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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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München
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Irene Bonhorst
    Illustriert von Jobst Teltschik

 
David Brin
Thor trifft Captain Amerika
     
1
     
    Lokis Zwerg rollte die Augen und stöhnte erbarmungswürdig, als das U-Boot auf Sehrohr-Tiefe absank. Mit dicken Stummelfingern zerrte das verwachsene Geschöpf an seinem grauen, gelbfleckigen Bart und starrte zu den ächzenden Rohren hinauf.
    Ein Wesen aus dunklen Waldtiefen und verborgenen Höhlen, dachte Chris Turing, während er den Zwerg beobachtete. Für dieses Element ist er ganz sicher nicht geschaffen.
    Nur Menschen kamen auf die Idee, so einen Tod zu wählen, in einem lecken Stahlsarg, bei dem sinnlosen Versuch, Walhall zu stürmen und zu sprengen.
    Aber höchstwahrscheinlich hatte keiner den Zwerg gefragt, ob er an dem Unternehmen teilnehmen wollte oder nicht.
    Warum? dachte Chris – und nicht zum ersten Mal. Warum gibt es solche Wesen? War das Böse auf der Welt nicht gut genug gediehen, ehe sie kamen und es noch förderten?
    Die Motoren dröhnten, und Chris schob den Gedanken achselzuckend beiseite. Eine Welt ohne die Asen und ihre Diener lag inzwischen ebenso weit weg wie eine Zeit ohne Krieg.
    Chris war in seinem Crash-Sitz festgeschnallt, horchte auf das Schwappen der eisigen Ostseefluten dicht hinter dem papierdünnen Schott und musterte den Gnom, der auf einer Kiste mit zerlegten Wasserstoffbomben hockte. Der Krüppel hatte die Klumpfüße hochgezogen, um sie vor dem Brackwasser in Sicherheit zu bringen, das immer höher gegen den schwarzen Kasten schlug. Wieder entrang sich dem Zwerg ein Stöhnen, als die Razorfin das Sehrohr ausfuhr und ein Wasserschwall durch die Tauchtanks gurgelte.
    Major Marlowe schaute von dem Sturmgewehr auf, das er zum dreißigsten Mal zusammensetzte. »Was tut dem verdammten Zwerg jetzt schon wieder weh?« fragte der Offizier.
    Chris schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Fühlt sich vermutlich im feuchten Element nicht besonders wohl. Die altnordischen Helden betrachteten die Meerestiefen als Tummelplatz für Fische und als Friedhof für versunkene Schiffe.«
    »Ich denke, du verstehst was von den Asen. Und nun weißt du nicht mal, warum das Kerlchen bibbert.«
    Chris konnte nur mit den Achseln zucken. »Da denkst du falsch. Von mir stammt das Gerücht nicht. Aber warum gehst du nicht hin und fragst ihn?«
    Marlowe warf Chris einen empörten Blick zu. »Ich soll zu dem stinkigen Zwerg gehen und mich nach seinen Gefühlen erkundigen? Mann, da spucke ich lieber einem Asen ins Götterauge!«
    Zur Linken beugte sich Zap O’Leary vor, der ausgeflippte Assistent von Chris. »Tu dir kein’ Zwang an, Daddyo!« spottete er. »Drüben am Guckloch steht einer. Los, ritz ihm ein paar Runen in die Fresse!« Der Techniker deutete auf die Gruppe von Offizieren, die sich um das Sehrohr des U-Bootes drängte. Neben dem Kapitän ragte eine düstere, in Pelze und Leder gehüllte Gestalt auf.
    Marlowe schaute O’Leary eher verwirrt als gekränkt an. »Was meint er?« fragte er Chris.
    Chris bedauerte, daß er ausgerechnet zwischen den beiden saß. »Zap schlägt vor, daß du den Worten Taten folgen läßt und Loki ins Auge spuckst!«
    Marlowe schnitt eine Grimasse. Ebensogut hätte O’Leary vorschlagen können, daß er seine Finger in ein laufendes Triebwerk steckte. In diesem Moment ließ einer der Soldaten, die hinter ihnen im Gang zusammengepfercht waren, eine Patrone ins faulige Brackwasser des Decks fallen. Marlowe machte seinem aufgestauten Ärger Luft und bedachte den armen Kerl mit einem Schwall von Flüchen.
    Der Zwerg wimmerte von neuem. Er versuchte die Knie anzuwinkeln, aber die Gurte preßten seine Beine fest gegen die hermetisch versiegelte Kiste. Ängstlich schossen seine Blicke hin und her.
    U-Boote sind ihnen jedenfalls fremd, dachte Chris. Und die sogenannten Zwerge sind eindeutig wasserscheu.
    Chris überlegte, wie es Loki gelungen war, seinen Begleiter zur Teilnahme an dieser Selbstmordmission zu überreden. Hat vielleicht gedroht, den Kleinen in eine Kröte zu verwandeln, dachte er. Diesem Loki traue ich alles zu.
    Es war ein verzweifeltes Unterfangen, auf das sie sich da einließen. Aber den kläglichen Resten der Alliierten Truppen blieb jetzt, im Spätherbst des Jahres 1962, kaum eine andere Wahl. Wenn es überhaupt noch eine Möglichkeit gab, das Ende aufzuschieben, dann durfte man nicht auf das Risiko achten.
    Selbst Loki – bärenhaft, scheinbar unverwundbar, mit einem dröhnenden Lachen, das den Menschen durch

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