Wassermelone: Roman (German Edition)
darauf hin. Er lebte mit einer anderen Frau zusammen, hatte sich nicht einmal bei mir gemeldet, um zu erfahren, wie es Kate ging. Aber ich hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, dass er sich nach mir verzehrte, ich ihm schrecklich fehlte und er schließlich zurückkommen würde.
Wenn er allerdings Urlaub machte, war das mit Sicherheit nicht der Fall.
Er hat wohl keine Sorgen, überlegte ich, während meine Fantasie mit mir durchging. Vermutlich genießt er das Leben mit seiner Tussi Denise in irgendeinem exotischen Urlaubsparadies. Trinkt Piña Colada aus ihrem Schuh. Er inmitten knallender Champagnerkorken und Feuerwerk, Luftschlangen, Musik und glücklichen Menschen mit Party-Hütchen, die tanzen und vor Lebenslust jubeln.
Während ich im kalten Märzwetter fror, genoss James in irgendeinem sündhaft teuren karibischen Küstenort das Leben in vollen Zügen. Neben vierzehn persönlichen Bediensteten stand ihm ein privates Schwimmbad zur Verfügung, und der Duft von Frangipani-Blüten lag in der Luft. Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, wie Frangipani-Blüten aussehen, wusste lediglich, dass sie in solchen Zusammenhängen immer wieder auftauchen.
Ach je, dachte ich und musste schlucken. Mit diesem Gefühl hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Was jetzt?
Meine Mutter kam mit einem großen Stapel frisch gebügelter Wäsche auf den Armen ins Zimmer.
Bei meinem Anblick blieb sie überrascht stehen. »Was fehlt dir?«, fragte sie mit einem Blick auf mein klägliches, bleiches Gesicht.
»Ich hab James angerufen«, sagte ich und brach in Tränen aus.
»Ach Gott«, sagte sie, legte den Kleiderstapel auf einen Stuhl und setzte sich neben mich.
»Was hat er gesagt?«, fragte sie.
»Nichts«, schluchzte ich. »Er war nicht da. Ich möchte wetten, dass er mit der fetten Kuh Urlaub macht. Bestimmt sind sie erster Klasse geflogen und haben einen Whirlpool im Bad.«
Meine Mutter legte die Arme um mich. Schließlich hörte ich auf zu weinen.
»Soll ich dir helfen, die Sachen wegzuräumen?«, fragte ich mit von Tränen erstickter Stimme.
Jetzt sah sie wirklich besorgt drein. »Fehlt dir wirklich nichts?«, fragte sie.
»Nein«, sagte ich.
»Bestimmt nicht?«, fragte sie, nach wie vor nicht überzeugt.
»Bestimmt nicht«, sagte ich ein wenig verärgert. Mir ging es gut.
Ich werde mich wohl an dieses Gefühl ständiger Niedergeschlagenheit gewöhnen müssen, überlegte ich. Das würde mir noch oft so gehen. Zumindest bis ich mich damit abgefunden hatte, dass es mit James und mir ganz und gar aus war.
Sicher, ich fühlte mich entsetzlich. Verletzt und gekränkt. Aber nach einer Weile würde der Schmerz vergehen. Es würde nicht mehr so schlimm sein.
Auf keinen Fall würde ich mich wieder eine Woche lang ins Bett legen. Ich würde mich zusammenreißen und mich der Wirklichkeit stellen. Und ihn am Montag noch einmal anrufen. Das wäre der richtige Zeitpunkt, mit ihm zu reden.
Am Montag würde er sich bestimmt ziemlich elend fühlen, weil er wieder zur Arbeit musste, es ihm leidtat, dass der Urlaub vorbei war und er durch den Zeitunterschied auf dem Rückflug völlig aus dem Rhythmus war.
Ich versuchte mich aufzumuntern, indem ich so tat, als würde es mich freuen, ihn leiden zu sehen. Wenn ich nicht allzu intensiv daran dachte, würde das auch eine Weile gutgehen.
»Na schön, Mum«, sagte ich entschlossen. »Dann wollen wir mal die Sachen hier wegräumen.«
Entschlossen trat ich an den Stapel frisch gebügelter Wäsche auf dem Stuhl. Meine Mutter sah ein wenig verwirrt drein, während ich mich rasch daran machte, sie zu sortieren.
Ich nahm einen Arm voll und sagte: »Die tu ich in Annas Schublade.«
»Aber …«, begann sie.
»Kein Aber«, sagte ich beruhigend.
»Nein, Claire …«, sagte sie besorgt.
»Mum, mir geht es gut«, bekräftigte ich, von ihrer Besorgnis gerührt, aber entschlossen, mich durchzusetzen und meine töchterlichen Pflichten zu erfüllen.
Damit verließ ich den Raum, um hinauf in Annas Zimmer zu gehen.
Die Tür fiel hinter mir ins Schloss, daher klang Mums Stimme gedämpft, als sie mir nachrief: »Claire! Um Gottes willen! Wie soll ich deinem Vater erklären, dass seine Unterhosen in Annas Schublade liegen?«
Ich kniete vor Annas Kommode.
Ich überlegte. Ich war doch nicht etwa dabei, die Unterhosen meines Vaters in Annas Schublade zu legen? – Doch.
Mir wurde klar, dass ich sie besser woanders hinbrachte, denn Anna würde nie merken, dass etwas nicht stimmte, wenn sie statt eines
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