Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
ätzte ein Loch in seinen Magen, aber er wollte keine Sekunde länger als nötig in Amys Gegenwart verbringen. Selbst wenn ihre Stimme sich veränderte und höher wurde, sobald sie mit ihm zusammen war. Bei jedem Wort von ihr richteten sich seine Nackenhaare auf.
„Lass uns gehen“, sagte er. Essen konnte er später.
„Sie ist verschwunden.“ Cain durchsuchte das Unterholz neben dem halb ausgehobenen Grab.
Amy war damit beschäftigt, Bilder von der Stelle zu machen, an der Sheridan gelegen hatte. Er konnte zerbrochene Äste, verklebte Blätter und Blut erkennen. „Was ist verschwunden?“, fragte sie.
„Die Schaufel.“
Sie ließ die Kamera an dem Band um ihren Hals baumeln und kam zu ihm herüber. „Wo lag sie?“
„Hier.“ Er deutete auf den Boden links vom Grab.
„Bist du sicher?“ Amy runzelte die Stirn. „Wie konntest du das denn in der Dunkelheit erkennen?“
„Ich hatte eine Taschenlampe dabei, aber ich hätte sie auch so gesehen. Es war Vollmond.“
„Aber letzte Nacht hat es geregnet.“
Bei diesen offenkundigen Zweifeln biss er die Zähne zusammen. „Es hat ein bisschen genieselt, das stimmt, aber der Mond war trotzdem zu sehen.“
„Du meinst also, er ist wegen der Schaufel zurückgekommen?
„Irgendjemand hat sie jedenfalls geholt.“ Cain wünschte, er wäre hier gewesen, als der Mann wiederkam. Es musste jemand sein, den Sheridan und er kannten. Es war schwer vorstellbar, dass ein Fremder versucht hatte, sie auf seinem Land umzubringen, nur wenige Wochen nachdem man das Gewehr in seiner Blockhütte gefunden hatte.
„Und was ist mit dem Motiv?“
Cain pfiff nach den Hunden, die herumschnüffelten und ihr Revier markierten. „Was soll mit dem Motiv sein?“
„Wer sollte Sheridan Kohl so etwas antun wollen?“
„Ich habe keine Ahnung. Soweit ich weiß, hat niemand etwas von ihr gesehen oder gehört, seit sie damals weggegangen ist.
„Es könnte eine alte Geschichte sein.“
„In der Schule war sie beliebt, jeder mochte sie.“
„Genau wie Jason“, grübelte Amy.
„Wahrscheinlich handelt es sich um denselben Täter.“
„Du meinst, es gibt in Whiterock keine zwei Männer, die zu so viel Gewalttätigkeit fähig wären?“
„Es ist möglich, aber unwahrscheinlich“, sagte er. „Findest du es nicht seltsam, dass Sheridan in beide Vorfälle verwickelt ist?
„Vermutlich hast du recht. Aber wir sollten alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Zufall ist eine dieser Möglichkeiten.“ Erfolglos versuchte sie, die Strähnen aus kastanienbraunem Haar zu bändigen, die sich aus dem langen Zopf gelöst hatten. Die widerspenstigen Haare rahmten weiterhin ihr breites, mit Sommersprossen übersätes Gesicht ein.
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der Cain Amy ansatzweise attraktiv gefunden hatte, aber das war schon ewig her. Vor der Hochzeit. Als sie jünger und dünner gewesen war und noch nicht diese harten Falten unter den Augen und um die Mundwinkel gehabt hatte. Oder den verzweifelten Ausdruck in ihrem Blick.
„Es war kein Zufall!“, beharrte er. „Entweder sie weiß etwas, von dem jemand nicht will, dass sie es weitererzählt. Oder es gibt jemanden, der hinter ihr her ist, seit auf sie und Jason geschossen wurde.“ Mit dem Fuß wühlte er die feuchten Nadeln und Blätter auf. „Ich denke, jemand wollte sie zum Schweigen bringen. Es gab nicht einen einzigen Menschen, der sie nicht gemocht hätte.“
Amy zögerte lange genug, um ihm zu verraten, dass ihr sein respektvoller Ton sehr wohl aufgefallen war. „Ich mochte sie nicht.“
„Warum nicht? Du hattest doch gar nichts mit ihr zu tun. Ihr kamt aus völlig unterschiedlichen Welten.“ Amy hatte zu seiner Bande von Rebellen gehört, Sheridan dagegen hatte die örtliche Schülergruppe der National Honor Society geleitet, eines Vereins, der das ehrenamtliche Engagement von Schülern förderte.
„Wir hatten eine Sache gemein.“
„Und das wäre?“
„Dich.“
Das Gespräch hatte eine unerfreuliche Wendung genommen, und Cain räusperte sich. „Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.“
Amy zog die Augenbrauen hoch. „Ich spreche von der einen Party, als sie mit dir gesehen wurde … Ihr wart verschwunden, und dann war ihr Haar plötzlich völlig zerzaust. Behauptest du etwa, du hättest nichts damit zu tun gehabt?“
Jetzt wurde Cain klar, wer den Gerüchten Nahrung gab -wer befeuerte, er könnte ein Motiv gehabt haben, Jason aus Eifersucht zu erschießen. Er hätte sich denken können, dass
Weitere Kostenlose Bücher