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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Zimmer zurück. »Celeste?«
    »Bin im Bad«, vernahm ich ihre Stimme durch die geschlossene Tür. »Schenk mir einen Doppelten ein!«
    Ich stellte die Sachen auf dem Fernsehtisch ab und ging dann auf den Sessel zu, in dem Celeste gesessen hatte. Das goldene Etui lag nicht mehr daneben. Ich durchsuchte ihre Handtasche und dachte daran, daß sich meine Lage erheblich verbessern würde, wenn ich den Koks vom Balkon warf. Aber die Schatulle ließ sich nirgends finden. Und die Tasche enthielt gar nicht die seltsamen Dinge, mit denen ich fast gerechnet hatte. Es befanden sich weder Schrumpfköpfe darin noch Knoblauchknollen oder Kruzifixe. Ein kleines Kästchen mit Schminkutensilien, ein farblich dazu passender Kamm, ein Notizbuch, eine Brieftasche aus schwarzem Leder, ein Röhrchen mit Aspirin, Zimtbonbons für guten Atem, zwei weitere Baccardi-Flaschen, Quittungen. Celeste besaß eine Kreditkarte von American Express und einen vom Staat New York ausgestellten Führerschein. Außerdem führte sie mehrere hundert Dollar in bar bei sich. Darüber hinaus entdeckte ich in der Handtasche auch die 1986er Juni-Ausgabe des F&SF. Niemals ärgerte es mich so sehr, meinen Namen auf dem Titelblatt zu lesen.

    »Bestimmt hältst du mich für verrückt, weil ich auf diese Weise mit der Tür ins Haus falle«, rief Celeste aus dem Badezimmer. »Es tut mir leid. Ehrlich.«
    Ich wußte nicht, was ich darauf antworten sollte.
    »Jim?« Ich hörte das Rauschen von Wasser. »Jim?«
    »Ja?«
    »Diese Sache ist sehr wichtig für mich.«
    Ich griff nach einer der Kunststofftassen, die das Hotel ihren Gästen zur Verfügung stellte, ließ einige Eiswürfel hineinfallen, schenkte Pepsi und Baccardi ein und nahm einen Schluck. In meiner Magengrube krampfte sich etwas zusammen, und fast hätte ich mich übergeben – ich war noch immer zu mitgenommen, um etwas zu trinken. Daraufhin ließ ich die Tasse stehen und nahm auf dem Zusatzbett Platz. Die Badezimmertür öffnete sich. Und Celeste kam herein.
    Sie nickte in Richtung der Tasse. »Ist das meine?« Sie war völlig nackt.
    Natürlich machte ich große Augen. Vielleicht starrte ich sie so verblüfft an wie ein Pubertierender, der zum erstenmal den Inhalt eines Büstenhalters sieht. Und ich sah nicht nur den. Celeste war ziemlich schlank. Man konnte deutlich den Rand des Brustkorbs sehen. Sie bewegte sich mit einer gewissen Eleganz, während sie mit der wohlüberlegten Anmut einer Tänzerin durchs Zimmer ging. Sie konnte nicht völlig verleugnen, daß sie allmählich in die Jahre kam, aber das spielte überhaupt keine Rolle. Es war die Art und Weise, wie sie den einen Arm dicht unter den Brüsten hielt, als sie sich vorbeugte und nach der Tasse griff, so wie das Haar ihr übers Schlüsselbein strich, als sie den Kopf neigte. Celeste versuchte, mich mit ihrem Körper zu hypnotisieren, und sie hatte durchaus Erfolg damit. Sie schwankte langsam und in einem komplizierten Rhythmus hin und her. Auf ihrer mandelfarbenen Haut glänzte Feuchtigkeit.
    Sicher bot ich einen mitleiderweckenden Eindruck, als ich so auf der einen Ecke des Bettes hockte, die Beine angezogen und die Arme auf die Knie gestützt. Sie nahm neben mir Platz. Die Mischung aus Pepsi und Baccardi schwappte dabei über den Rand der Tasse. Sie war mir so nahe, daß ich das Gefühl bekam, die Hitze zu spüren, die sie ausstrahlte. Dann lachte sie und machte den zauberhaften Sekunden damit ein Ende. Es war ein heiseres und humorloses Lachen, ein Geräusch, das eine billige Sprechpuppe von sich gibt, wenn man an der Schnur zieht. Ich versuchte, sie von mir fortzuschieben. Celeste verstand mich falsch, beugte sich herab und tastete nach den Knöpfen meines Hemds. Ich sah die Einstiche in ihrem Unterarm. Purpurne, rote und winzige schwarze Punkte, auch eine weiße und runzlig wirkende Narbe.
    »Du drückst auch?« Ich sprang vom Bett und wich zurück. »Du bist eine Fixerin.«
    Celeste stellte die Tasse auf die Ablage neben dem Bett und streckte sich aus. »Komm her, Jim! Laß es uns treiben, solange ich noch das Gefühl habe, zu schweben.«
    Ich ging ins Bad. Die Sachen Celestes lagen in einem unordentlichen Haufen auf dem Boden. Ich fand das goldene Etui und nahm es an mich. Celeste folgte mir und lächelte entrückt. Ich griff nach den Kleidungsstücken und warf sie ihr zu. »Zieh dich an!«
    »Komm schon, Jim!« Sie breitete die Arme aus. »So glücklich ist niemand verheiratet.«
    »Du hast wirklich keine Ahnung, oder?« Ich wollte sie

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