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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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nicht einmal um.
    »… wirr wird mir … und kraus … die Welt …« Rauschen.
    »Mach aus!« sagte die Frau. Ihre Stimme klein und tonlos. »Mach sofort aus!«
    Keiner beachtete sie.
    »… Männertaten … Wissende selbst … weckst du mich …« Rauschen.
    Der Dozent kicherte; eine Methode, das Lachen unter Kontrolle zu halten. Wenn er jetzt nicht aufhörte, konnte er vielleicht überhaupt nicht mehr aufhören. Er blickte auf Jimmy und das beruhigte ihn. Jimmy starrte immer noch auf das magische Auge des Radios und hatte Tränen in den Augen.
    »… nicht, was du dich nennst …« Rauschen.
    Nur noch Rauschen. Alle blieben stehen in ihren jeweiligen Positionen. Wie auf einer Bühne, dachte Markus. Sie warten, daß der Vorhang fällt. Und der fällt nicht. Endlich sagte Berger: »Ich glaube, das ist alles.« Und machte das Radio aus. Ein paar Sekunden später ging das Licht an.
    Berger war stolz. Seine Augen leuchteten.
    »Es steht ja wohl außer Frage, was dies bedeutet, nicht wahr? Der erste durch unvoreingenommene Zeugen bestätigte Beweis einer direkten Kommunikation mit dem Jenseits – wenn wir diesen Sprachgebrauch vorerst noch pflegen wollen. Das war Martha, meine Frau Martha, deine Mutter, nicht wahr?«
    Die Frau gab keine Antwort. Ihre Lippen waren schmal, die Mundwinkel leicht nach unten gezogen; Ekel vor einem kleinen, giftigen, aber nicht besonders gefährlichen Tier, dessen Beseitigung nur entschlossen angepackt zu werden brauchte. Der Dozent lachte nicht mehr. Das ist das Wichtigste jetzt, dachte er. Ruhe, nur Ruhe. Keine überstürzten Reaktionen.
    Markus staunte. Er staunte mehr über den Großvater als jemals zuvor. Was der Großvater fertiggebracht hatte, ließ alle alten Wörter verblassen, die, die er schon kannte, und auch alle noch unbekannten. Jimmy sagte nichts und blickte nur auf das Radio. Es würde sich wieder einschalten, da war er sicher. Es hatte sich ja auch nicht ausgeschaltet, als der Strom ausgefallen war. Wenn das möglich war, dann war alles möglich.
    »Es wird euch interessieren, nehm’ ich an, welche Botschaft sie uns zukommen läßt. Leider kann ich darüber noch nicht viel sagen. Ich muß es erst analysieren. Und das dauert. Außerdem brauch’ ich Hilfe dazu.«
    »Wie meinst du das?« fragte der Dozent. Keine überspitzten Gedankenspiele. Konzentrieren wir uns auf das Naheliegende. Eine einfache, saubere Diskussion unter erwachsenen Menschen.
    »Es ist ja gar nicht mehr verantwortbar, das alles alleine zu machen. Ich bin Gott sei Dank nicht so überspannt, mir allzuviel auf meine analytischen Fähigkeiten einzubilden. Es gibt Spezialisten, Parapsychologen, was weiß ich. Mit denen müssen wir nun Kontakt aufnehmen.«
    »Ja, sicher«, murmelte der Dozent. »Parapsychologen, ganz klar.«
    Er dachte an die Para-Gruppe, die vor einem Jahr aufgelöst worden war. Ein seltenes Ereignis, daß die Administration eine Gruppe auflöste. Das machten sie nur, wenn es gar nicht mehr anders ging. Das Ganze sei extrem ökophob, hatte es geheißen. Ökophobie im Hause eines Sprachdozenten. Warum war Para-Forschung ökophob? Keine Ahnung. Es überraschte ihn nun, daß er sich diese Frage bisher noch nicht gestellt hatte. Manche Fragen stellte man eben nicht. Als Sprachdozent schon gar nicht. Sprachdozent. An diesem Wort begann er sich aufzurichten. Er zog sich daran empor und erreichte immer lichtere und klarere Gefilde; die Betäubung ließ nach. Es mußte jetzt etwas unternommen werden. Was, würde sich finden. Management-Kurs 4a: Immer auf das Naheliegende. Schritt für Schritt. Alles andere führt zu Panik und unkontrollierten Reaktionen. Das Naheliegendste war, diesen Raum zu verlassen. Sie mußten raus hier, alle.
    »Du hast ganz recht«, sagte er. »Ich muß sagen, ich bin beeindruckt. Aber jetzt solltest du dich hinlegen. Alles weitere können wir morgen besprechen.«
    Berger strahlte. Er war so gerührt, daß er kein Wort herausbrachte. Er weint gar nicht, dachte Markus. Früher hat er wegen jedem Dreck geheult und jetzt, wo es sich rentieren würde …
    Sie gingen hinaus, Berger rumorte noch eine Zeitlang herum, dann wurde es still hinter der Tür. Markus, den sie oben postiert hatten, meldete es seinen Eltern. Er verstand nicht, wieso alle so geheimnisvoll taten. Was war schon Besonderes am Jenseits. Gut, Großvater hatte daran geglaubt, und seine Eltern nicht. Und Großvater hatte recht behalten. Großmutter Martha war lebendig – irgendwie. Schön für sie! Er hatte keine

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