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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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dürfen. He, ich schlafe auf dem Zusatzbett und komm dir nicht zu nahe, okay? Ich bin viel zu erledigt, um dich in Versuchung zu führen.«
    Ich zögerte. »Heute nachmittag in der Bar hast du von irgendwelchen Gefahren gesprochen.«
    Celeste seufzte. »Meine Güte – über dem Südpol gibt es ein Loch in der Ozonschicht, so groß wie die Vereinigten Staaten. Und außerdem haben wir einen senilen Schauspieler als Präsidenten, dem es gefällt, den Finger am Drücker zu haben – nur ist es diesmal kein Revolver aus einem drittklassigen Western, sondern der berühmte rote Knopf, mit dem die Raketen gestartet werden können. Sind das für dich etwa keine Gefahren? Wenn du mich fragst: Es genügt völlig, um ein sensibles Mädchen Zuflucht bei Drogen suchen zu lassen.«
    Ich brachte ihr den zweiten Drink. »Ich dachte, du machtest dir vielleicht Sorgen wegen deiner … gefiederten Freunde.«
    Sie winkte müde ab. »Wir haben unser Treffen auf morgen abend verschoben. Bis dahin bist du sicher schon längst weg, wie?«
    Ich setzte mich aufs andere Bett und kam zu dem Schluß, daß mir eigentlich gar keine Wahl blieb. Sicher: Ich hätte im Zimmer Kessels auf dem Boden schlafen können, aber er hätte mich bestimmt um eine Erklärung gebeten.
    »Möchtest du die Geschichte hören, die ganze Geschichte?« Celestes Stimme klang nicht mehr ganz deutlich. »Verdammt, ich will, daß du sie dir anhörst! Und anschließend sollst du sie für mich schreiben. Von mir aus kannst du sie mit einem Happy-End abschließen.«
    Und so begann sie noch einmal von vorn, wobei sie den Koks nicht der Zensur unterwarf. Die Sache mit der Reisegesellschaft entsprach im großen und ganzen dem geltenden Recht. Bis zur Pleite. Dann machte Fonz den Versuch, sein Unternehmen zu retten, indem er anbot, für einige bolivianische Cocaleros zu schmuggeln, die ihre Profite verbessern und auf die Dienste von Zwischenhändlern verzichten wollten. Gemeinsam flogen sie des öfteren nach Santa Cruz im westlichen Dschungelgebiet, wo sie mit verschiedenen Verbindungsleuten Roberto Suarez’ zusammentrafen, der einen Großteil des Drogenhandels von Bolivien kontrollierte. Fonz hatte bereits einen erfolgreichen Transport hinter sich, fünfhundert Kilo Rohkokain von Lima nach Atlanta gebracht und einen zweiten Auftrag in Aussicht, als er plötzlich verschwand. Zunächst fürchtete Celeste, jemand könne es auch auf sie abgesehen haben, und sie ging erst nach La Paz und kehrte anschließend für einige Wochen in die Staaten zurück. Doch niemand trat an sie heran – abgesehen von einigen Selbständigen, die über sie versuchten, Kontakt zu Fonz aufzunehmen. Auf diesen Umstand gründete sich ihre anschließende Tätigkeit als »Beraterin«: Sie brachte Schmugglernachwuchs nach Santa Cruz und stellte ihn dort den Leuten vor, mit denen Fonz sie bekannt gemacht hatte. An den eigentlichen Geschäften nahm sie nicht teil. »Geringe Bezahlung, geringes Risiko«, sagte sie. »Mit dem Unterschied allerdings, daß man die Bezahlung gar nicht als so gering bezeichnen kann. Und natürlich ist man in diesem Job nicht unbedingt so sicher wie an einem Zeichenbrett.«
    Inzwischen nippte Celeste bereits an ihrem dritten Doppelten. Sie erzählte mir eine bizarre Geschichte, berichtete, wie sie zusammen mit Fonz einen Curandero namens Don Emilio besuchte, der in der Nähe von Exaltacion lebte, nördlich von Trinidad-am-Beni – einem weiteren Zentrum des Kokainschmuggels. Fonz kannte Don Emilio schon seit Jahren und ließ sich von ihm den kranken Rücken behandeln. Don Emilio hatte ein Rezept für alle Leiden, ganz gleich, ob sie körperlicher oder geistiger Natur waren: Ayahuasca, eine Art heiliges Halluzinogen, das aus bestimmten Pflanzen gewonnen wurde. »Ist nicht wie Koks«, sagte Celeste. »Nein, ganz und gar nicht, eher wie Speed – nur hat Speed überhaupt nichts Magisches.« Zunächst zögerte Don Emilio, Celeste mit der Ayahuasca- Zeremonie vertraut zu machen, aber hundert amerikanische Dollar änderten seine Einstellung. »Sie werden eine eindrucksvolle Vision erleben«, versprach Don Emilio auf Quechua, der Sprache der Inkas. Fonz übersetzte.
    »Das Zeug war warm und braun und schmeckte etwa so wie Schmieröl – ja, wie deine komischen Manhattans.« Celeste kicherte. »Kaum hatte ich es im Magen, da wußte ich, daß ich kotzen mußte. Ich taumelte aus der Hütte und hatte das Gefühl, mein Inneres stülpe sich nach außen. Als ich zurückkehrte, ging’s los. Ich hörte

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