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Watch Me - Blutige Spur (German Edition)

Watch Me - Blutige Spur (German Edition)

Titel: Watch Me - Blutige Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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Loch in Sheridans Gesicht gestochen und es anschließend in Owens Truck gelegt haben soll.
    Konnte er Owen glauben? Schwer zu sagen. Owen war der Mensch mit der größten Selbstbeherrschung, den er kannte. Er erzählte nie etwas von sich. Ob er gewollt hatte, dass sein Vater Cains Mutter heiratet oder nicht. Wie es ihm damit ging, zwei Klassen übersprungen zu haben. Ob er es bedauerte, seinen Abschluss so früh gemacht zu haben. Wie sehr er Jason vermisste. Ob er Cain dessen Anwesenheit in seinem Leben verübelte. Cain wusste nie, was er wirklich über irgendetwas dachte.
    Doch Sheridan gegenüber hatte er sehr wohl ein paar Gefühle gezeigt. Er hatte sie wissen lassen, dass er enttäuscht war, weil sie mit Cain geschlafen hatte. War sie die eine Frau, die er immer im Stillen bewundert hatte? Die eine, die ihn, aus welchem Grund auch immer, dazu provozieren könnte, brutale Gewalt auszuüben?
    „Was hast du Lucy erzählt?“, fragte Cain.
    „Nichts. Sie weiß gar nichts darüber.“
    Cain fragte sich, ob das bei vielen Dingen der Fall war. Lucy bewunderte die Intelligenz ihres Mannes und rühmte seine kühle Zurückhaltung. Sie war mit einem polternden, trinkenden Vater aufgewachsen, der sie gelegentlich misshandelt hatte, und Owen schien das genaue Gegenteil zu sein. Aber hatte sie jemals hinter sein beherrschtes Auftreten geschaut?
    Cain jedenfalls hatte es nicht getan.
    „Lass uns gehen“, sagte er.
    „Wohin?“
    „Ich fahre mit dir nach Hause.“
    Owen hob die Augenbrauen bis über den Brillenrand. „Warum?“
    „Ich will das Bild haben.“
    „Und was willst du damit machen?“
    Cain schaltete das Licht aus. „Ich weiß noch nicht.“
    „Du wirst es doch nicht Dad zeigen, oder?“, fragte Owen, ohne sich zu rühren.
    „Du möchtest nicht, dass ich das tue?“
    „Er ist ziemlich aufgewühlt wegen Amy. Du und Amy wart vielleicht geschieden, aber sie hat ihn mehr wie einen Vater behandelt als …“ Er hielt inne, bevor er den Satz beendet hatte, aber er hatte bereits genug gesagt.
    „Als ich?“ Offensichtlich war Owen stärker aus der Fassung gebracht, als Cain gemerkt hatte. Oder es war ein absichtlicher Schnitzer.
    „Sie standen einander nahe“, fuhr Owen fort und wich seinem Blick nicht aus. „Sie war seine erste Schwiegertochter. Und sie ist ständig vorbeigekommen. Letzte Woche erst hat sie ihm einen Sack Pfirsiche von ihrem Baum gebracht.“
    „Und was hat dieses Bild von Sheridan mit Amy zu tun?“
    „Ich will damit nur sagen …“ Er schien nach Worten zu suchen. „Na ja, nach dem Mord an ihr und … und Roberts Trinkerei in letzter Zeit … und nachdem Baileys Waffe in deiner Hütte gefunden wurde, denke ich, wir sollten Dad nicht in die Sache mit hineinziehen. Robert erzählte mir, dass Dad schon wieder Schmerzen in der Brust hat.“
    John hatte schon seit Langem zu hohen Blutdruck. Außerdem hatte er ernsthafte Schlafstörungen. Cain konnte sich daran erinnern, dass er nachts aufgestanden ist, herumlief, ein heißes Bad nahm oder sich einen Tee kochte, um sich zu entspannen. Aber Owens Erklärung ergab keinen Sinn. „Wenn du und Robert nichts damit zu tun habt, warum machst du dir dann solche Sorgen, ich könnte es Dad erzählen?“
    Owen antwortete nicht.
    „Warte mal! Du glaubst, dass es tatsächlich Robert war. Du denkst, dass es Robert gewesen sein muss. Und du willst nicht, dass Dad zu demselben Schluss kommt.“
    „Wir wissen nicht genug, um deswegen Staub aufzuwirbeln“, erwiderte Owen. Endlich begriff Cain, was hinter diesem absichtlich ausdruckslosen Gesichtsausdruck steckte. Owen glaubte, es sei besser für John, Cain zu verdächtigen als seinen „richtigen“ Sohn. Der Gedanke, dass Robert etwas so Entsetzliches getan hatte, etwas, das nicht wiedergutgemacht oder verschwiegen werden konnte – so wie John die anderen Missetaten und Fehler seines jüngsten Sohnes wiedergutmachte oder verschwieg –, könnte zu dem Herzinfarkt führen, den sie seit Jahren befürchteten.
    „Ich bin also das Opferlamm“, stellte Cain fest.
    Owen streckte das Kinn leicht vor und verriet damit einen Hauch von Streitlust. „Dir ist er doch sowieso egal.“
    Sein Stiefbruder hatte recht, aber Cain war nicht gleich am Beginn ihrer Beziehung vom Schlimmsten ausgegangen. Er hatte sich darauf gefreut, einen Vater zu bekommen, und wollte, dass John ihn akzeptierte. Aber John hatte ihm nie etwas gegeben, an dem er sich hätte festhalten können. Keine Liebe, keine emotionale Unterstützung,

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