bei der Entenpolizei auftauchen würden –«
Wir fuhren nach Ludwigshafen. Die Dienststelle der Wasserschutzpolizei befand sich seit noch nicht allzu langer Zeit in der Hafenstraße auf der Parkinsel. Die frühere Dienststelle musste dem neu gebauten Rheincenter weichen, einem riesigen und kontrovers diskutierten Einkaufszentrum direkt am Rhein, mit dem Ludwigshafen versuchte, die nach Mannheim flüchtende Kaufkraft in der pfälzischen Metropole zu halten. Die Dienststelle war nicht leicht zu finden. Nur ein Hinweisschild an der breiten Einfahrt eines Unternehmens zeigte uns, dass wir richtig waren. Im hinteren Bereich eines fußballfeldgroßen Parkplatz fanden wir einen freien Platz. In einer Ecke versteckte sich ein dreistöckiges Gebäude. Die Eingangstür stand offen. Anhand der Klingelschilder erkannten wir, dass neben der Dienststelle weitere Unternehmen in dem Gebäude ansässig waren. Im Treppenhaus konnten Gerhard und ich keine Hinweise auf unsere Kollegen finden. Also gingen wir nach dem Ausschlussverfahren vor. Alle vom Treppenhaus abführende Türen waren mit Firmenschildern bestückt. Die Sache war klar: Wir mussten einen Stock höher. Dort das gleiche Spiel. Als wir die Hälfte der Treppe zum dritten Stock nach oben gegangen waren, erkannten wir am Ende des Treppenaufgangs eine einzelne Tür, die wie ein Speicherzugang aussah. Verwundert blieben wir stehen.
»Haben wir etwas übersehen, Gerhard? Warst du schon einmal hier?«
Mein Kollege verneinte. »Von einem Keller habe ich auch nichts bemerkt.«
Ich schmunzelte. »Vielleicht arbeiten die Kollegen komplett auf dem Wasser? Ich habe sowieso nie ganz verstanden, was die so machen.«
Zu unserer Rettung wurde in diesem Moment die Speichertür geöffnet und ein uniformierter Kollege schaute heraus. »Wollen Sie zu uns?«, fragte er höflich.
»Wenn ich Sie so anschaue, stimmt die Richtung. Wir kommen von der Kripo Schifferstadt.«
»Ah, die Landratten. Wir warten schon eine Weile auf Sie. Kommen Sie hoch.«
Hinter der Speichertür erwartete uns eine ganz normale Dienststelle, die sich über das gesamte Stockwerk zog. Ein Mann mit mehreren Streifen auf seiner Uniform kam auf uns zu.
»Herr Palzki, Herr Steinbeißer, herzlich willkommen bei uns. Mein Name ist Heinz Strommeier. Ich bin der Dienststellenleiter der Wasserschutzpolizei Ludwigshafen. Kommen Sie bitte mit in mein Büro.«
Während wir ihm folgten, fuhr er fort: »Ich habe zwar gerade Besuch, aber das soll Sie nicht stören.«
Erstaunt blickten wir in das knabenhafte Gesicht von Dietmar Becker, dem Archäologiestudenten. Dieser Grobmotoriker mit seinem ausgeprägten Gewissen, das ihn bei der kleinsten Lüge rot werden ließ, tauchte seit Monaten stets unverhofft während meiner Ermittlungsarbeiten auf. Anfangs schien es noch zufällig zu sein, bis ich erfuhr, dass er nicht nur nebenbei als freier Journalist für Zeitungen arbeitete, sondern als Schriftsteller regionale Kriminalgeschichten schrieb. Die Verbrechen schienen ihn magisch anzuziehen. Trotzdem mochte ich ihn wegen seiner ehrlichen und offenen Art.
»Was machen Sie hier, Herr Becker? Ich habe schon fast Sehnsucht nach Ihnen bekommen.«
Herr Strommeier stand da, unfähig, etwas zu sagen.
»Hallo, Herr Palzki«, grinste mich der Student an. »Ich habe selbst erst vor ein paar Minuten erfahren, dass Sie einen Termin mit Herrn Strommeier haben.« Er schaute mich fragend an: »Hat es mit dem Deichbruch zu tun, von dem ich im Radio hörte?«
Der Chef der Wasserschutzpolizei fand seine Sprache wieder. »Oh, ich wusste nicht, dass Sie sich kennen. Herr Becker ist nur zufällig hier. Er will einen Artikel über unsere Polizeiarbeit schreiben. Viele Menschen wissen überhaupt nicht, was wir so den ganzen Tag treiben, daher habe ich ihm selbstverständlich Unterstützung zugesagt. Da wir samstags meist wenig Betrieb haben, habe ich ihn zu einer kleinen Fahrt auf dem Rhein eingeladen, um ihm unsere Aufgabengebiete plastisch vorzuführen.
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