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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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nur … anders. Eine andere Art der Erinnerung. Es verwandelt sich in Schönheit. In Wissen. Allumfassende Erkenntnis.
    Keine Angst mehr, Jenny.
    Nein, Luke.
     
    Ich sah den Schrecken in ihren Gesichtern. Nachdem ich diesen ganzen langen Weg hinter mich gebracht hatte, stellte ich fest, daß die Welt, zu der ich gekommen war, viel kleiner war, als die vielen Teile meines Geistes, die ich mit Musik in meiner nächtlichen Gestalt zu ihnen geschickt hatte, mir zugeflüstert hatten.
    Ich sah in ihren Augen, wie sie mich sahen. Ihre Lippen bebten. Ihre Augen flatterten. Ihre Hände machten wilde Bewegungen in der Luft.
    Sie mögen diese Gestalt von mir nicht, die ich so gern annehme.
    In welcher Form soll ich mich ihnen denn zeigen, damit es ihnen besser gefiele?
    Es gefällt ihnen keine Form so recht.
    Entweder sie verstehen nicht, daß ich in dieser Form bin und zerstören sie. Oder sie kreischen vor Furcht und rollen die Augen, als sollten sie ihnen herausfallen.
    Ich liebe diese Gestalt. Sie war mir immer am liebsten von allen.
    Ich sage zu ihm, der so lebhaft nach mir verlangte, daß er mir nicht in die Augen sehen sollte.
    Was willst du, Hasengesicht?
    Er bewegte die Lippen, als wolle er losplappern, aber er brachte kein Wort hervor.
    J … j …
    Jenny. Meine Frau. Ich will meine Frau zurückhaben. Pan, gib mir meine Frau zurück!
     
    Ich betrachtete ihn eine ganze Weile. Was für ein zitterndes Bündel Leben!
    Aber tapfer. Und von einer inneren Besessenheit, die guttat, zu bemerken.
    Du weißt, wer ich bin? fragte ich.
    Zögernd: J … ja. Pan. Der Hirtengott.
    Glaubst du an mich?
    Ich weiß nicht. Wo ist Jenny?
    Sie ist nicht hier.
    WO IST SIE?
    Wo du sie nicht erreichen kannst, Mensch.
     
    GIB SIE MIR ZURÜCK! BRING SIE ZURÜCK! ICH TÖTE DICH, PAN! ICH TÖTE DICH, PAN!
    So tobte er.
     
    Wie heißt du? fragte ich ihn.
    Luke.
    Luke?
    Lukas.
    Höre, Lukas! Weißt du, was ich mit dir tun könnte, nun, da du mich herausforderst?
    Er bekam etwas Drucksendes.
    Du … würdest mich töten?
     
    Oh, wie zaghaft das kam!
    Ich habe noch nie einen Menschen getötet, sagte ich. Sie sind an ihrer eigenen Furcht gestorben.
     
    Ich hasse dich, Pan. Du bist kein Gott. Du bist der Teufel.
     
    Es gibt keinen Teufel, erwiderte ich. Es gibt nur Gott. Ich bin Gott. Ich bin Alles. Ich bin DER PAN.
     
    Ich bitte dich, sagte er, gib mir Jenny wieder. Wenn du das nicht tust, dann …
    Dann?
    Dann suche ich dich bis an das Ende aller Tage. Ich werde dich finden, wo du dich auch versteckst. Ich werde dich …
    Da begriff er, daß er einen Gott nicht würde töten können. Sein Gesicht erzitterte, das kleine Hasengesicht, ein ersticktes »Ooh« kam aus seinem Mund. Seine Fäuste ballten sich.
    Ich kann sie nicht zurückbringen, sagte ich. Lukas wollte den Kopf heben, aber ich wehrte ihm.
    Nicht! Sieh mich nicht an!
    Du hast sie geholt. Du kannst sie wiederbringen.
    Welch ein Starrsinn! Ich versuchte, es ihm zu erklären.
    Ich habe sie nicht geholt. Sie ist mir nachgefolgt. Wo sie jetzt ist, ist sie nicht mehr die, die du gekannt hast. Ich bin ein Gott, aber auch ein Gott kann keine Dinge ungeschehen machen. Ich kann sie nur verändern.
    Er begriff nicht.
    Ich liebe sie. Ich möchte mit ihr zusammensein. Mir ist es egal, wie sie ist. Ich …
    Lukas, sagte ich sanft, du kannst nicht mit ihr zusammensein. Sie hat sich verändert, sie ist …
     
    Wie das erklären? Wie diesem verzweifelten Menschengeschöpf helfen?
    Ich kann dir helfen, sagte ich. Da breitete sich eine irre Hoffnung auf seinem Gesicht aus.
    Wirklich? sagte er.
     
    Ich gebe sie dir zurück, sagte ich erschöpft. Es war, als hätte ich vom Anbeginn der Welt an immer die gleichen Fragen gehört.
    Ich sagte dir, Lukas, ich kann nichts ungeschehen machen. Wenn du deine Frau wiedersehen willst – wenn du das wirklich willst …
    Ja! unterbrach er mich, für einen Moment mit diesem kurz auflodernden Haß in den Augen.
    Dann helfe ich dir dabei. Aber du wirst …
    Das ist mir egal, sagte er.
     
    Und dann sagte ich: Sieh mir in die Augen, Luke! Es sind die Augen deines Gottes, vor dem du dich nicht zu fürchten brauchst. Mit diesen Augen habe ich alles erschaffen. Du solltest mir nicht in die Augen sehen, als du gehaßt hast, und man darf nicht mit Haß in den Augen in die meinen sehen, weil ich dich sonst zerschmettern müßte, ohne es zu wollen, denn ich bin ein Gott und einem Gesetz folgend, das du nicht kennst. Aber nun, da du nicht mehr haßt, sollst du mich ansehen,

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