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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Boden unter den Füßen hat, sondern nichts als endlosen leeren Raum.
    Der Gedanke, ohne Geld leben zu müssen, war furchteinflößend. Ich kam mir vor wie ein Niemand, eine gesichtslose Frau, die in einem riesigen, ihr feindlich gesonnenen All umhertreibt, wo es nichts zum Festhalten gibt.
    So ungern ich das zugebe, aber ohne meinen Mann und sein üppiges Gehalt fühlte ich mich wie ein halber Mensch.
    Ich hasste mich, weil ich so unsicher und so abhängig war. Ich hätte die starke, durchsetzungsfähige, unabhängige Frau der Neunziger herauskehren müssen. Die Art Frau, die fest umrissene Vorstellungen hat, ohne Begleitung ins Kino geht, sich um die Umwelt kümmert, eine Sicherung auswechseln kann, Aromatherapie macht, einen Kräutergarten hat und fließend Italienisch spricht, einmal die Woche zu einer Session in den Think Tank geht und keinen Mann braucht, der ihr unterentwickeltes Selbstwertgefühl stärkt. Aber so war ich nun mal nicht.
    Allerdings wäre ich gern so gewesen. Vielleicht würde ich ja noch so. Es sah ganz so aus, als bliebe mir keine Wahl. Ich sah mich vollendeten Tatsachen gegenüber und konnte nicht aus.
    Aber damals war ich mehr die Frau aus den fünfziger Jahren, die Hausfrau und Mutter, die sich nur allzu gern um das gemütliche Heim kümmert, während der Göttergatte im feindlichen Leben das Geld heranschafft.
    Sollte dieser Mann noch dazu bereit sein, sich außerdem an der Hausarbeit zu beteiligen, umso besser. Ich wollte alles auf einmal.

    Wie sollten James und ich das Geld auf unserem gemeinsamen Konto aufteilen? Das wäre ebenso unmöglich wie der Versuch, siamesische Zwillinge zu trennen, die an den lebenswichtigen Organen – Herz, Lunge und Leber – zusammengewachsen sind.
    Fast hätte ich jeden Rechtsanspruch auf das gemeinsame Geld aufgegeben, das auf unserem Konto lag, um mir die unvermeidlichen und unerquicklichen Auseinandersetzungen zu ersparen. Das Einzige, was mich davon abhielt, war der Gedanke, James könnte es für Denise ausgeben, ihr davon Blumen, Theaterkarten und Reizwäsche kaufen. Ich konnte nicht zulassen, dass derlei von meinem Geld finanziert wurde. Ich war grundsätzlich dagegen. Es gehörte sich aus moralischen Gründen nicht. Außerdem hatte ich am Vortag in dem Einkaufszentrum ein wirklich hübsches Paar Schuhe gesehen, das ich gern gehabt hätte.
    Ich kann das Gefühl sofortiger Vertrautheit überhaupt nicht beschreiben, das sich zwischen uns einstellte. Kaum war mein Blick auf die Schuhe gefallen, kam es mir vor, als gehörten sie mir schon. Wir kannten einander wahrscheinlich aus einem früheren Leben, sie hatten mir gehört, als ich im England des Mittelalters Dienstmädchen oder im alten Ägypten Prinzessin war. Vielleicht waren sie das Dienstmädchen oder die Prinzessin und ich die Schuhe gewesen. Wer kann das schon wissen? Jedenfalls war mir klar, dass wir zueinandergehörten.
    Da mir keine flüssigen Mittel zur Verfügung standen, musste ich Anspruch auf mein Geld in England erheben, so unangenehm und niedrig das sein mochte.
    Bei alldem schwirrte mir der Kopf – wie am Vorabend, als meine Mutter die Unterhaltung begonnen hatte, die sich dann Cher und Ike zuwandte.
    Ich hätte mir an dem warmen Apriltag vor drei Jahren, an dem ich James geheiratet hatte, nicht träumen lassen, dass unsere Verbindung auf diese Weise enden würde, dass etwas, das so heiter, so voll Hoffnung und Erregung begonnen hatte, mit Kummer und Leid enden könnte. Dass ich über Geld und irdische Güter streiten und zur Wahrung meiner Interessen Anwälte hinzuziehen müsste. Dass ich so viele Klischees bemühen müsste.
    Immer war ich überzeugt gewesen, James und ich wären anders. Schön, wir waren verheiratet – das war aber noch lange kein Grund, sich aufzuführen wie ein Ehepaar, zum Kuckuck!
    Das Wichtigste für uns würden stets Spaß, Liebe und Leidenschaft sein.
    Ich wollte es nie dahin kommen lassen, dass ich eines Tages ins Zimmer käme und zu James sagte, ohne ihn auch nur anzusehen: »Im Bad fallen die Kacheln von der Wand. Du solltest dich besser drum kümmern.« Oder mit einem flüchtigen Blick auf ihn: »Hoffentlich hast du nicht die Absicht, den Pullover zum Abendessen bei den Reynolds anzuziehen.«
    Ebenso hatte ich mir vorgenommen, nie zu der Sorte Frau zu gehören, die sich um den ganzen Tisch herum aß und schließlich auch noch die Reste vom Abendessen der Kinder aufaß.
    Oder die Sorte Frau, die ihren eigenen Mann ›Vater‹ nennt, und zwar nicht in

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