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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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versetzt. Im Crescendo war er überzeugt gewesen, sich verwandelt zu haben, so wie auch das Wasser sich ständig verwandelte. Doch jetzt, Stunden später, im leisen Nachhall der Töne gefangen, fand er doch nur wieder sein altes Ich.
    Und das war abermals voller Wut.
    Stiffler dort am Ufer zu sehen hatte ihn so sehr in Rage versetzt, dass er beinahe leichtsinnig geworden und auf ihn losgegangen wäre. Es war schon leichtsinnig gewesen, ihn so nah an sich herankommen zu lassen. Er hatte ja gewusst, dass sie ihm durch das Wasser in Anna Meyers Lunge auf die Spur kommen würden. Jeder Anfänger verfügte über solches Polizeiwissen. Genau deshalb hatte er sie in diesem kleinen See ertränkt und nicht im Fluss. Das eine Opfer sollte zum anderen führen, und jede von Stifflers Frauen sollte ihn näher an den Gorreg locken. Aber er durfte nicht zu früh dort auftauchen. Stiffler war in der Lage, perfide Fallen zu stellen, das hatte er schließlich schon einmal getan.
    Nein, hier am Gorreg mussten sie allein aufeinandertreffen. Nur sie beide. Schon allein die Vorstellung ließ die Wut abermals aufwallen.
    Nach seiner Rückkehr war er vom Steg aus noch einmal in das nächtlich schwarze Wasser gestiegen. Diesmal jedoch nackt. Er lag auf dem Rücken, hielt sich mit leichten Bewegungen über Wasser und starrte zum Himmel hinauf.
    Von Westen waren Wolken herangezogen, hatten sich vor den Mond und die Sterne geschoben und alles Licht aus der Welt getilgt. So dunkel wie in dieser Nacht war es noch nie zuvor gewesen, und die Dunkelheit war sogar in ihm.
    Er schloss die Augen und konzentrierte sich. Auf die leichten Bewegungen des Wassers, auf den Pulsschlag des Sees, auf den Rhythmus dieser Welt. Dabei wurde er ruhiger und ruhiger. Sein Herzschlag verlangsamte sich und fiel auf weniger als dreißig Schläge in der Minute. Durch Konzentration und Übung geriet er in einen Zustand der Trance, und schließlich, als er eins war mit dem Wasser, hörte er auf, sich zu bewegen.
    Sein Körper sank hinab. Schwebte.
    Er drehte sich herum und tauchte tiefer.
    Er befand sich über der tiefsten Stelle des Sees. Fast siebzig Meter weit ging es hinunter in absolute Schwärze und Stille. Schon nach wenigen Metern setzte der Tauchreflex ein. Sein Herzschlag verlangsamte sich weiter, das Blut sammelte sich am Herzen und im Kopf. Ab dreißig Meter begann die Tiefe an ihm zu ziehen, und er hörte auf, sich zu bewegen, gab sich dem freien Fall hin. Dieses Gefühl war mit nichts anderem zu vergleichen.
    Er streckte seine Fühler aus, tastete, fühlte, durchforstete die Schwärze, suchte nach ihr. Er wusste genau, sie war noch hier. Im Wasser ging nichts verloren, alles wurde darin konserviert. Seele war nichts anderes als Energie, und auch die speicherte das Wasser.
    Es wurde jetzt rasch kälter, aber das machte ihm nichts aus. Das Blut hatte sich aus seinen Extremitäten zurückgezogen, er fühlte dort nichts mehr.
    Kälte, Schwärze und absolute Stille. Er war dennoch nicht allein.
    Inmitten der Schwärze tauchte ein heller Fleck auf. Ein Schemen, nicht mehr, aber er bildete sich ein, dass sie es war, die nach ihm rief. Er stoppte seinen freien Fall, wollte auf sie zuschwimmen, doch im selben Moment verschwand sie. Er drehte sich im Kreis, tauchte hierhin und dorthin und fand sie doch nicht wieder. Er kämpfte gegen den Atemreflex und das starke Ziehen in seiner Kehle, suchte weiter. Aber dann musste er auftauchen. Als sein Kopf die Wasseroberfläche durchstieß, entrang sich seiner Kehle ein gequälter Schrei. Wie das Heulen eines hungrigen Wolfes schallte er durch die Nacht.

40
    Gleich hinter der Tür lauerte die Einsamkeit, und das war zu viel für Manuela.
    Schon auf der Fahrt nach Hause hatte sie gespürt, wie sich die Tränen hinter ihren Augen sammelten, aber geglaubt, sie zurückdrängen zu können. Vielleicht wäre es ihr sogar gelungen, wenn sie nicht in ihre einsame Wohnung zurückgemusst hätte. In der WG, aus der sie erst vor zwei Wochen ausgezogen war, hatte sie zwei Jahre lang mit Agnes und Sabrina zusammengelebt. Agnes studierte Medizin, Sabrina Germanistik. Sie waren alle im gleichen Alter und im Großen und Ganzen ein tolles Gespann gewesen, auch wenn es am Ende eng geworden war. Manuela hatte daher den Entschluss gefasst, es auf eigenen Beinen zu versuchen. Bisher hatte sie nichts vermisst. Sie hatte es sogar genossen, in eine ruhige, große und saubere Wohnung zurückkehren zu können, und sie hatte sich auf den ersten Typen

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