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Wassermusik

Wassermusik

Titel: Wassermusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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verengt, das grobknochige Gesicht vor Wut und Haß verzerrt   –, bevor er ihn gegen einen Kistenstapel schleudert. «Dann zeig doch mal deine Giftgriffel – na was is, Neddy?»
    Ned schiebt die Hand tief in die Taschen, doch der kräftige, verschwitzte Smirke packt ihn am Gelenk und reißt die Hand nach oben gegen eine Kiste mit Lorgnons, wo er die Finger auf den rohen Kiefernbrettern spreizt. Die verstümmelten Endglieder sind stumme, unbestreitbare Zeugen.
    Smirke sagt nichts, nur sein Atem geht im Brustton der Zufriedenheit, eine Art Grunzkaskade. Er sieht Ned in die Augen, so nahe, daß sich ihre Nasen berühren, sein Atem beschleunigt sich jetzt, als ginge er so etwas wie einem Orgasmus entgegen. «Mein Ruin biste gewesen, Ned Rise», schnarrt er, seine Stimme ist tonlos wie die eines Schwachsinnigen, «un jetz tu dir meine Geschichte anhörn.»
    Ned wird gegen die Kisten geklemmt, so dicht an Smirke gepreßt, daß die beiden wie Verliebte wirken, während der dicke Wirt ihm Flüche ins Gesicht spuckt und eine wirre, zwanghafte Geschichte von Kummer und Leid hervorsprudelt. «Du kleiner Scheißer», keucht er so leise, daß es fast ein Kosename sein könnte. «Du schleimiger Dreckskerl. Du stinkender Wichser, du schwuler Kotzbrocken. Ich bin mal ’n ehrbarer Mann gewesen», brüllt er jetzt, «Eigentümer vonner ehrbaren Gaststätte – un jetz sieh mich an!» Ned sieht ihn an – es bleibt ihm wenig Wahl – und denkt nur daran, den Klauen dieses Irren zu entfliehen, ihn über die Reling zu locken und in die stinkende Brühe zu schleudern. Aber keine Chance. Smirke packt noch fester zu und redet weiter.
    Die «Wühlmaus» hat er vor fast sechs Jahren verloren – ja, verloren, nachdem der Betrieb drei Generationen lang in der Familie gewesen war. Und alles nur wegen der Demütigung und dem Vertrauensverlust, den er infolge des Zockerzimmer-Skandals erlitten hatte. Die Kundschaft war ausgeblieben. Die besseren Gäste begannen, Speis und Trank anderswo einzunehmen, und Smirke sah sich gezwungen, das Inventar zu versteigern, um die Rechnungen zahlen zu können. Die endgültige Schließung war bald unvermeidlich, und ein Jahr darauf war er auf der Straße, ein gebrochener Mann. Etwa zu dieser Zeit traf er Mendoza. Kann ich dir mit ein, zwei Pfund aushelfen, alter Freund? fragte Mendoza und zupfte eine Banknote aus einem fetten Bündel. Wie üblich war der Ex-Preisboxer modisch gekleidetund wirkte wohlhabend wie ein Prinz, auch wenn er seit Jahren nicht mehr gekämpft hatte. Bißchen Pech gehabt, was, Smirke? sagte er grinsend. Komm mich doch mal besuchen, ich verschaff dir ’n Job. Zwei Nächte darauf stieg Smirke durch ein Fenster im zweiten Stock des Hauses von Lady Tuppenham, während Mendoza unten Schmiere stand. Als Smirke zwanzig Minuten später rückwärts die Leiter hinunterkletterte, die Hände voller Diebesbeute und einen Sack mit Tafelsilber über der Schulter, wurde ihm die Leiter vom Nachtwächter gehalten. In kürzester Zeit saß Smirke in Newgate, und dort verurteilte man ihn zum Schiffsgefängnis von Portsmouth. Als der Entdeckungsreisende dort Zimmerleute anheuern kam, trat Smirke, der in der «Wühlmaus» hie und da ein bißchen gebastelt und renoviert hatte, sofort vor und bot seine Dienste an. Und nun ist er hier. In diesem Pestloch. «Und alles nur wegen dir, Ned Rise!» kreischt er unvermittelt. «Als ich dir da am Henkerstrick hab baumeln sehn, da hab ich mir gedacht, das is noch viel zu milde für den, viel zu milde. Ich wollt diesen Weichling mit der schwarzen Kapuze da zur Seite stoßen un es selber besorgen, den Strick doppelt fest zurren un dir würgen, bis du gewünscht hättest, du wärst nie geboren!»
    In seiner Verzweiflung, den Atem des Verrückten im Gesicht und seine Hände an der Kehle, entscheidet sich Ned für den Ellenbogenstoß in die Rippen, gefolgt von einem raschen Tritt mit dem Knie in die Eier. Eins, zwei: uff-uff. Es nützt nichts. Smirke beugt sich über ihn, bricht ihm fast das Kreuz, dreht ihm den Hals um, methodisch wie ein Fleischer beim Erdrosseln einer Weihnachtsgans. Ned versucht zu schreien, aber seine Luftröhre ist zugeschnürt, er hat keinen Atem übrig, also begnügt er sich mit blindem, hoffnungslosem Armgefuchtel, während das Leben aus ihm herausströmt wie Wasser im Ausguß.
    Gerettet wird er von Leutnant Martyn.
    «He da!» schreit der Leutnant. «Ihr zwei!» Und dann knallt sein Paradestab auf den Schädel des Gastwirts nieder; das Geräusch

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