Wassermelone: Roman (German Edition)
wurde.
Ich wollte das Sorgerecht für Kate. James sagte, er werde keinen Einspruch dagegen erheben, wenn er sie oft besuchen dürfe. Das war mir mehr als recht, denn ich wollte, dass sie und ihr Vater einander kannten. Mir war bewusst, wie viel Glück ich damit hatte, dass James so vernünftig war. Er hätte auch mit voller Absicht querschießen können, und man muss es ihm hoch anrechnen, dass er es nicht tat.
Wir einigten uns über die Wohnung und beschlossen, sie zu verkaufen. Bis ein Käufer gefunden war, sollte er weiter darin leben.
Dieser Punkt erwies sich übrigens als recht schlimm. Als er von meinem Anwalt die Papiere bekam, nahm er das ziemlich übel auf. Vermutlich, weil er da endgültig begriffen hatte, dass es vorbei war.
»Du kommst also wirklich nicht zurück?«, fragte er traurig.
Obwohl ich das Ganze selbst in die Wege geleitet hatte und es genau meinen Absichten entsprach, überkam auch mich tiefe Traurigkeit und aufrichtiges Bedauern. Hätten sich die Dinge doch nicht so entwickelt! Wäre es nie dahin gekommen! Aber so war es nun einmal.
Tränenreiche Versöhnungen gibt es im schwülstigen Liebesroman; im wirklichen Leben nur selten. Wenn aber doch, kommt es meist dann dazu, wenn einer der Beteiligten etwas getrunken hat – oder beide.
Ewig lange war niemand an der Wohnung interessiert. Irgendwie war mir das recht, denn die Vorstellung, dass jemand anders in den Räumen leben könnte, die ich nach wie vor als mein Zuhause ansah, ging mir sehr gegen den Strich. Andererseits bereitete mir das auch Sorgen, denn ich hatte nur wenig Geld. Ich neige dazu, die Verantwortung dafür, dass es mit dem Verkauf nichts wurde, James zu geben. Vermutlich hat er alle Interessenten belabert und mit seinem Gerede über Steuererleichterungen auf Hypotheken und dergleichen zu Tode gelangweilt. Wahrscheinlich sind sie eingeschlafen, bevor sie überhaupt das Schlafzimmer zu sehen bekamen. Aber ich sollte nicht so unfreundlich über ihn reden. Er meinte es gut.
Ich sprach mit meiner Vorgesetzten und teilte ihr mit, dass ich Anfang August wieder einsteigen könne. Wäre mir nicht schon vorher so elend gewesen, hätte die Vorstellung, dass ich wieder an die Arbeit gehen musste, fast genügt, wieder depressiv zu werden.
Mag sein, dass ich den falschen Beruf hatte, mag sein, dass ich mich nicht wahrhaft berufen fühlte. Es kann aber auch einfach daran liegen, dass ich verdammt faul war. Was auch immer – ich gehöre nicht zu den Glücklichen, denen ihre Arbeit große Freude macht (ehrlich gesagt, halte ich die für etwas merkwürdig). Bestenfalls sah ich in der Arbeit ein Mittel zum Zweck, schlimmstenfalls die Hölle auf Erden. Ich konnte es gar nicht abwarten, in Rente zu gehen. Nur noch einunddreißig Jahre! Es sei denn, ich hatte Glück und starb vorher.
Nur ein Witz, Ehrenwort.
Es waren also noch fünf Wochen,bis ich zurück in die Tretmühle musste. Wieder sieben Stunden Büroarbeit am Tag, fünf Tage die Woche, achtundvierzig Wochen im Jahr. Großer Gott im Himmel!
Warum war ich nicht reich zur Welt gekommen? – Tut mir schon leid, dass ich das gesagt habe. Ich weiß, dass ich keinen Grund zum Klagen hatte. Ich durfte von Glück sagen, dass ich eine Stelle hatte. Ich hätte auch nur gern jemanden gehabt, der sich um mich und Kate kümmerte. Ich wollte nur meine Fantasien ein bisschen ausleben. Auch wenn James und ich zusammengeblieben wären, hätte ich wieder arbeiten müssen. Es war einfach so, dass die Rückkehr in den Beruf mich wieder daran erinnerte, wie allein ich jetzt eigentlich war. Wie viel Verantwortung ich hatte. Ich arbeitete nicht mehr nur für mich – mein Kind war auf mich angewiesen.
Gewiss, James würde sich finanziell um Kate kümmern, das schon. Glauben Sie mir, das war mir klar. Schließlich hatte ich einen teuren Anwalt, um das zu beweisen! Man kann auch nicht sagen, dass James geizig oder knauserig gewesen wäre. Ehre, wem Ehre gebührt und so weiter und so weiter. Aber die Zeiten, in denen ich mein gesamtes Monatsgehalt für Lippenstifte, Zeitschriften und Alkohol verpulvern konnte, waren vorüber. Schon längst.
Das Erwachsenendasein ist gar nicht so angenehm, wie es immer hingestellt wird. Nicht die Spur. Jetzt war es zu spät, aber ich wünschte doch, ich hätte das Kleingedruckte gelesen. Ich wollte mein Geld zurück, aber ich hatte das verdammte Ding schon benutzt und konnte es nicht mal mehr umtauschen.
Ich fand für Kate und mich eine Unterkunft in London. Na ja,
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