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Wassermusik

Wassermusik

Titel: Wassermusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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weiter.
    Ned ist bei alledem hauptsächlich für Esel Nr.   11 zuständig. Die Nummer ist dem Tier rot auf die Flanke gemalt und steht noch einmal auf der doppelten Ladung Operngläserund Messer aus Birmingham-Stahl, die ihm auf den Rücken geschnallt ist. Über staubtrockene Ebenen und durch welke Dschungel, die von beißenden und stechenden Insekten nur so wimmeln, Hohlwege hinab und Abhänge hinauf, durch die glühenden, sengenden Straßen verwahrloster kleiner Hüttendörfer   – Sami, Jindey, Kutacunda, Tabajan   –, bis zum Hals in Flußschlamm watend, voll Schweiß und rotem Staub, dabei noch etwas schwindlig von seinem Kampf mit der Ruhr, und immer ein wachsames Auge auf Smirke geheftet, so wankt Ned Rise hinter Esel Nr.   11 her, folgt ihm auf Schritt und Tritt, als wäre er chirurgisch mit ihm verbunden, als wäre er ein säugendes Kalb und dieses große, haarige, schlappohrige Biest sein Muttertier. Er schleppt sich dahin, die Hand auf der Eselsflanke, nahe der Ohnmacht vor Hitze, Gestank und Erschöpfung, weicht Eselsdreck aus und schlägt nach den Fliegen. Hin und wieder sieht er durch einen Schleier aus Schweiß einen der Offiziere auf einem prächtigen arabischen Hengst vorbeireiten, die Uniform frisch gebügelt, eine Feldflasche an den Lippen.
    An diesem Tag – dem siebenten des Marsches – sieht es so aus, als gäbe es mal eine Abwechslung. Gegen vier verbreitet sich das Gerücht über die ganze Karawane: sie kämen bald in eine größere Stadt, nach Medina, der Hauptstadt von Woulli. Eintausend Hütten, flüstert jemand. Frauen, Bier und Fleisch. Park wolle ihnen einen ganzen Tag Rast gönnen. Obwohl die Kolonne weit auseinandergezogen ist, spürt Ned die Wirkung des Gerüchts auf die Männer. Ihr Gang wird sofort beschwingter, die Eselsgerten fallen in schöner Regelmäßigkeit herab, weiter vorne lacht jemand. Davon beflügelt, beginnt Ned auch seinen Esel wie besessen anzutreiben, begierig, die Knochen bald im Schatten einer Lehmhütte auszuruhen, die Schuhe auszuziehen und vielleicht eine nette kleine Negerin zu finden, die ihm Füße und Bauch massiert.
    Der Pfad windet sich gerade durch einen Hain aus Dornbüschen und Feigen. Er ist trocken, zundertrocken, das Holz ist morsch, über allem liegt eine dünne Patina von Staub. Hinter den Sträuchern husten Löwen, Antilopen huschen zwischen den Bäumen hindurch wie fallendes Laub. Als Ned um eine Biegung kommt, sieht er weiter vorne Boyles, der seinem Esel lustlos auf die Flanke klatscht und bummelt wie ein Schulschwänzer. «He, Billy!» ruft er. «Wart mal ’ne Minute, ja?»
    Boyles dreht sich halb um, blinzelt in die stechende Sonne und fuchtelt mit der Hand in der Luft herum. «Neddy, hallo!» schreit er und verschwindet im Gebüsch wie ein sich entleerender Luftballon, während sein Esel   – Nr.   13 – in der Hoffnung, etwas Genießbares zu finden, an den harten lanzenförmigen Blättern nagt. Als Ned herankommt, streckt Boyles ein dünnes Ärmchen heraus, um ihm eine Feldflasche mit verdünntem Rum zu reichen. «Haste gehört, Neddy?» sagt er. «Der Hurentreiber tut uns zwei Tage Rast in Medea gönnen. Fünftausend Hütten. Kaltes Wasser, wo aus Quellen vonner Erde raussprudeln tut. Und soviel
sulu
-Bier gib’s da, die kippen’s sogar in die Tränken fürs Vieh rein, damit ihre Ziegen und Ochsen noch fetter werden.»
    Sulu
ist das einzige Wort in Boyles’ Lexikon der Landessprache. Doch in jedem Dorf auf dem Wege – und wenn es nur aus drei oder vier baufälligen, ausgebleichten Hütten besteht – macht er erfolgreich Gebrauch davon, wiederholt die Laute pausenlos in allen Variationen von Stimmhöhe, Klangfarbe und Betonung, wobei er die ganze Zeit pantomimisch einen kleinen Zechersketch darstellt, vom ersten Schluck über den Schwips bis zu Vollrausch und Kollaps. Schwarze Gesichter umlagern ihn. Fleischige rosa Lippen brechen in Grinsen aus, Zähne blitzen in der Sonne. Der Weiße ist ein fahrender Zirkus, ein Clown, ein Hanswurst.
Kakamamei kea
, sagen sie lachend. Er ist verrückt. Nichtlange, und jemand taucht mit einer Kalebasse Bier oder Met oder Palmwein auf. Boyles setzt sie an, leert die Hälfte mit einem einzigen Schluck, dann wackelt er mit den Knien und läßt die Augen rollen. Das Publikum johlt. Bald bringt man eine zweite Kalebasse, dann eine dritte. Einer zupft die
simbing
, ein anderer schlägt einen Rhythmus auf der
tabala
, die Frauen beginnen einen schlurfenden Tanz, und Boyles bedient sich beim

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