Wassergeld
Zeit, näher darüber nachzudenken. Zu unübersichtlich war die Lage: ein allen Personen fremdes Gelände, die gefährlichen Gauner, die Bepos, Gerhard und Jutta, die Wasserschutzpolizei sowie meine Wenigkeit. Daher musste ich mich nicht nur vor dem Matrosen Monato und vor von Welchingen in Acht nehmen, sondern auch zusehen, nicht in ein ›friendly fire‹ zu geraten. Ich konnte nur hoffen, dass die Bepos nicht überreagierten, wenn sie mich in meiner verdreckten Kleidung antrafen.
Nachdem wir das Ufer erreicht hatten, rannten wir die wenigen Schritte bis zu einem der Tankwaggons, die uns einen guten Sichtschutz boten. Leider war es zugleich auch eine Sichtbehinderung. Schneller, als ich schauen konnten, verteilten sich die Wasserschutzbeamten auf beide Seiten entlang des Zuges. Im Nu waren alle Beamten inklusive Friedrichsen aus meinem Blickfeld verschwunden. Na dann, sagte ich zu mir, jetzt mal los. Da ich sowieso nicht mehr die sauberste Erscheinung bot, stieg ich nicht über die Verbindungskuppel zweier Waggons, sondern kroch darunter durch. Meine knackenden Gelenke ignorierte ich. Vor mir sah ich einen der mächtigen Tanks, in dessen Sockel halbmeterdicke Metallrohre hineinführten. Überhaupt war es ein heilloses Wirrwarr an Rohren, die die einzelnen Tanks miteinander verbanden oder zumindest auf den ersten Blick völlig kreuz und quer durch die Anlage verliefen. Eine bessere Deckung konnte ich mir nicht wünschen. Im Entengang watschelte ich die kurze Strecke zu dem für mich nächstliegenden Tank. Ich blickte kurz zurück und konnte schemenhaft die Rosalinde erspähen. Meine Blase und mein Bauch zwickten. Letzterer gab mir zu verstehen, dass ich besser zum Frachter zurückkehren sollte. Doch was sollte ich meinen Enkelkindern an langen Winterabenden am Kamin erzählen, wenn nicht so etwas? Ich schlich an einem Rohr entlang, das parallel zur seitlichen Begrenzung des Betriebsgeländes verlief. Links eine hohe Mauer, rechts ein paar Rohre und ein zylindrischer Tankbehälter neben dem anderen. Nachdem ich an mehreren Tankbehältern entlanggekrochen war, traute ich mich zwischen zweien nach vorne. Da auch dort der Platz fast komplett mit Rohren und anderen Leitungen belegt war, kam ich um die eine oder andere Turnübung nicht herum. Liegend auf einem Kabelbett konnte ich in das Innere des Betriebsgeländes blicken. Ich sah einen etwa 400 Quadratmeter großen Innenhof, der von drei Seiten mit Tanks in verschiedenen Größen eingefasst war. Mir gegenüber befand sich ein einstöckiges verklinkertes Gebäude mit Flachdach. Auf dem Hof parkten zwei Tanklastwagen, ein dritter stand seitlich neben dem Gebäude. Ich gönnte mir eine Verschnaufpause und beobachte die Umgebung sehr aufmerksam. Meine Augen schienen sich inzwischen auf die Dunkelheit eingestellt zu haben. Details konnte ich zwar immer noch nicht erkennen, einen groben Überblick hatte ich aber allemal.
Über den Hof gehen oder rennen dürfte zu riskant sein. Irgendwo auf dem Gelände sollten sich inzwischen neben den Gaunern zahlreiche Beamte aufhalten. Ich hatte eine Idee. Um jeden der Tanks rankte sich auf der Außenwand eine Metalltreppe nach oben. Die Dunkelheit und die Schutzweste waren meine beiden Argumente, die Treppe langsam nach oben zu steigen. Der Metallboden machte einen Höllenlärm. Es half nichts, trotz der Kälte zog ich meine Schuhe aus und schlich auf Socken nach oben. Ich hatte etwa die Hälfte des Tanks erklommen, als ich zwei Schatten aus dem Gebäude kommen sah, die über den Hof mehr oder weniger direkt in meine Richtung kamen. Einer der beiden schleppte einen größeren Gegenstand. Das sah mir nicht nach Kollegen aus. Ich bückte mich, um mich so gut es ging zu verbergen. Die beiden Schatten gingen direkt zum Nachbartank und waren nun keine zehn Meter schräg nach unten von mir entfernt. Ich konnte nur hoffen, dass keiner nach oben sah. Alles, was ich mitbekam, war, dass die zwei Personen einen würfelförmigen Gegenstand neben den Tankbehälter stellten oder dort befestigten. Ein paar kleinere Schläge, wie von einem Hammer, folgten. Die Personen unterhielten sich nicht und ihre Gesichter waren aus dieser Entfernung nicht zu erkennen. Sie trugen zudem weite Regenponchos. Was sie im Einzelnen machten, konnte ich mir von hier oben nicht erklären. Es dauerte nicht sehr lange, bis sich die beiden lautlosen Schatten, diesmal ohne Behälter, auf den Weg zurück zum Haus machten.
Ich gab mir zwei Sicherheitsminuten und schlich
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