Wassergeld
»Und ich dachte, das Handy wäre nur verloren gegangen. Da hätte ich den Zünder ja gar nicht im Rhein versenken müssen.«
»Nachdem du die Drähte herausgezogen hast, nicht. Ansonsten wäre das Gerät scharf geblieben. Vielleicht hätten andere Geräusche die Explosion ausgelöst, ich habe keine Ahnung, wie genau das justiert war.«
14. Kommt Becker zu spät?
Wir verließen das Gebäude. Herr Strommeier und seine Mitarbeiter hatten sich bereits verabschiedet, um zu Fuß zu ihrer Dienststelle zu gelangen. Mangels eigener Kollegen zeigte ich dem Leiter der Bereitschaftspolizei das Rohr mit den Sprengstangen sowie die ungefähre Stelle, an der ich die Kiste mit dem Zünder versenkt hatte. Die Bepo wollte so lange bleiben, bis die Spurensicherung ankam. Außerdem fand ich endlich eine günstige Gelegenheit, mich zu erleichtern.
Jutta hatte während meiner kleinen Betriebsführung eifrig mit ihrem Handy telefoniert. »Trotz der späten Stunde habe ich tatsächlich KPD erreicht. Er ist erleichtert, dass er und seine Mitarbeiter die Erpresser festnehmen konnten.« Sie nickte. »Ja, genau das waren seine Worte. Morgen früh will er eine Pressekonferenz geben. Ich fragte ihn, ob ich ihm später im Büro alles berichten soll, doch davon hielt er nichts und meinte, dass er sich das Ganze auch so vorstellen kann.«
»Hauptsache, ich bekomme morgen früh mein Bier«, war mein einziger Kommentar auf diese krasse, aber nicht ungewöhnliche KPD-Aussage.
»Apropos Bier«, sagte Jutta mit einem strengen Blick. »Was ist mit meinem Wagen?«
Ich machte eine kleine Pause, um die Spannung zu erhöhen und antwortete ihr kleinlaut: »Na ja, so ein paar kleine Geräusche sind da schon, die am Anfang nicht waren.«
»Ein paar kleine Geräusche? Wie soll ich das verstehen, Reiner? Ist der Wagen noch fahrbereit oder nicht?«
»Natürlich kann man damit noch fahren, Kollegin. Er kommt aber in seiner Außenwirkung, insbesondere mit Sondersignal, akustisch nicht mehr so dezent daher wie früher. Das ist bestimmt einfach zu reparieren. Gerhard wird dir so lange seinen Wagen leihen.«
Dieser wollte aus begreiflichen Gründen das Thema Dienstwagen nicht vertiefen. »Lasst uns nach Hause fahren. Deinen Wagen holen wir morgen ab, Jutta. Sonst stehen wir noch eine weitere Stunde im Stau. Übrigens, hast du bei KPD veranlasst, dass die Brückensperrung aufgehoben wird?«
»Nein, er ließ mich nicht mal zu Wort kommen. Als Vorgesetzter sollte er aber von allein drauf kommen«, meinte sie.
»Wenn nicht, hören wir es morgen früh in den Nachrichten«, ergänzte ich.
Als wir an Juttas und Gerhards Leihwagen ankamen, der ein gutes Stück vom Betriebsgelände entfernt geparkt war, musterte mich meine Kollegin wortlos von oben bis unten, öffnete den Kofferraum und holte eine Plane hervor, wie man sie auf Baustellen verwendete.
»Ich habe mal gesehen, wie du Gerhards Wagen versaut hast«, klärte sie mich lapidar auf, während sie die Plane über den Beifahrersitz legte. »Du steigst am besten vorne ein, da ist die Verschmutzungsgefahr niedriger.«
Ich gehorchte.
Jutta fuhr mich zur Dienststelle, denn ich beharrte darauf, meinen Wagen mit nach Hause zu nehmen. Der Hauptgrund war, morgen früh nicht zur Arbeit laufen zu müssen. Daheim angekommen zog ich diverse Werbematerialien aus meinem Briefkasten und fand dabei meinen Haustürersatzschlüssel, den ich heute früh Frau Ackermann gegeben hatte. In der Wohnung war es angenehm warm, der Heizungsnotdienst musste gute Arbeit geleistet haben. Der mir verhasste Anrufbeantworter blinkte nicht, was ich als Fortsetzung meiner Glückssträhne ansah. Doch im gleichen Moment fiel mir Stefanie ein. Warum hatte sie nicht auf den Anrufbeantworter gesprochen? Interessierte sie nicht, wie es mir ging, oder nahm sie nur Rücksicht auf meine AB-Phobie? Ab Mittwochmittag würde sie mit den Kindern kommen und über Weihnachten bei mir wohnen. Dieses Mal würde es klappen: Ich hatte Urlaub genommen, der aktuelle Fall war so gut wie abgeschlossen, nichts sprach gegen ein friedliches und entspanntes Weihnachtsfest zusammen mit der kompletten Familie. Wenn ich mich etwas am Riemen reißen würde und in keine unüberlegten Eskapaden hineinstürzte, standen die Chancen gut, dass Stefanie nach den Ferien blieb und ihre Wohnung in Ludwigshafen kündigte. In Gedanken räumte ich bereits das Gästezimmer aus und tapezierte es mit einer Benjamin-Blümchen-Tapete. Immer noch war ich nicht darüber informiert, ob Stefanie
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