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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Mark und Bein fuhr – hatte erstmals Nerven gezeigt, als die Razorfin aus dem Bauch einer kreischenden B-65 stürzte und wie ein großer Stein in Neptuns eisige Umarmung plumpste.
    Chris mußte zugeben, daß sich auch sein Magen umgedreht hätte, wenn der kurze und doch endlos scheinende Fall nicht bald zu Ende gewesen wäre. Den Aufschlag und das Knirschen von gequältem Metall hatte er fast als Erleichterung empfunden.
    Am meisten mitgenommen hatte ihn der lange, dröhnende Flug über den Pol, ständig auf der Hut vor Nazi-Raketen, dicht über Berge und graues Wasser dahinhuschend, hilflos hockend, festgeschnallt, während die Piloten ihre fliegenden Särge im Zickzackkurs durch die Nacht steuerten … mit einem Stoßgebet, daß sich die feindlichen Asen im Moment nicht gerade in diesen Gefilden des Nordens aufhielten …
    Von zwanzig U-Booten, die von Baffin Island aufgebrochen waren, hatten es nur sechs bis in die Gewässer zwischen Schweden und Finnland geschafft. Und von diesen sechs waren die Cetus und die Tigerfish beim Aufprall geborsten wie Sardinenbüchsen und hatten ihre unglückliche Besatzung in das eisige Naß gekippt.
    Nur noch vier Boote, dachte Chris.
    Immerhin – wir haben eine winzige Chance. Die eigentlichen Helden sind diese armen Schweine von Piloten. Chris bezweifelte, daß es auch nur einer der Flugbesatzungen gelingen würde, sich über das dunkle, tödliche Europa hinweg nach Teheran in Sicherheit zu bringen.
    »Captain Turing!«
    Chris schaute auf, als Kommandant Lewis seinen Namen rief. Der Kapitän hatte das Sehrohr eingefahren und schlenderte nun zum Kartentisch.
    »Sofort, Commander.« Chris löste die Gurte und stieg vorsichtig in das Brackwasser.
    »Frag sie, ob sie eine Runde ausgeben!« zischte O’Leary neben ihm.
    »Halt’s Maul, Idiot!« fauchte Marlowe. Chris achtete nicht auf die beiden, sondern watete durch die Brühe auf den Kapitän zu, der neben ihrem »Kriegsberater« stand – dem Fremdling, der sich Loki nannte.
    Ich kenne Loki nun seit Jahren, dachte Chris. Ich habe an seiner Seite gegen die Asen gekämpft, die einst seine Brüder waren. Aber immer noch läuft es mir kalt über den Rücken, wenn ich ihn ansehe.
    Loki, der alle anderen weit überragte, warf Chris einen rätselhaften Blick aus seinen wilden schwarzen Augen zu. Der »Gott der Trugs« hatte große Ähnlichkeit mit einem Menschen, auch wenn er außergewöhnlich groß und bullig wirkte. Aber die Augen straften diesen Eindruck Lügen. Chris hatte genug Zeit mit dem Asen verbracht, der seine Brüder verraten hatte und zu den Alliierten übergelaufen war, um zu wissen, daß man Lokis Blick am besten auswich.
    »Sir?« Er nickte Kommandant Lewis und dem bärtigen Asen zu. »Ich nehme an, wir nähern uns dem Landepunkt?«
    »Richtig«, entgegnete der Kapitän. »Falls nichts Unvorhergesehenes geschieht, sind wir in zwanzig Minuten am Ziel.«
    Lewis schien in den letzten Stunden um Jahre gealtert zu sein. Der junge U-Boot-Kommandant wußte, daß nicht nur er und seine Leute für diese Operation geopfert wurden. Ein paar tausend Meilen weiter im Westen verwickelten die armseligen Reste der amerikanischen Flotte die Kriegsmarine der SS in einen hoffnungslosen Kampf – einzig und allein zu dem Zweck, die Beobachter von der Ostsee und von Operation Ragnarök abzulenken. Lokis Vetter Tyr vermochte gegen U-Boote nicht allzuviel auszurichten, aber er konnte der kleinen Streitmacht die Hölle heiß machen, wenn sie zu landen versuchte.
    Nun machte er statt dessen weit weg von der Ostsee amerikanischen, kanadischen und mexikanischen Matrosen die Hölle heiß.
    Chris zwang sich, nicht darüber nachzudenken. Zu viele Jungs würden vor Labrador sterben, um einen einzigen Fremdling abzulenken, während vier U-Boote versuchten, sich durch den Hintereingang nach Walhall zu schleichen.
    »Danke. Ich sage Marlowe und meinem Sprengkommando Bescheid.« Er wandte sich zum Gehen, aber in diesem Moment spürte er eine große Hand, die sich sanft, aber mit der Kraft eines Schraubstocks auf seinen Arm legte.
    »Ihr müßt noch etwas erfahren«, sagte das Wesen namens Loki mit dunkler, vollklingender Stimme. Unglaublich weiße Zähne blitzten, als er Chris zulächelte. »Ihr werdet einen Passagier mit an Land nehmen.«
    Chris blinzelte verwirrt. Der Plan besagte, daß nur sein Team und die Geleittruppen … Dann sah er die fahle Blässe auf den Zügen von Kommandant Lewis, die mehr ausdrückte als bloße Todesfurcht.
    Er drehte sich

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