Wassergeld
ein komisches Gefühl in der Magengegend, das ich nicht deuten konnte und höchstwahrscheinlich nichts mit dem Wellengang zu tun hatte.
6. Endlich ein Mord
Nach unserer Rückkehr ließ ich mich von Herrn Strommeier zu einer Tasse Kaffee in seinem Büro überreden.
»Es dauert aber ein paar Minuten, Herr Palzki.« Strommeier schwenkte eine Glaskanne mit Segelschiffmotiv in der Luft. »Ich muss die alte Kaffeemaschine füttern, die eigentlich schon in Rente ist. Normalerweise könnte ich zu unserem neuen Kaffeeautomaten im Pausenraum gehen, doch irgendein Kollege hat seinen Frust daran ausgelassen, was ich sogar verstehen kann. Nie spuckt der Automat das aus, was man trinken will. Ich habe noch nie so einen widerspenstigen Kaffeeautomaten erlebt.«
Er sprach mir aus der Seele. Bisher dachte ich, die Schifferstadter Kriminalinspektion wäre die einzige auf dieser Welt mit solchen Problemen.
Während wir den durchaus genießbaren und sehr bekömmlichen Kaffee tranken, erfuhr ich, dass spätestens übermorgen die betreffende Rheinstelle mit modernster Sonartechnik und einem Metalldetektor abgesucht werden soll. Der Chef der Wasserschutzpolizei spekulierte, dass die Kiste durch den Wasserdruck trotz ihres Gewichts schon mehrere 100 Meter talwärts weitergedrückt worden sein könnte.
*
Eine knappe Stunde später fuhr ich in den Waldspitzweg in Schifferstadt. Für einen Sonntag war der Parkplatz im Hof der Kriminalinspektion gut gefüllt. Die Leute in der Einsatzzentrale schienen nicht unter zu wenig Arbeit zu leiden.
Juttas Büro war leer, was sehr ungewöhnlich war, da ich ihren Dienstwagen im Hof geortet hatte. Ich ging zur Zentrale, um sie ausrufen zu lassen. Der wachhabende Beamte wusste Bescheid, er schickte mich in KPDs Büro.
Es war etwas Besonderes, das Büro des Dienststellenleiters zu betreten. Kein einziger Aktenordner störte die Ästhetik. Auf einem Bücherregal standen Restaurantführer zwischen klassischer Literatur. Ob KPD das alles gelesen hatte? Ich dagegen wusste nicht einmal, ob ›Das Lied von der Glocke‹ von Schiller oder Goethe war. Oder auch von Shakespeare, was mich nicht im Entferntesten störte. Solches Wissen brachte mich im Leben nicht weiter. Daher blendete ich es aus. Die restlichen Wände wirkten wie eine Gemäldeausstellung. Zwei Kandinsky-Drucke erkannte ich sofort, es stand schließlich groß genug darunter. Wie es unser Vorgesetzter geschafft hatte, auf legalem Weg ein zweisitziges Plüschsofa in sein Büro zu bringen, war mir unerklärlich. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er dafür eine Genehmigung des Präsidiums hatte. Der Chefsessel hinter dem Mahagoni-Schreibtisch war opulent. Bei Gelegenheit würde ich ihm sagen, dass in diesem Zimmer ein Thron fehlte.
KPD saß mit Gerhard und einer erholt aussehenden Jutta an einem Besprechungstisch, der um ein Mehrfaches größer war als die in unserer Inspektion üblichen. Zwischen zwei Kannen Kaffee stand eine Platte mit belegten Brötchen.
»Wo haben Sie sich so lange herumgetrieben?«, begrüßte mich mein Vorgesetzter nuschelnd, während er mit einem Zahnstocher in seinem Gebiss hantierte. »Der Chef des Bergungstrupps hat bereits vor über einer Stunde angerufen. Er hat mich ernsthaft gefragt, ob wir das nächste Mal keinen fähigeren Beamten schicken könnten. Was ist passiert?«
Gerhard goss sich eine Tasse Kaffee ein. Ich merkte mir die Kanne, um mir auf keinen Fall aus ihr einzuschenken. »Wir haben nur einen kleinen verbalen Machtkampf zwischen zwei erwachsenen Männern ausgetragen, also nichts Ungewöhnliches.«
»Diese verdammte Kiste ist wirklich nicht aufgetaucht?«
»Ich habe sie nicht gesehen. Ich war nur über dem Wasser, Herr Diefenbach.«
KPD hatte sich gerade ein größeres Stück Lachsbrötchen in den Mund geschoben, daher dauerte es eine Weile, bis er antworten konnte. Jutta schaute mich interessiert an, Gerhard wirkte gelangweilt.
»Vielleicht hätte ich selbst mitkommen sollen«, warf sich unser Vorgesetzter in die Brust. »Vor zwei Jahren war ich im Roten Meer schnorcheln. Da lernt man, wie es unter Wasser aussieht.«
Gerhard schaute missmutig zu Boden, so, als hätte er diese Geschichte schon hundertmal gehört und warte jetzt darauf, dass KPD seinen Diaprojektor auspackte und die 5.000 besten Dias seines Schnorchelurlaubs vorführte.
»Herr Diefenbach«, Jutta versuchte, das Gespräch in die richtigen Bahnen zu lenken, »Sie wollten etwas ganz Wichtiges vorschlagen, bevor Herr Palzki zur
Weitere Kostenlose Bücher