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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Bescheid wusste. Er hatte ihn damit empfindlich treffen wollen – und es hatte funktioniert. Aber das wollte Eric seinen Kollegen nicht auf die Nase binden, vor allem der Sperling nicht.
    Die war während des Wortwechsels auffallend still gewesen. Jetzt räusperte sie sich und rutschte auf dem Stuhl nach vorn.
    «Mir bereitet etwas anderes Kopfzerbrechen», sagte sie.
    «Aha», machte Eric.
    «Der Täter zielt darauf ab, Sie persönlich zu treffen. Die Frage ist doch: Ist er jetzt fertig oder gibt es noch jemanden?»
    Eric ahnte, dass auch seine Kollegen schon darüber nachgedacht hatten, aber die Sperling war wieder mal als Einzige dreist genug, die Frage laut zu stellen.
    «Haben Sie Kinder?», schob sie hinterher. Wahrscheinlich war ihr selbst klar geworden, wie anzüglich ihre Frage klingen musste.
    «Nein», sagte Eric. «Und es gibt auch keine weitere Prostituierte, mit der ich verkehre – wenn es das ist, was Sie eigentlich wissen wollten.»
    «Und wenn es so wäre», fuhr Nielsen dazwischen, «dann würdest du es uns doch sagen, nach allem, was passiert ist. Nicht wahr, Eric?»
    Die beiden sahen sich an, als würden sie die Klingen kreuzen.
    Eric schüttelte den Kopf.
    «Ich weiß wirklich nicht, wen der Wassermann sich noch holen könnte.»

33
    Lavinia.
    Gegenüber der Eingangstür hing die große elektronische Tafel mit den Abflugzeiten, und sie stand direkt darunter, neben sich ein mittelgroßer roter Koffer mit schwarzen Bandschnallen und ein schwarzer Rucksack. Sie trug enge Jeans und ein grünes Shirt. Ihre Jacke hatte sie über den ausgezogenen Griff des Koffers gelegt. So wie sie da stand, war sie bereit für den Abflug, und das überraschte Frank.
    Sie hatte ihn nicht gerufen, damit er sie nach Hause fuhr. Vielleicht hatte sie nur ein schlechtes Gewissen bekommen und sich doch noch von ihm verabschieden wollen, bevor sie irgendwohin verschwand.
    Frank trat auf sie zu.
    «Hallo», sagte er leise. «Du fliegst weg?»
    «Was ist mit deinem Gesicht passiert?», fragte Lavinia, statt zu antworten.
    Die Schramme an der Wange hatte Frank in der Aufregung ganz vergessen. Jetzt hob er die Hand und berührte die empfindliche Stelle.
    «Das waren deine grillfreudigen Nachbarn.»
    Erschrocken riss sie ihre rechte Hand zum Mund. «Meine was? Die Hockmanns?»
    «Keine Ahnung, wie die heißen, aber sie sind sehr schwer, wenn sie auf einem hocken, und sie mögen keine Fremden. Sie dachten, ich wollte bei dir einbrechen. Da haben sie mich zur Strecke gebracht.»
    «O nein!», sagte Lavinia, trat einen Schritt vor und streckte die Hand aus, um seine Wunde zu berühren. Frank zuckte zurück.
    «Wir waren verabredet, schon vergessen?»
    Sie sah ihn an, und ihre langen Wimpern formten einen Strahlenkranz um ihre Augen. Sie schämte sich, das konnte er sehen.
    «Nein, ich hab’s nicht vergessen. Es … Es tut mir leid, wirklich.»
    Frank zeigte auf ihr Gepäck.
    «Aber du ziehst es vor, zu verreisen.»
    Lavinia schüttelte den Kopf, senkte ihren Blick zu Boden und sah ihn dann wieder an.
    «Ich habe Panik bekommen. Als du mich abgesetzt hast, wartete schon ein Polizist vor meiner Tür. Er hat mich gewarnt. Wegen dieser alten Geschichte, und … Ich weiß auch nicht … Ich habe den Kopf verloren und wollte nur noch so weit weg wie möglich.»
    Ihre Augen begannen zu glänzen, und sie hob die Hand, um an dem Nagel ihres rechten Zeigefingers zu kauen.
    «Und warum hast du mich jetzt herkommen lassen?», fragte Frank. Er verstand immer noch nicht, was er von alldem halten sollte.
    Sie zuckte auf eine hilflose, verzweifelte Art mit den Schultern.
    «Mir ist klar geworden, dass ich davor nicht weglaufen kann, und außerdem … Es tut mir leid, ich hätte dich anrufen müssen.»
    «Ja, hättest du. Auf die Bekanntschaft mit deinen Nachbarn hätte ich nämlich gut verzichten können.»
    Lavinia streckte die Hand aus und berührte ihn leicht an der Schulter.
    «Bitte entschuldige. Ich war einfach nur in Panik und habe nicht nachgedacht.»
    Frank sah sie an und nickte. Er war nur zu gern bereit, ihre Entschuldigung anzunehmen und ihr noch einmal sein Vertrauen zu schenken.
    «Du willst also nicht mehr weg?»
    Sie schüttelte den Kopf, und ihr Haar flog von einer Seite auf die andere.
    «Nein. Ich muss das erst zu Ende bringen. Sonst werde ich die Schatten der Vergangenheit niemals los.»
    «Dieser Polizist an deiner Haustür? Hat er dich vor dem Mann gewarnt, von dem ich geträumt habe? Ist es der, der dich

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