Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
Jahren und dem Überfall gab, konnte Robert es nicht gewesen sein. Er hätte Jason nie umgebracht. Er war zwar schon immer groß für sein Alter gewesen, und mit einer Skimaske vor dem Gesicht hätte er mit dreizehn möglicherweise als kleingewachsener Mann durchgehen können. Aber er hatte Jason angebetet. Völlig unmöglich, dass er ihn erschossen hatte. „Wann ist dir das Foto in deinem Truck zum ersten Mal aufgefallen?“
„Als Tiger es bemerkte natürlich. Sonst hätte ich es schon viel früher weggenommen.“
„Und was sollte diese Heimlichtuerei? Du hast es zurückgelegt und die Tür zugemacht.“
Owen blieb ruhig. „Das war keine Heimlichtuerei. Ich wollte nur nicht, dass er es sieht. Ich hatte gehofft, dass er nicht genug erkannt hatte, um zu wissen, was er da gesehen hat. Ich wollte Zeit herausschinden, um die Sache selbst zu untersuchen.“
Gut vorstellbar, dass Owen die Situation so handhaben würde, wie er es beschrieb. Er war von Natur aus zurückhaltend, methodisch und besonnen. Aber Cain hatte noch andere Fragen. „Warum bist du damit nicht zu mir gekommen?“
Owen schob die Brille auf der Nase nach oben. „Weil ich immer noch nicht weiß, was es zu bedeuten hat.“
In der Nacht, in der Sheridan überfallen worden war, war Robert betrunken gewesen – so betrunken, dass er seinen Wagen demoliert und das Gesicht verbeult hatte. War er so betrunken gewesen, dass er noch mehr angestellt hatte? Waren einige seiner Verletzungen das Ergebnis von Sheridans Versuchen, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen?
Aber warum sollte er sie überhaupt angreifen? Und warum mit dieser Heftigkeit? Wer immer sie in den Wald gebracht hatte, war entweder völlig von Sinnen gewesen – oder wollte sie umbringen. Das war offensichtlich.
„Robert hätte Jason nie etwas angetan“, sagte Owen und sprach damit Cains Gedanken laut aus. „Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass er Sheridan angegriffen hat. Aber …“
Cain runzelte die Stirn, als Owen immer leiser wurde. Aber sie hatten keine andere Erklärung. Das Foto musste irgendwoher kommen. Cain wünschte, er wüsste, von wo. War es Owen, der hier log? Oder Robert? Oder lag die Antwort ganz woanders?
„War Dad dabei, als du Robert zur Rede gestellt hast?“
„Nein, er war bei Karen. Er verbringt eine Menge Zeit mit ihr.“
Cain dachte an die peinlichen Begegnungen mit seiner ehemaligen Englischlehrerin, seit sie wieder in Whiterock lebte. Die erste hatte im Supermarkt stattgefunden. Sie kam um die Ecke geschossen und wäre beinahe mit ihrem Wagen in ihn hineingefahren. Sie war puterrot geworden, hatte eine Entschuldigung gemurmelt und war davongeeilt. Das nächste Mal hatten sie sich im Restaurant getroffen. Er hatte dort allein zu Abend gegessen. Als er aufblickte, ertappte er sie dabei, wie sie ihn vom anderen Ende des Raumes aus beobachtete.
Doch das letzte Zusammentreffen war das unangenehmste gewesen. Sie hatte seinen Stiefvater zu einer Pferdeshow in Kentucky begleitet, die Cain ebenfalls besucht hatte. Da es so weit weg war, hatte Cain nicht erwartet, dort jemand Bekanntes zu treffen, aber sobald John ihn in der Menge entdeckt hatte, war er mit Karen zu ihm herübergekommen und hatte so getan, als freue er sich über das unerwartete Treffen. Er hatte sogar darauf bestanden, dass sie alle gemeinsam zu Abend aßen.
Das war vor zwei Monaten gewesen, während einer dieser seltenen Phasen, in denen John sich Mühe gab, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Hin und wieder überkam es John. Doch seine Bemühungen waren unberechenbar, als wollte er, dass Cain ihn mochte, obwohl er es langfristig gar nicht aushalten konnte.
Jetzt, wo John glaubte, er hätte Jason auf dem Gewissen, bezweifelte Cain, dass er jemals wieder den Versuch unternehmen würde, ihm näherzukommen. Was ihn seltsamerweise eher erleichterte. Cain konnte ihm nicht vergeben, wie er Julia behandelt hatte. Es war einfacher, wenn sie einander aus dem Weg gingen.
„John weiß also nichts von dem Bild?“, fragte Cain.
„Natürlich nicht. Niemand weiß davon. Ich fand, es sei das Beste, es dabei zu belassen, bis ich den Fotografen ausfindig gemacht hätte und wüsste, wer es in meinen Truck gelegt hat.“
„Schließt du den Wagen nachts ab?“
Owen schüttelte den Kopf. „Wenn jemand ein Auto stehlen wollte, dann bestimmt nicht dieses.“
Und er parkte oft direkt an der Straße, sodass praktisch jeder Zugang dazu hatte. Aber es war ziemlich weit hergeholt, dass jemand das Foto gemacht, ein
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