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Wassermusik

Wassermusik

Titel: Wassermusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Alkohol. Ganz egal, wo sie gerade sind, wie eine vom Wind zerzauste Pappel schafft es Billy Boyles immer, stramm zu bleiben.
    Angespornt von großen Erwartungen und wachsender Hoffnung, gelingt es Rise und Boyles im Laufe der nächsten beiden Stunden, einen nach dem anderen langsam zu überholen, bis sie fast die Spitze der Kolonne erreicht haben. Direkt vor ihnen schlendert Feldwebel M’Keal wie um die Hälfte verjüngt neben seinem Esel her, sturzbetrunken natürlich, und grölt unverständliche Bruchstücke irgendwelcher Regimentslieder. Vor M’Keal gehen noch zwei eifrige Streber – sehn aus wie Purvey und, ist es die Möglichkeit? – ja, Shaddy Walters, der Koch. Nacken an Nacken, die Gerten dreschen wie Metronome auf die Hinterteile ihrer jeweiligen Esel, sie keuchen, ächzen und sabbern, existieren nur für die Verheißung Medina, für jenes obskure Objekt der Begierde, das wie eine Traumvision hinter dem Hügel dort vorne wartet. Und weit voraus, auf halbem Wege zum Gipfel des hohen, rötlich karstigen Hangs, traben Park und Scott auf ihren Rössern dahin, und die lieblichen, perlenden Melodien aus Scotts Klarinette hängen wie eine Einladung in der Luft.
    Ned und Billy legen Tempo zu, hungern der Rast entgegen.
Zackzack
, kommt das Echo der Gerten.
Klappa-klapp
, antworten die Eselshufe. Einen langen, gemächlichen Abhang hinunter und hinein in ein Becken aus Grün, denn der Weg geht mitten durch bebaute Felder, die durch in die Erde gerammte Pfähle abgeteilt sind. Es sind früheFrüchte, Tropfen für Tropfen vom wertvollen Naß durstiger Brunnen genährt, keimende Blätter drücken sich an den Boden und warten darauf, im peitschenden Regen des Monsuns aufzugehen – reihenweise sprießen Erdnüsse, Yams und Hirse, flankiert von stillen Maisfeldern. Auf einmal ist sie da, eine ganze Verschwörung von Wasser, Chlorophyll und Zellulose, die sich aufrecht und grasgrün im Sonnenlicht erhebt, nach all den meilenweiten vergilbten Grassteppen und ausgetrockneten Wäldern ein tröstlicher, lindernder Anblick wie eine kalte Kompresse auf den Augen. Boyles strahlt seinen Gefährten an. «Ganz nett, Neddy, was? Fast wie   –» Er wollte sagen: «Fast wie zu Hause», doch bekommt er keine Gelegenheit, sein Gefühl in Worte zu fassen, denn Packtier Nr.   13, das auf seine ureigene eselige Weise vielleicht ebenso wehmütig und ästhetisch eingenommen ist wie er selbst, verläßt plötzlich die Straße und rast schnurstracks in das grüne Nirwana vor seinen schmerzenden Augen hinein. Dieser Ausbruch entgeht Neds Esel keineswegs, und er fängt sofort an, wie von Hornissen gepiesackt nach hinten auszuschlagen und herumzutänzeln. Im nächsten Augenblick bockt das Tier, wirft Operngläser und Messer ab und rast dem ersten mit einem freudigen Schrei hinterher.
    «He!» brüllt Ned. «Komm sofort wieder her!»
    «Hee da!» ruft auch Boyles.
    Aber umsonst. Die Esel sind schon zweihundert Meter entfernt, bis zum Widerrist im Gemüse, das sie ebenso gedanken- und gewissenlos abweiden wie Milchkühe eine Weide im Frühling.
    Im Nu ist Mungo da. Wie auch etwa dreihundert Bauern aus Medina mit Hacken, Mistgabeln und Speeren. Es entsteht ein Tumult aus Stimmen, hysterischem Geschrei und vehementen Kommandos, ein Gewirr wirbelnder Füße. Der Entdeckungsreisende ist mittendrin, schlägt mit der Reitpeitsche auf die ausbrechenden Esel ein, dabei zertrampelter Reihe um Reihe der sorgsam genährten, unersetzlichen und lebensbewahrenden Schößlinge. Ned und Billy setzen sich ebenfalls ein, schlagen wie wild die breiten Blätter beiseite, rufen hilflos die Esel zurück, wollen alledem ein Ende machen, ihre Schuld tilgen, die Zeit zurückdrehen auf das geruhsame Elend, das sie noch vor fünf Minuten erlitten haben.
    Doch der Bann ist gebrochen, der Schaden angerichtet. Der Insektenschwarm der Bauern stürzt sich auf den ersten Esel, überschwemmt das unselige Tier mit einem Hagel von Hackenhieben und blutrünstigen Lanzen. Wie Mörderbienen, Heuschrecken, Soldatenameisen knacken sie die Packkisten auf, raufen um die Tauschwaren, zerren dem Esel die Glieder aus den Gelenken, reißen ihm die Haut herunter und zerlegen ihn auf der Stelle – schon blicken sie im Gruppenwahn auf und suchen die übrigen Übeltäter, egal ob Huftier oder Mensch. Mit dem zweiten Esel machen sie kurzen Prozeß, schon sprießt auf dem Fell ein Lanzendickicht wie bei einem Stachelschwein, dann wenden sie sich dem Pferd des Entdeckungsreisenden zu. Er ist

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