Wassermelone: Roman (German Edition)
unter meinem Kissen liegengelassen, damit er am nächsten Morgen fort war. Hätte mir nicht mal was ausgemacht, wenn statt seiner anschließend kein Geld dort gelegen hätte.
Aber es gab keine Wunderheilung und keine Beziehungsfee. Das hatte ich schon längst gemerkt. Da musste ich allein durch. Mir wurde klar, dass ich Geduld brauchte. Die Zeit würde zeigen, ob es richtig gewesen war, James zu verlassen.
Ich war nach wie vor nicht sicher, ob es richtig war, aber bei ihm zu bleiben wäre mit Sicherheit falsch gewesen. Lösen Sie mal diesen Widerspruch auf, und falls Sie das können – würde es Ihnen was ausmachen, es mir zu erklären?
James rief am nächsten Morgen um acht Uhr an. Ich weigerte mich, mit ihm zu sprechen. Der nächste Anruf kam um zwanzig vor neun. Dito. Dann um zehn nach neun. Wieder dito. Nach einer unerwarteten Unterbrechung bis fast elf Uhr folgten drei Anrufe rasch aufeinander. Dito, dito und dito. Um Viertel nach zwölf kam wieder einer. Dito. Auch um fünf vor eins, um fünf nach eins und um zwanzig nach eins kam jeweils ein Anruf. Dito und so weiter. Fast den ganzen Nachmittag rief James etwa jede halbe Stunde an. Eine letzte Salve folgte gegen sechs. Dito. Siehe oben.
Mum fing alle Anrufe ab, den ganzen Tag über. Es war wirklich sehr freundlich von ihr. Ich muss sagen, wenn es darauf ankommt, ist die Frau ihr Gewicht in Mars-Riegeln wert.
Dad kam um zwanzig nach sechs von der Arbeit und platzte um zwanzig vor sieben in das Zimmer, wo ich mit Kate und allen Papieren saß, die mit der Wohnung zu tun hatten. Er brüllte: »Claire, geh um Gottes willen hin und rede mit ihm!«
»Ich hab ihm nichts zu sagen«, sagte ich liebenswürdig.
»Mir egal«, blaffte er. »Die Sache geht zu weit. Er wird die ganze Nacht anrufen, bis du drangehst und mit ihm redest.«
»Dann leg doch einfach den Hörer daneben«, schlug ich vor und wandte meine Aufmerksamkeit wieder den Papieren zu.
»Das geht nicht«, sagte er verzweifelt. »Helen legt das verdammte Ding immer wieder auf.«
»Ist doch wahr! Warum soll mein Leben darunter leiden, dass du einen Geisteskranken geheiratet hast?«, ertönte Helens Stimme von irgendwo hinter der Tür.
»Bitte, Claire«, flehte Dad.
»Na schön«, sagte ich und legte den Stift hin, mit dem ich mir Notizen gemacht hatte.
»Was willst du?«, fragte ich in den Hörer.
»Bist du inzwischen zu Verstand gekommen?«, wollte er wissen. Es klang erzürnt.
»Mir war nicht aufgefallen, dass ich ihn verloren hätte«, sagte ich höflich. Er ging nicht weiter darauf ein.
»Ich habe den ganzen Tag angerufen, und deine Mutter sagt, du willst nicht mit mir reden«, sagte er gereizt und verärgert.
»Damit hat sie recht«, bestätigte ich freundlich.
»Aber wir müssen miteinander reden«, sagte er.
»Müssen wir überhaupt nicht«, sagte ich.
»Ich liebe dich«, sagte er ernsthaft. »Wir müssen die Sache klären.«
»Da gibt es nichts mehr zu klären, James«, sagte ich kalt. »Wir haben so viel geklärt, wie wir können, und sind jetzt am Ende. Du glaubst, dass du recht hast, und ich denke, dass du unrecht hast. Ich bin nicht bereit, noch mehr Zeit oder Energie damit zu verschwenden, dass wir festzustellen versuchen, ob der eine oder andere es sich anders überlegt. Ich wünsche dir alles Gute und hoffe, in erster Linie um Kates willen, dass wir die Sache zivilisiert hinter uns bringen können. Zu besprechen aber gibt es wirklich nichts mehr.«
»Was ist nur in dich gefahren?«, fragte James. Es klang erstaunt. »So warst du früher nie. Du hast dich irgendwie geändert. Du bist so hart geworden.«
»Ach, hab ich dir das nicht gesagt?«, sagte ich beiläufig. »Mein Mann hat mich betrogen. Das muss sich irgendwie auf mich ausgewirkt haben.«
Das war äußerst unfreundlich von mir, ich weiß. Aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen.
»Sehr lustig, Claire«, sagte er.
»Eigentlich nicht«, korrigierte ich ihn. »Lustig war es überhaupt nicht.«
»Sieh mal«, sagte er, und es klang verärgert, »damit erreichen wir nichts.«
»Das ist mir ganz recht«, sagte ich, »denn nichts ist genau das, was ich erreichen möchte.«
»Sehr witzig, Claire, sehr spaßig«, sagte er boshaft.
»Vielen Dank«, gab ich mit übertriebener Höflichkeit zurück.
»Jetzt hör mal zu«, sagte er und klang mit einem Mal geradezu amtlich und noch aufgeblasener als sonst. Fast konnte ich im Hintergrund Papiere rascheln hören. »Ich habe dir einen … äh … Vorschlag zu
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