Wassermelone: Roman (German Edition)
Demütigung empfand. Sie schmerzte mich so, dass meine Seele davon wund war.
Wer mochte gewusst haben, dass James einVerhältnis hatte?, fragte ich mich.
Hatten es alle meine Bekannten gewusst und miteinander darüber geredet, aber nicht gewagt, es mir zu sagen?
Hatten sie Dinge gesagt wie: »Jetzt können wir es ihr nicht sagen, sie ist doch schwanger«?
Hatten sie mich voll Mitleid betrachtet? Hatten sie Gott gedankt, dass wenigstens sie ihrem jeweiligen Mann oder Freund trauen konnten?
Hatten sie zu sich selbst gesagt: »Auf keinen Fall würde Dave/Frank/William so etwas tun. Gut, er drückt sich vor der Hausarbeit/gibt mir nicht genug Haushaltsgeld/weicht der Diskussion von Problemen grundsätzlich aus, aber wenigstens wäre er mir nicht untreu?«
Hatten sie mich angesehen, einen lauten Seufzer der Erleichterung ausgestoßen und mit schlechtem Gewissen gesagt: »Wie gut, dass es sie und nicht mich getroffen hat?«
Ich war ungeheuer wütend. Ich wollte der ganzen Welt zuschreien: »Ihr habt unrecht! Ich dachte, ich könnte meinem Mann trauen! Ich dachte, er wäre viel zu träge , um ein Verhältnis anzufangen. Aber er hat es getan. Genauso kann es euch mit Dave/Frank/William gehen. Vielleicht haben die auch schon ein Verhältnis. Oder sie hatten eins. Vielleicht war euer Mann, als er zum Rugbyspiel nach Frankreich gefahren ist, da mit einer anderen im Bett. Ihr wisst es nicht. Alles ist möglich. Fragt nicht, wem die Stunde schlägt, denn ich sage euch hier und jetzt: Sie schlägt euch.«
Der bloße Gedanke an Denise ließ mich zusammenzucken. Wenn ich daran dachte, dass ich mit ihr Belanglosigkeiten über das Wetter ausgetauscht und sie zu ihrem guten Aussehen beglückwünscht, ihr gesagt hatte, wie weit es mit meiner Schwangerschaft war! Ich hatte sie für freundlich und nett gehalten, während sie in Wirklichkeit meinen Mann in ihre Fallstricke gelockt hatte und mit ihm schlief. Ich wollte eine Zeitreise unternehmen, mich am Kragen packen, laut protestierend von dem Gespräch mit Denise wegschleppen und mich auffordern: »Sprich nicht mit der Schlampe«, so wie eine Mutter einem unartigen Kind etwas verbietet.
Dann wollte ich mir Denise vorknöpfen und sie nach Strich und Faden verprügeln.
Die Vorstellung, dass alle Welt über die Sache mit James und Denise Bescheid wusste und ich als Einzige nichts davon ahnte, war mir mehr als peinlich.
Ich wollte nicht als Opfer angesehen werden und kam mir erbärmlich und maßlos blöd vor. Außerdem fühlte ich mich zutiefst gedemütigt.
Allmählich wurde ich richtig wütend auf James.
Die Demütigung kam mir nach und nach zu Bewusstsein. Sie schlich sich eines Tages herein, und als ich mich umwandte, war sie mit einem Mal da und grinste mich an. »Hallo«, sagte sie herablassend, so, als stünden wir auf vertrautem Fuß miteinander. »Kennst du mich noch? Bestimmt brauche ich dir meine Freundin Eifersucht nicht vorzustellen.«
Ich kann nicht glauben, dass es mich drei volle Wochen gekostet hat, bis ich Eifersucht empfand. Ich hatte immer angenommen, ich würde sofort wahnsinnig eifersüchtig reagieren, wenn ein Mann, den ich liebte, mit einer anderen ins Bett ginge. Aber in diesem Fall kam das erst sehr spät, lange nach den Gefühlen von Verlust, Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit und Demütigung.
Mehr als daran, dass James mit Denise zusammen war, hatte ich daran gedacht, dass er nicht bei mir war. Ich hatte mehr an meinen Verlust gedacht als an ihren Gewinn. Das änderte sich über Nacht.
Eines Nachmittags saß ich bei meiner Mutter, die sich etwas ansah, was angeblich ein Liebesfilm war, in Wirklichkeit aber ein Vorwand für Pornographie. Ganz in das Video vertieft, missbilligte sie scharf, was sie da sah. Ich versuchte, der Handlung zu folgen, während ich Kate fütterte, und verlor den Faden. »Mit wem treibt er es jetzt? Mit der Frau aus dem Aufzug?«
»Natürlich nicht«, sagte Mum. »Es ist die Tochter der Frau aus dem Aufzug.«
»Aber ich dachte, man hätte ihn mit der Frau aus dem Aufzug im Bett erwischt?«, sagte ich verwirrt.
»Sicher«, erklärte Mum geduldig, »aber er betrügt sie jetzt mit ihrer Tochter.«
»Die arme Frau aus dem Aufzug«, sagte ich traurig.
Mum warf mir einen scharfen Blick zu. Ich merkte, wie sie beunruhigt dachte: O Gott, nein. Würde ich anfangen zu weinen? Ich wette, sie bedauerte, dass sie nichts Harmloses wie Amityville Horror oder Blutgericht in Texas herausgesucht hatte.
Ich sah zu, wie sich die beiden auf dem
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